In Hamburg über 134.700 heimliche Ortungsimpulse

Polizei und Geheimdienst in Hamburg überwachen Verdächtige massiv mit der stillen SMS. Eine Antwort auf die Frage, wie viele Handyortungen wegen "Gefahr im Verzug" ohne richterliche Überprüfung von der Polizei durchgeführt wurden, wurde vom Hamburger Senat als zu aufwendig abgelehnt.

Im Jahr 2010 haben die Polizei und der Verfassungsschutz in Hamburg insgesamt 134.706 heimliche Ortungsimpulse zur Überwachung von Verdächtigen via SMS versendet. Das geht aus der Antwort des Hamburger Senats auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei-Abgeordneten Christiane Schneider hervor.

Die Anzahl der vom Landesamt für Verfassungsschutz versendeten stillen SMS ist von 71 im Jahre 2007 auf 25.658 im Jahre 2011 gestiegen. Mit der Überwachungsform können Bewegungsprofile erstellt werden.

 

Nach den Angaben ist die Zahl der Überwachten jedoch relativ gering. Demnach wurden im Jahr 2009 und 2010 jeweils 19 Mobiltelefonnutzer überwacht. Im Jahr 2011 wurden 7 Personen mit 25.658 Stillen SMS geortet. Seit 2009 verfügt der Inlandsgeheimdienst über eine Technik, die das automatisierte Versenden der stillen SMS ermöglicht.

 

Die Polizei hatte im Jahr 2010 insgesamt 109.048 Ortungsimpulse versendet, sowohl zur Gefahrenabwehr als auch zur Strafverfolgung von Verdächtigen. Die Polizei Hamburg nutzte dafür eine Software, die von der Polizei in Nordrhein-Westfalen verwaltet wird. "Obwohl diese Software in der Lage ist, die Zahlen über die versendeten Ortungsimpulse zu liefern, behauptet der Senat, dass die Zahlen für das Jahr 2011 noch nicht vorliegen", sagte Schneider, die innenpolitische Sprecherin ihrer Fraktion ist. "Die heimliche Überwachung von Verdächtigen durch Polizei und Verfassungsschutz hat ein dramatisches Ausmaß angenommen. Der Senat verweigert außerdem die Auskunft darüber, wie viele stille SMS im Jahr 2011 versendet wurden und wie viele Handyortungen wegen 'Gefahr im Verzug' ohne richterliche Überprüfung von der Polizei durchgeführt wurden."


Rechtliche Grundlage für stille SMS

 

In Hamburg werden laut Bundesnetzagentur von den vier Netzbetreibern Deutsche Telekom, Vodafone, E-Plus und O2 insgesamt rund 1.400 Mobilfunkstandorte betrieben. Die Anzahl der Funkzellen ist weitaus höher. Allein die Telekom betreibt an 670 Standorten rund 2.000 Funkzellen. Die Radien der Funkzellen betragen zwischen wenigen hundert Metern und mehreren Kilometern.

 

Als Rechtsgrundlage gibt der Hamburger Senat an, dass der Geheimdienst seine Überwachung auf Paragraf 1 und 3 des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes stützt. Die Polizei beruft sich auf die Paragrafen 10a und 10 b des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei zur Gefahrenabwehr sowie auf Paragraf 100a der Strafprozessordnung.

 

Deutschlandweit haben Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt und Zoll die auch Stealthy Ping genannte Überwachung von 2006 bis 2011 fast 1,7 Millionen Mal angewandt.