Die Suche nach den stadtweit aktiven Autobrandstiftern geht auf Kosten der Sicherheit in der U-Bahn. Das hat Innensenator Ehrhart Körting (SPD) in der Fragestunde des Abgeordnetenhauses zugegeben. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Robbin Juhnke, hatte von Körting wissen wollen, ob nachts zusätzliche Brandstreifen eingesetzt und ob dazu Polizisten aus der Landeseinsatzreserve gebraucht würden. Körting bestätigte dies: Derzeit liege der „Schwerpunkt“ der Polizeiarbeit in der Aufklärung der Brandstiftungen.
Vor wenigen Wochen erst hatten der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und der damalige Polizeipräsident Dieter Glietsch ein neues Sicherheitskonzept für den öffentlichen Personennahverkehr vorgestellt: In Reaktion auf brutale Überfälle in U-Bahnhöfen werde die Polizei in Doppelstreifen mit BVG-Sicherheitsleuten unterwegs sein.
Das Personal stelle die etwa hundert Polizisten umfassende Einsatzreserve. Deren eigentlicher Zweck ist die Unterstützung von Polizeieinsätzen, die außer Kontrolle geraten könnten.
Die Opposition wertete Körtings Eingeständnis als Beweis dafür, dass der Senator der brennenden Autos unterschätzt hätten. Der CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel, früher innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion, sieht die Serie der Brandstiftungen als Bestätigung der „Broken-windows“-Theorie. Der Begriff steht für ein Konzept der Kriminalitätsbekämpfung, die bereits bei Anzeichen von Verwahrlosung mit Repression antwortet. In New York hatten Bürgermeister Rudi Guliani und sein Polizeichef das Konzept zur Grundlage der Ordnungspolitik gemacht.
Henkel sagte, er sei seit den frühen achtziger Jahren fast jährlich in New York gewesen und habe beobachtet, dass die Stadt seither wieder sicher geworden sei. In Berlin hingegen habe man sich an Graffiti-Schmierereien ebenso gewöhnt wie an Schwarzfahren und das Kiffen in aller Öffentlichkeit. Am Ende solcher Entwicklungen stünden brennende Autos. „Ich weiß, dass man nicht jeden Brand wird verhindern können“, sagte Henkel. „Aber wenn man, wie der rot-rote Senat, zwei Jahre keinen Erfolg erzielt, liegt das entweder am mangelnden politischen Willen oder an einer inkompetenten Polizei. Da ich die Polizei kenne und schätze, weiß ich, dass in Berlin der politische Wille fehlt.“
Henkel fordert jetzt ein Sonderkommissariat, das den Fahndungsdruck auf die Autobrandstifter erhöht. Genauso wichtig seien runde Tische gegen Linksextremismus. Die sollen deutlich machen, dass es bürgerlichen Widerstand gegen die politisch begründete Autozündelei gibt. Ähnliches schwebt den Liberalen vor. Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Björn Jotzo, sagte, es müsse etwas gegen die bei den Linksextremisten vorherrschende „Intoleranz gegen andere Lebensstile“ unternommen werden. Repression und Fahndungsdruck seien ebenso notwendig wie die Verkleinerung des Sympathisantenumfeldes um die Autozündler herum. Körting sei zwar mit Worten deutlich, wenn er etwa von „rotlackierten Faschisten“ spreche. Doch eine dazu passende Politik könne er im Senat nicht durchsetzen.
Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann kritisierte, dass Körting die Diskussion über die Autozündelei zu wenig steuere. Ihm fehle das Gespür für den Ärger der Leute. „Es ist ein bisschen wie mit dem 1. Mai“, sagte Ratzmann. Irgendwann habe ganz Kreuzberg mit Blick auf die Polit-Randale gesagt: Wir wollen das nicht mehr. So müsse es auch mit den brennenden Autos werden. Es müsse deutlich werden, „dass wir das ächten“.
In der SPD-Fraktion ist man indes mit Körtings Arbeit zufrieden. Man könne nicht neben jedes Auto einen Polizisten oder an jeder Straßenecke eine Videokamera stellen, sagt der Rechtspolitiker Fritz Felgentreu. Wichtig sei der Fahndungsdruck. Wenn ein Zündler gefasst und „ein Exempel statuiert“ worden sei, werde die Brandstifterei weniger.