Attac: Der eigentliche Skandal

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Zur Erinnerung: Die europäische Attac-Akademie fand letzte Woche in Freiburg fand statt unter der Schirmherrschaft des Freiburger rechts-konservativen grünen Oberbürgermeisters Salomon. Wenige Tage zuvor ließ Salomon den Wagenplatz "Kommando Rhino" räumen und sein grün-konservativer Filz startete eine Hetzkampagne gegen alles was auf drei nicht angepasst ist, und erfand dabei sogar Molotovkocktails, wie selbst die Polizei später einräumen musste. Wohl um diese unheilige Allianz zu thematisieren, brachten Unbekannte einen Fake in Umlauf, in dem Attac mitteilte, Dieter Salomon die Schirmherrschaft über die Akademie zu entziehen. Begründet wurde das mit seiner Wohnraumpolitik und der Beschlagnahme der Instrumente der SamBastas beim deutsch-französischem Gipfel. Der eigentliche Skandal ist hierbei aber nicht, wie teilweise geschrieben, dass hier mit Attac eine linke Organisation getroffen wurde mit Kommunikationsguerilla, sondern dass eine solche Aktion überhaupt nötig ist und wie Attac darauf reagiert. 

 

Wenn ein Kongress "European Network Academy for Social Movements" heißt, könnte mensch davon ausgehen, dass hier soziale Bewegungen zusammenkommen und überlegen wie sie sich gegenseitig unterstützen können. Dabei wäre ein sinnvolles Vorgehen auch zu schauen welche soziale Kämpfe denn vor Ort stattfinden und wie diese gestärkt werden können. Dabei hätte vielleicht auffallen können, dass verschiedenste soziale Projekte oder Bewegungen gerade gegen die unsoziale Wohnraumpolitik der Grünen ankämfen. Sei es Kommando Rhino, der Wagenplatz der inzwischen geräumt ist, die Mieter_innen in der Bachstraße, die Besetzer_innen in der Gartenstraße, oder alle Gruppen die sich in den letzten Monate zum "Recht auf Stadt" Bündnis zusammengeschlossen haben.

 

Vielleicht hätte Attac, diese Kämpfe unterstützen können durch eine Solidaritätsaktion, mit den 1200 Teilnehmer_innen des Kongresses hätte das vielleicht etwas Öffentlichkeit gebracht. Zumindest hätte vielleicht eine Solidaritätsadresse veröffentlicht werden können mit einer klaren Kritik an der "grünen" Wohnraumpolitik. Nichts dergleichen ist passiert. Stattdessen fällt Attac allen realen sozialen Bewegungen in Freiburg in den Rücken, indem sie eben den zwangsläufigen Gegner aller sozialen Bewegungen, den OB Salomon als Schirmherren nehmen, und ihn damit dabei unterstützen nach außen hin sein weltoffenes, liberales Image zu untermalen, während er nach Innen eine repressive law and order Politik fährt, die jede CDU-Stadtregierung or Neid erblassen lässt.

 

Und: Es ist nicht so, dass Attac einfach keine Ahnung hatte, oder keine Zeit sich damit auseinander zu setzten. Auf einem Vorbereitungstreffen wurde die Situation geschildert, aber es interessierte nicht. Nun, nach dem Fake, als Attac sich in der Presse zu der Schirmherrschaft äußern musste, ließen sie haarsträubende Argumente verlauten: Auf die Situation in Freiburg vor Ort einzugehen sei "unverhältnismäßig", weil die Menschen in Nordafrika viel stärkerer Repression ausgesetzt sind. Eine repressive Stadtpolitik, die keinen Freiraum zur Selbstorganisation lässt, wird also dann ok, wenn es anderswo noch schlimmere Tyrannen gibt. Eine solche Politik ist nicht hinnehmbar, und es stellt sich die Frage welche politische Funktion Attac inzwischen inne hat. War das globalisierungskritische Netzwerk schon während der Gipfelproteste für eine Entradikalisierung und Formalisierung des Widerstandes verantwortlich, ist es heute vollkommen als Ruhigstellungstablette für all diejenigen zu sehen, die stattdessen vielleicht einmal eins und eins zusammenzählen würden und das tun würden was in dieser Zeit ansteht...

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Der eigentlich Skandal ist, dass es immer noch Leute gibt, die sich das dumme Gesülze von attac anhören...
Wenn attac zu etwas nütze ist, dann dazu Menschen mit Nebensächlichkeiten zu beschäftigen und sie von gesellschaftlichen Veränderungen abzuhalten.

