Prinzipiell
herrscht nach den einzelnen Strafvollzugsgesetzen des Bundes und der
Länder Arbeitszwang, verschämt auch Arbeitspflicht genannt, für jene,
die in Strafhaft oder in Sicherungsverwahrung sitzen. Nach Ansicht des
Bundesverfassungsgerichts handele es sich um zulässige und nicht gegen
die Menschenwürde verstoßende Zwangsarbeit, da der Idee ein
Resozialisierungskonzept zugrunde liege.
Entlohnt werden die
Betroffenen auf Basis des Durchschnittsverdienstes der Arbeiter und
Angestellten; und zwar erhalten sie 9% dieses Durchschnittslohnes.
An dieser Stelle möchte ich über das Thema Arbeit im Strafvollzug aus meiner persönlichen Sicht berichten.
Meine Situation
In der Zeit der Isolationshaft von 1996-2007 durfte ich erst nicht arbeiten, und als ich es dann sollte, lehnte ich dies ab, da ich dem System der Zwangsarbeit nichts abzugewinnen vermochte (und auch heute nicht abgewinnen kann). Nach Mai 2007 und Aufhebung der Einzelhaft nahm ich an zwei EDV-Kursen der IHK und einem Lehrgang der DEKRA teil.
Alternative Ausbildung?
Als Alternative zur Zwangsarbeit entschied ich mich dann eine Ausbildung zum Mediengestalter zu beginnen. Der entsprechende Ausbildungsbetrieb ist hervorragend ausgestattet mit neuen Apple-Rechnern und aktuellster professioneller Software.
Das Problem
Aber es gab und gibt mehrere Probleme. Das wäre zum einen, dass ich nach der langen Zeit in Einzelhaft mich nicht mehr dazu in der Lage sehe, mit anderen Menschen einen ganzen Tag und dies fünf Tage in der Woche, in einem Raum zuzubringen.
Viel gravierender ist jedoch die Tatsache, dass man dort gezwungen ist auch Aufträge der Justiz abzuarbeiten: Gerichte aus dem ganzen Land wollen z.B. Formulare hergestellt haben. Diese müssen die Azubis dann auch machen. Oder die Polizeibehörden des Landes vergeben Aufträge an die JVA, so aktuell ein Bewerbungsformular für InteressentInnen für den Polizeiberuf der Bereitschaftspolizei. Es überkommt mich ein körperlich spürbares Gefühl des Ekels, dem Apparat zuarbeiten zu sollen, der mich verhaftet, verurteilt und in den Knast gesteckt hat.
Die mitarbeitenden Gefangenen sind nur ein kleines Rädchen im System, aber sie erhalten es durch ihre eigene Arbeit am Laufen. Manch einer, der in der Druckerei der JVA, bzw. bei den Mediengestaltern gearbeitet hat, bekam wohl seinen Haftbefehl, Zwangsvollstreckungsurkunden und anderes auf den Zellentisch und hatte selbst am Druck oder dessen Herstellung mitgewirkt.
Ich jedenfalls kann dies nicht mitmachen.
Die Entscheidung aufzuhören
Und so habe ich mich entschieden, trotz Mahnungen von Mitgefangenen („Hey, das ist doch ein lockerer Job und wird auch noch gut bezahlt“) und eines Beamten, wonach ich für die Arbeitsverweigerung mit Disziplinarverfahren und Taschengeldsperre rechnen müsse und vielleicht später diese Entscheidung bereuen würde, die Ausbildung abzubrechen.
Wie nun die Repressionen der Justiz aussehen werden, weiß ich noch nicht; aber ich bin in der erfreulichen Position, mich nicht verbiegen zu müssen. Mich erwartet auf absehbare Zeit keine Freilassung, was nun keineswegs erfreulich ist, aber vielfach wird Gefangenen mit Konsequenzen für eine vorzeitige Entlassung gedroht, sollten sie sich dem Diktat der Zwangsarbeit widersetzen. Gleiches gilt für Vollzugslockerungen.
Perfidie des Systems
Ich halte es für skandalös und mich macht es wütend, wenn Gefangene an ihrer eigenen Inhaftierung mitwirken. Ob es nun jene Insassen sind, die die Zellen-Fenstergitter schweißen, die Käfighöfe für „gefährliche Insassen“ herstellen oder die mithelfen Haftbefehle und Papiere für Polizeibehörden zu produzieren. Hierin liegt meines Erachtens auch ein stückweit Erniedrigung: Selbsterniedrigung, aber auch seitens der Justiz gegenüber den Gefangenen. Nicht wenige Insassen jedoch sind sogar stolz auf dieses Eingebunden sein!
Selbst im ehemaligen „Ostblock“ sind manche Staaten heute schon weiter als in Deutschland. So sind Gefangene in Moldawien nicht zur Arbeit verpflichtet, da nach dortiger Ansicht solche Zwangsarbeit gegen die Menschenwürde verstoße (vgl. Justiznewsletter der Führungsakademie des niedersächs. Justizvollzugs, 23.09.2010, S.2).
Thomas Meyer-Falk c/o JVA-Z. 3113
Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal
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