Das gecharterte Schiff der rechtsextremen Identitären Bewegung im Mittelmeer ist vorläufig gestoppt. Der Kapitän wurde festgenommen, Teile der Crew haben Asyl in Zypern beantragt. Das kommt im eigenen Lager schlecht an.
Das Schiff der rechtsextremen Identitären Bewegung ist offenbar von nordzyprischen Behörden festgesetzt worden. Der Kapitän der „C-Star“ und ein weiteres Crewmitglied sind laut einem zyprischen Zeitungsbericht im Hafen von Famagusta im Norden Zyperns festgenommen worden.
Offenbar hatte die Besatzung falsche Angaben zu dem Zweck ihrer Reise gemacht. Eine Anfrage der WELT an die zuständige Behörde von Mittwochabend blieb unbeantwortet.
Anhänger der Identitären Bewegung hatten im Juni von einem schwedischen Reeder ein ehemaliges Vermessungsschiff mit Besatzungsmitgliedern aus Sri Lanka gechartert. Unter dschibutischer Flagge wollten mehrere europäische Rechte unter dem Kampagnentitel „Defend Europe“ zunächst die Boote von privaten Hilfsorganisationen wie SeaWatch oder Jugend Rettet im Mittelmeer blockieren.
Dann hatte man sich darauf geeinigt, mit der libyschen Küstenwache zusammenarbeiten zu wollen und diese auf im Mittelmeer treibende Flüchtlingsboote aufmerksam zu machen – und um die Bootsinsassen wieder zurück in das nordafrikanische Land zu bringen. Ein Sprecher der libyschen Küstenwache wies eine Kooperation jedoch zurück.
Festgenommen wurde auch der Besitzer des Schiffes. Dem Schweden werden Schlepperei und Schmuggelei vorgeworfen. Zudem haben fünf tamilische Crewmitglieder Asyl im Norden Zyperns beantragt.
Identitäre reden von „Intrigen und Sabotage“
Für die vom Verfassungsschutz beobachteten Aktivisten ist die Verzögerung angesichts ihres ursprünglichen Planes ein Desaster. Die Identitären wittern „Intrigen und Sabotage“, wie sie in einem Statement schrieben. Die Matrosen seien am Flughafen „von NGO-Personal aufgehalten“ worden. Den Männern sei angeboten worden, in Europa zu bleiben und Asyl zu beantragen. „Dafür lockten die NGOs mit falschen Versprechungen und viel Geld“, heißt es weiter in dem auf Facebook verbreiteten Statement.
Fünf der insgesamt 20 Männer „ließen sich bestechen und beschuldigen nun uns und die Reederei der ‚Schlepperei‘“, empören sie sich. Ein Rechtsbruch seitens der Identitären Bewegung liege nicht vor. Man wolle die „Mission“ trotz der Unterbrechung „ordnungsgemäß“ fortsetzen. Für ihre Kampagne sammelten die Aktivisten im Internet weltweit mehr als 150.000 Dollar.
Ursprünglich sollten in der italienischen Hafenstadt Catania weitere Aktivisten zusteigen. Von dem sizilianischen Ort aus sollte Kurs auf die libysche Küste genommen werden. Doch auch dort regte sich Widerstand. Der Bürgermeister drohte den Rechten bereits in der vergangenen Woche, das Anlegen des Schiffes zu verhindern. „Diese Leute sind hier nicht willkommen. Sie haben uns gerade noch gefehlt“, sagte Enzo Bianco.
Ein PR-Desaster droht
Die jüngsten Probleme sind nur einige von vielen, mit denen sich die Organisatoren des Projekts in den vergangenen Wochen plagen mussten: Mehrere Banken und Online-Bezahldienste hatten Konten einzelner Aktivisten und der Bewegung eingefroren. Auch beim Durchqueren des Suezkanals war es zu Verzögerungen gekommen. Das Schiff war in der vergangenen Woche tagelang von ägyptischen Behörden kontrolliert worden. Nach Aussagen der Identitären haben zudem NGOs versucht, ihr Schiff an der Weiterfahrt zu hindern. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass auch hier nicht die richtigen Papiere vorgelegt werden konnten.
Momentan sieht es so aus, als würde die „Verteidigung“ Europas in einem riesengroßen PR-Desaster für die Identitären enden. Martin Sellner, einer der führenden Köpfe hinter der Aktion, übt sich in Schadensbegrenzung. Über den Kurznachrichtendienst Twitter ließ der Wiener am Donnerstag verlauten: „Es ist einfach absurd, wie weit NGOs gehen, um dieses Schiff zu stoppen.“
Die Fehlplanung scheint auch innerhalb der Organisation für Unmut zu sorgen. Die Krisenkommunikation betreiben vorrangig Aktivisten aus Deutschland und Österreich. Italienische und französische Teilnehmer des Netzwerkes halten sich mit Erklärversuchen zurück. Für ein Statement waren die Identitären nicht zu erreichen.
Auch im Netz regt sich Unmut über die Verzögerungen. Sponsorengeld werde sinnlos verbrannt, schimpfen Unterstützer. Ein so großes Projekt in den Sand zu setzen macht den Identitären das Standing im eigenen politischen Spektrum schwer.