Üble Nachrede: Stadtrat und Sprecher der NPD verurteilt

Die Angeklagten Matthias Gärtner (2. v. l.) und Michael Grunzel (r.) mit ihren Anwälten Ingmar Knop (l.) und Klaus Laßmann. Foto: B. Kaufholz
Erstveröffentlicht: 
27.07.2010

Berufungskammer des Landgerichts Magdeburg sah „Verächtlichmachung“ der Stadt-Abgeordneten

 

Von Bernd Kaufholz

 

NPD-Stadtrat Matthias Gärtner (26) und der NPD-Pressesprecher Michael Robin Grunzel (41) sind gestern vom Landgericht Magdeburg wegen übler Nachrede (§ 186 Strafgesetzbuch) zu Geldstrafen von 450 beziehungsweise 720 Euro verurteilt worden. Die 5. Strafkammer ist überzeugt davon, dass sich beide durch Äußerungen im „Magdeburger Stadtspiegel“ strafbar gemacht haben. 

Magdeburg. Dirk Sternberg, Vorsitzender der Berufungskammer am Magdeburger Landgericht, hob gestern die Verurteilung der 1. Instanz bezüglich des Angeklagten Matthias Gärtner teilweise auf und minderte die Strafe von 60 Tagessätzen zu je zehn Euro auf 45 Tagessätze zu je zehn Euro. Die vom Amtsgericht zusätzlich abgeurteilten zwei Verstöße gegen das   Pressegesetz seien Gärtner nicht nachzuweisen.

Für den Mitangeklagten des einzigen Magdeburger NPDStadtrats, Parteisprecher Michael Robin Grunzel, hingegen blieb die Höhe der Verurteilung bestehen. Der 16-mal Vorbestrafte (u. a. Betrug, Sachbeschädigung, Beleidigung, Bedrohung, Diebstahl und immer wieder Fahren ohne Fahrerlaubnis) muss 60 Tagessätze zu je zwölf Euro zahlen.

Die 6. Strafkammer hatte allerdings nicht, wie das Amtsgericht, in den Taten Verleumdung gesehen, sondern üble Nachrede.

Im Stadtratswahlkampf hatten Gärtner und Grunzel mit dem „Magdeburger Stadtspiegel“ Stimmung für die NPD gemacht und waren dabei aus Sicht der Kammer zu weit gegangen. So hatte Grunzel in der Ausgabe 1 vom Januar 2009 von „kriminellen Machenschaften“ und „mafiösen Verflechtungen“ des Stadtrats gesprochen.

In Ausgabe 4 fielen in einem   Interview (Gärtner interviewte Grunzel) an die Adresse der Stadträte Worte wie „Ämterschacher“, „Vorteilsnehmer“ und „Selbstbereicherung“.

Gärtner, der während der Berufungsverhandlung darauf verwiesen hatte, dass der Interviewer nicht für die Antworten seines Gesprächspartners verantwortlich gemacht werden könne, musste sich sagen lassen, dass er sich als Mitherausgeber des „Stadtspiegels“ durch die Veröffentlichung die Meinung Grunzels „zu eigen gemacht“ habe.

Der Vorsitzende Richter erläuterte den Angeklagten, – ihre Rechtsanwälte hatten es vorgezogen bei der Verkündung nicht mehr anwesend zu sein – dass die Meinungsfreiheit nicht so weit gehe. „Das Recht auf freie Meinungsäußerung tritt in den vorliegenden Fällen hinter das Persönlichkeitsrecht der Stadträte zurück. Zumal der Stadtrat pauschal als Ganzes verächtlich gemacht wurde.“ 

Grunzel und Gärtner hatten während der Beweisaufnahme vorgetragen, dass sie immer wieder Zielscheibe von unqualifizierten Anwürfen politischer Gegner werden würden. Direkt nach der Wahl, so Grunzel, sei er mit „braunem Kot“ verglichen worden.

Sternberg: „Dass sie beschimpft wurden, kann man nicht mit dem aktuellen Fall aufrechnen. Aber in einem Rechtsstaat haben sie jederzeit die Möglichkeit, selbst Anzeige zu erstatten.“

„Rechtsstaat“ war auch aus dem Munde des Gärtner-Verteidigers, Rechtsanwalt Ingmar Knop (er ist übrigens Landeschef der DVU), ein häufig gebrauchtes Wort. Zudem meinte der Dessau-Roßlauer, dass man den Eindruck bekommen könne, dass es die Justiz nicht ungern sehe, wenn NPDMitglieder oder Sympathisanten auf der Anklagebank säßen.

Die Verurteilten können beim Oberlandesgericht in Naumburg Revision einlegen.