(HH) Demonstration 5.11.: Zomia bleibt! PM

Zomia bleibt!

Pressemitteilung der Veranstalter_innen / des Demobündnisses zur Demonstration „Wir ziehen das jetzt durch!“ – Zomia bleibt- Für selbstbestimmtes Leben und Wohnen am Samstag den 5.11.2011
Die Demonstration mit über 3000 Teilnehmenden war ein wunderbarer Erfolg für das Anliegen des Demo-Bündnisses - und zugleich ein nicht hinnehmbares Desaster für das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit durch die vom ersten Schritt an massiven Eingriffe, Behinderungen und Provokationen durch die Hamburger Polizei.

 

Die Hamburger Polizei beendete die Meinungsfreiheit, die Veranstalter_innen die Demonstration.

Mehr als 3000 Teilnehmende und knapp 20 Bauwagen, Laster, ein Traktor und ein historischer Wasserwerfer versammelten sich gestern Nachmittag, am Jahrestag der Räumung des Wagenplatzes Bambule am 4./5.11.2002, um für den Verbleib des Wagenplatzes Zomia auf seinem aktuellen Standort, sowie für selbstbestimmtes Leben und Wohnen zu demonstrieren. Die Redebeiträge der Auftaktkundgebung am Millerntorplatz wurden ergänzt durch eine Vielzahl von kreativen Meinungsäußerungen: „Schreiber zum Mond – Zomia bleibt“ stand auf einer gebastelten Papprakete, die auf einem Wagendach montiert war. Transparente mit Aufschriften wie „Zeiten ändern sich – Politiker_innen nicht“, „Zomia bleibt - Schreiber geht“, „Für selbstbestimmtes Leben und Wohnen“ wurden nicht nur mitgetragen, sondern hingen an Hausfassaden von Anwohner_innen oder wurden wie später vor dem Gängeviertel entrollt. Die hohe Zahl der Teilnehmenden macht ein weiteres Mal deutlich, dass immer mehr Menschen „nein“ sagen, nicht länger bereit sind, eine Stadtpolitik von Verdrängung und Vertreibung inbesondere im Bezirk Mitte unter Bezirksamtsleiter „Meinen-Sheriff-Stern-trage-ich-mit-Stolz“-Markus Schreiber hinzunehmen. Aktuell steht gegen den Wagenplatz Zomia in Hamburg Wilhelmsburg eine Räumungsanordnung des Bezirks Hamburg-Mitte die ab dem 4.11.2011 jederzeit umgesetzt werden kann. Es wurde zugesichert, dass eine Gerichtsentscheidung über eine Klage gegen den Sofortvollzug abgewartet werden würde, diese kann jedoch schon Anfang kommender Woche ergehen. Doch: Das Problem einen Wagenplatz in Hamburg zuzulassen ist kein juristisches, sondern ein politisches. Selbst das heftig umstrittene Hamburger Wagengesetz lässt Wagenplätze bis zu 5 Jahren zu. Markus Schreiber kann, aber er will nicht.

Die Demonstration wurde von Beginn an in weiten Teilen von einem dreireihigen Aufmarsch von Polizist_innen eingeschlossen. Ein solcher „Wanderkessel“ soll eine Meinungsäußerung an die Öffentlichkeit von vorneherein unmöglich machen, führt so das Demonstrationsrecht ad absurdum und kriminalisiert 3000 Teilnehmende. Schon im Vorfeld wurden die Teilnehmenden von der Hamburger Innenbehörde als Gewalttäter gebrandmarkrt, um so das rechtswidrige Vorgehen der Polizei am Samstag präventiv tzu rechtfertigen. Nach wenigen hundert Metern im Valentinskamp wurde der eingeschlossene Demonstrationszug von der Polizei wegen angeblicher Probleme mit dem noch nicht geregelten Verkehr am Gänsemarkrt gestoppt. Die Polizeiführung konnte der Leitung der Demonstration keinen Grund nennen, warum die zuvor genehmigte Demoroute durch die Innenstadt nun verboten wurde. Alle von der Polizei nun angegebenen Vorfälle ereigneten sich nach dem rechtswidrigen Aufstoppen des Zuges und im späteren Verlauf des Abends. Statt des Verbots einer Großdemonstration in der Innenstadt im Vorfeld, welches dann wie in der vergangenen Woche möglicherweise vor Gericht als unzulässig aufgehoben worden wäre, wurde diese Entscheidung gestern von der Polizei kurzerhand selbst getroffen. In drei- bis fünfreihiger Begleitung, unter demonstrativem Aufgebot an Menschen (2050 Polizist_innen) und Material (darunter acht Wasserwerfer) und mit dem spontanen Verbot der Demonstrationsroute war die Ausübung des Demonstrationsrecht nicht mehr möglich. Die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens wird zu beweisen sein.
Die Hamburger Polizei beendete die Meinungsfreiheit, die Veranstalter_innen die Demonstration.

„Für die Gesichtswahrung von Schreiber wurden heute demokratische Grundrechte geopfert“ und „Vorgehen der Polizei bei der Zomia-Demo ist ein Armutszeugnis für die Demokratie in Hamburg. Eskalation war gewollt, ist aber gescheitert“ twittern Teilnehmende. Nach der Auflösung der Demonstration durch die Veranstalter_innen wurden die Demonstrant_innen beim Verlassen des Veranstaltungsortes behindert. Hunderte von Menschen mussten sich in nur eine Richtung durch mehrere Polizeiabsprerrung kämpfen, welche nur Kleingruppen in Minutenabständen passieren ließen. Durch Polizeiübergriffe in Form von Schlagstockeinsätzen in die Menge und gezielt gegen einzelne Personen, sowie Tritte und Schläge wurden mehrere Menschen verletzt, darunter ein Journalist, dieser mit vorgehaltenem Presseausweis. Polizeiübergriffe richteten sich unter anderem auch an Ordner_innen der Demonstration, die als diese kenntlich waren. „Da hatten sich welche nicht unter Kontrolle“, kommentiert ein Beamter diesen Vorgang gegenüber mehreren Mitglieder_innen der Demo-Organisation. Ein Polizeibeamter zog sich eine Platzwunde zu, als er beim Rennen über einen Bordstein fiel. Insgesamt wurden 7 Personen in Gewahrsam genommen, aber am Abend wieder entlassen. Das Gängeviertel hingegen verblieb noch mehrere Stunden unter Polizeibelagerung. Als Fazit wird sich der Hamburger Senat fragen lassen müssen, wie weit das Demonstrationsrecht in der Hamburger Innenstadt weiterhin ausgehöhlt, ausgehebelt und durch martialische, überdimensionierte und jede Meinungsäußerung im Keim erstickenden Polizeieinsätze unterdrücken will.

Damit ist es noch nicht vorbei. Die Forderungen bleiben:Zomia da lassen wo es ist!

Wir fordern die sofortige Rücknahme der Räumungsanordnung!

Wir fordern die Stadt Hamburg auf Position zu beziehen für eine tolerante Stadt, für Wagenplätze und gegen Markus Schreibers Feldzug der Vertreibung!

Wir fordern nach den Handlungen der letzten Jahre und Monate von der Bezirksversammlung Mitte die Abwahl von Markus Schreiber als Bezirksamtsleiter!