Rechte legten unbehelligt gesamten Umzugsweg zurück - Im fastnächtlichen Taumel fiel Propaganda nicht auf
Konstanz. Eine Gruppe Neonazis marschierte am vergangenen Sonntag beim Konstanzer Fastnachtsumzug mit. 25.000 Besucher am Straßenrand schauten zu. Auf einem Transparent, das die Neonazis mit sich führten, stand zu lesen: „Der Untergang naht – Seid ihr froh?“. Aufgemalt war auch die Webadresse. Auf Zetteln, die die Rechten in die Menge warfen, stand „Heimat, Volk, Leben, Arbeit oder Zukunft“. Fast keiner hat den Auftritt der braunen „Freien Kräfte Hegau – Bodensee“ im närrischen Taumel bemerkt. Ihre Umzugsteilnahme haben die Neonazis mit einem Video dokumentiert, das sie bei Youtube online stellten. Bis Dienstagmorgen hatten es 279 Nutzer angesehen.
Außerparlamentarischen Linken fielen Neonazis auf
Aufmerksam gemacht auf die närrischen Rechten hatte die „Emanzipatorische Gruppe Konstanz“. Die Gruppe, die sich „als Teil der undogmatischen, außerparlamentarischen Linken“ versteht und dem Anarchistischen Netzwerk Südwest angehört, verschickte eine Medienmitteilung. Verlinkt auf der Website der linken Gruppe sind die Konstanzer Initiativen Ali Schirasi, linksjugend ['solid], Schwarze Geiss, SJD – Die Falken Konstanz, Stolpersteine Konstanz, VVN – BdA Konstanz oder der Weltladen Konstanz.
Schwarz gekleidet mit weißen Masken
In der Mitteilung der „Emanzipatorische Gruppe Konstanz“ heißt es, die Neonazis der Gruppe „Freie Kräfte Hegau Bodensee“ hätten sich komplett in schwarz gekleidet und mit weißen Theatermasken ausstaffiert am Fastnachtsumzug in der Konstanzer Innenstadt beteiligt. Sie hätten ein Transparent mit der Aufschrift „Narri Narro – Der Untergang naht, seid ihr froh ?“ und den Webadressen werde-unsterblich.info, sowie fk-hb.net mitgeführt. Zudem hätte die Gruppe Süßigkeiten an Kinder verschenkt, was sie selbst dokumentiert hat, und nach eigenen Angaben 10.000 Wurfzettel mit Begriffen wie „Heimat, Volk, Leben, Arbeit oder Zukunft” und der Webadresse fk-hb.net an die Zuschauer verteilt.
Vorbild Aktionsformen aus Südbrandenburg
„Emanzipatorische Gruppe Konstanz“ schreibt: „Bei der Aktion handelt es sich um eine neuere Aktionsform der Neonazis, die ursprünglich von der Neonazigruppe ,Spreelichter’ aus Südbrandenburg benutzt wurde.“ Weiter heißt es in der Mitteilung: „Bei den ,Die Unsterblichen’ genannten Aktionen treffen sich Neonazis heimlich und maskiert, um dann mit einem Transparent ohne Polizeibegleitung und Gegenprotest durch die Ortschaften marschieren zu können.“ Mit der Aktionsform reagieren die Neonazis, so heißt es weiter, „auf die erfolgreichen antifaschistischen Proteste und Blockaden“ der letzten Jahre, die Neonazidemos mehr und mehr verunmöglichen“.
Parolen der Rechten
Inhaltlich bezogen sich die Parolen der Rechten laut der Website der Freien Kräfte Hegau Bodensee auf eine angebliche Versklavung des „deutschen Volkes“ durch „willenlosen Sklaven und Marionetten des globalen Kapitals“. Außerdem schreibt die Gruppe auf ihrer Website, dass viele Deutschen nur noch auf dem Papier Deutsche seien, da sie mindestens ein ausländisches Elternteil hätten. Zu lesen sind Parolen und Aufforderungen wie „gemeinsam den einhergehenden Volkstod“ bekämpfen.
Am hellichten Tag in Konstanz
„Emanzipatorische Gruppe Konstanz“ urteilt: „Die Aktion in Konstanz ist deshalb bemerkenswert, weil die Neonazis am helllichten Tag unter Augen der Polizei, sowie tausender Menschen ihre Propaganda verteilen konnten und sich kein Widerspruch regte.“
Linke appellieren zu Wachsamkeit
Die Neonazigruppe „Freie Kräfte Hegau Bodensee“ kündigt auf ihrer Homepage zudem weitere Aktionen an. So wollen sie eine am 16. März stattfindende und von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis organisierte Demonstration gegen rechte Gewalt „sabotieren“. „Emanzipatorische Gruppe Konstanz“ appelliert: „Wir rufen dazu auf wachsam zu bleiben und den Neonazis nicht einfach unwidersprochen die Straße zu überlassen.“