Der kurze Weg vom Standesamt in die Abschiebehaft

Erstveröffentlicht: 
21.12.2011

Eine Frau, die vor 19 Jahren aus Montenegro geflohen ist, wurde im Standesamt verhaftet, wo sie ihr Aufgebot vorbereiten wollte.

Sie wollte zusammen mit ihrem künftigen Ehemann ihr Aufgebot bestellen – doch dann wurde Ljuljeta Ademaj beim Standesamt verhaftet und in Handschellen abgeführt. Hinter dieser dramatischen Szene, die sich am vergangenen Freitagvormittag abgespielt hat, steckt eine höchst verwickelte Geschichte.


Eine Festnahme während der Hochzeitsplanung? Das sei an deutschen Standesämtern mehr oder weniger Alltag, sagt Zaza Koschuaschwili, der Kölner Anwalt von Ljuljeta Ademaj: "Ob sich das mit dem im Grundgesetz geforderten Schutz von Ehe und Familie vereinbaren lässt, ist eine andere Frage." Am Freiburger Standesamt geschehe so etwas höchstens alle paar Jahre, sagt der städtische Pressesprecher Toni Klein. Bei Ljuljeta Ademaj hatte das Standesamt die Polizei informiert, als der Termin für die Vorbereitung des Aufgebots feststand. Sie wurde von Behörden in Emden gesucht, der ostfriesischen Stadt, in der Ljuljeta Ademaj mit den zwei jüngeren ihrer insgesamt vier Kinder lebte. Zaza Koschuaschwili wundert sich, weil er einen Tag vor dem Termin zum Schutz seiner Mandantin noch mit dem Standesamt telefoniert hatte, aber kein Wort zu den Planungen im Hintergrund fiel. Von der Anweisung aus Emden habe er nichts gewusst.


Vor 19 Jahren war Ljuljeta Ademaj aus Montenegro geflohen, Ende Oktober sollte sie mit den zwei 14 und 16 Jahre alten Kindern abgeschoben werden. In Emden gelten die drei seitdem als untergetaucht, sagt Eduard Dinkela, städtischer Pressesprecher in Emden. Trotzdem war Zaza Koschuaschwili, der vor der Abschiebung noch eine Klage eingereicht hatte, mit seiner Mandantin und ihrem Freiburger Lebensgefährten davon ausgegangen, dass die Ausländerbehörde Emden abwarten würde, während die Ehevorbereitungen in Freiburg im Gang wfraren. Darum fielen sie bei den Ereignissen am Freitag aus allen Wolken. Nachdem sie für die Heirat nötige Papiere unterschrieben habe, seien Polizisten in Zivil auf Ljuljeta Ademaj zugetreten, hätten ihr Handschellen angelegt und sie weggeführt, erzählt ihr Partner. Sie wurde zum Amtsgericht gebracht. Die Voraussetzungen für eine Abschiebehaft hätten bestanden, sagte ein Sprecher. Jetzt sitzt sie im Gefängnis in Schwäbisch-Gmünd.

Wovon der Anwalt ebenfalls überrascht wurde, war der ungeklärte Vorwurf, der gegen Ljuljeta Ademaj im Raum steht: Die Behörden gehen davon aus, dass sie bereits verheiratet ist und ihren Freiburger Freund deshalb gar nicht sofort heiraten kann. Ljuljeta Ademaj selbst sage, dass sie nie verheiratet gewesen sei, erzählt ihr Partner. Sie habe bei der Einreise in Deutschland den Vater ihrer Kinder als Ehemann angegeben – eine Notlüge, weil sie sonst während des langen Asylverfahrens getrennt worden wären.

Dazu kämen kaum bekannte rechtliche Regelungen, die weder er noch seine Partnerin gekannt hätten. Danach könnten Paare als verheiratet gelten, obwohl sie nie offiziell geheiratet haben: Wenn sie einige Voraussetzungen erfüllen, unter anderem mehr als zehn Jahre zusammengelebt haben. Dass die Behörden sich auf diese Regelungen berufen, hätte er rechtzeitig wissen müssen, kritisiert der Anwalt, denn dann hätte er Eilanträge einreichen und die Ehe entweder annullieren oder ein Scheidungsverfahren einreichen können. Eines ist ihm jedenfalls klar: "Das ist ein sehr komplizierter Fall."