"Auf die Situation in Freiburg vor Ort einzugehen sei "unverhältnismäßig", weil die Menschen in Nordafrika viel stärkerer Repression ausgesetzt sind."

 

wiederspricht dem Attac Credo "Global denken, lokal handeln"

Ich bin selbst bei attac aktiv. Ich kann den eigentlichen Skandal nachempfinden und habe volles Verständnis für die Kritik.

Ich war bei der ENA vor Ort, habe allerdings von dem Ganzen nichts mitbekommen.

Man muss wissen - attac ist sehr heterogen, das heißt, dass wohl nicht alle mit dem Geschehenen einverstanden sind und sich damit identifizieren - sprich Konsens liegt hier bestimmt nicht vor.

Allerdings wurde wohl mit einer kleinen Gruppe verhandelt und der Großteil der attacies hat überhaupt nichts mitbekommen. Aber deren Verhalten steht jetzt für "attac"?

Also bitte - statt pauschal "attac" zu sagen ggf. Ross und Reiter nennen - indem man den Personenkreis / Orga-Einheit bezeichntet, der in die Gespräche bzw. Abstimmungen mit einbezogen war (z.B. Vorbereitungsgruppe ENA von attac, Koordinierungskreis attac, ...) man muss ja nicht unbedingt Namen nennen. Vielleicht ist es ein Schritt dahin, dass dies in Zukunft anders läuft.

Wenn du in einer Organisation bist die sich schon so strukturiert, dass eben diese kleine Minderheit so ein Statement abgeben kann, dann erklärst du dich ja schon durch deine Mitgliedschaft mit solcherlei Praxis einverstanden.

sieht mensch ja z.B. daran, dass die Rhinos Tage gebraucht haben, um ein kollektives Statement zu den Ereignissen rund um die Räumung abzugeben.

 

Statt solche organisatorischen Fragen als objektiv widersprüchlich zu begreifen oder konkretes Fehlverhalten zu benennen, geht wieder Verallgemeinern, Klugscheißen und Moralisieren los, wird "Skandal" , "Verrat" und "Ha, ich habs ja immer schon gewußt!" geschrien.

 

Bloß nicht durch Mitgliedschaft in großen, heterogenen Organisationen die Finger schmutzig oder sich schuldig machen, bloß nicht die eigenen Standpunkte mit anderen Meinungen konfrontieren, dann lieber Rückzug in die heimelige Umgebung von homogenen Kleingruppen mit Konsens und begrenzter Reichweite. Von dort aus läßt sich dann bequem gegen alle, die nicht so drauf sind, polemisieren, weil mensch ja weiß, dass er/sie recht hat.

 

Wer Organisationsfragen jedenfalls so undialektisch wie Du behandelt, muss sich m.E. viel eher als viele Aktive von attac den Vorwurf gefallen lassen, sich vom Vorhaben gesellschaftlicher(!) Veränderung politisch bereits verabschiedet zu haben.

Bei dem Thema ist es auch sehr interessant und aufschlussreich sich einmal die Bedeutung des so kämpferisch klingenden Namen "attac" anzusehen:

 

"association pour la taxation des transactions financières et pour l'action citoyenne" = „Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen im Interesse der BürgerInnen“

 


deine übersetzung is falsch. richtig wäre zB "Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen und  für bürgerschaftliches engagement"

das "et pour" is ja nich bezogen auf die taxation.

Denn Attac ist wie Greenpeace, PETA oder die Linke, systeminterne Heuchler die sich selbst als gute Menschen profilieren indem sie wenig an diesem und jenem Symptom herumdoktorn ohne jemals die entscheidenden, radikalen Grundsatzfragen zu stellen die die Ursachen für all Elend betreffen!

Komm doch einfach mal zu einer Attac-Sommerakademie und überzeuge Dich selbst, dass wir gar nicht so profilierungssüchtig sind, dass sehr wohl Grundsatzfragen diskutiert und Alternativen entwickelt werden und dass es vielleicht gut wäre, respektvoll miteinander umzugehen, als innerhalb der Linken zu spalten. Wir können auch gerne mal einen Kaffee zusammen trinken (klar, einen zapatistischen, was sonst?) und schauen, wo die Gemeinsamkeiten und Kooperationsmöglichkeiten liegen, anstatt uns hier im Schatten der Anonymität an den trennenden Elementen zu weiden. Ich würde zum Beispiel gerne von Dir lernen, was Du konkret tust, um die "Ursachen für all Elend" zu  beseitigen. Vielleicht sind da ja gute Anregungen für meine persönliche politische Praxis dabei...