Die Wohnungsbaugesellschaft bemüht sich intensiv um den Erwerb der Immobilie. Doch auch eine Verwaltung des Gebäudes steht zur Debatte.
Von Alexander Dinger
Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Degewo bemüht sich verstärkt um den Kauf des Wohnhauses an der Rigaer Straße 94. Das geht aus einer Antwort der Senatsinnenverwaltung auf eine Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) hervor. Derzeit würden weitere Schritte geprüft. Nach Informationen der Berliner Morgenpost kommt auch eine Verwaltung des Gebäudes durch die Degewo weiter in Betracht.
Zu Details hält sich die Finanzverwaltung bedeckt. "Wir brauchen einen gesprächsbereiten Eigentümer, um verhandeln zu können. Da sind wir dran", sagte eine Sprecherin auf Nachfrage dieser Zeitung. Etwa vor einem Jahr war bekannt geworden, dass die Degewo einen Kauf des Hauses anstrebt. Damals hieß es, dass der Eigentümer seine Bereitschaft zu weiteren Gesprächen erklärt habe.
Das Haus gilt als Treffpunkt der autonomen linken Szene. Eine Räumung am 22. Juni vergangenes Jahr hatte sich als rechtswidrig herausgestellt. Der Eigentümer hatte keinen förmlichen Räumungstitel für das Haus. In der Folge hatte es mehrere Unterstützungsaktivitäten in Friedrichshain-Kreuzberg für das Haus gegeben. Bei Demonstrationen von Sympathisanten der "R94" kam es wiederholt zu Ausschreitungen. Bis heute kommt es in der Straße regelmäßig zu Auseinandersetzungen zwischen Autonomen und Polizei.
Laut Innenverwaltung käme es auch zu Einschüchterungen von Anwohnern. Viele würden Gewalt entschieden ablehnen, "trauen sich jedoch nicht, dies offen zu zeigen, da sie von den extremistischen Szeneangehörigen eingeschüchtert werden", heißt es in der Antwort von Innenstaatssekretär Torsten Akmann auf die Anfrage von Schreiber.
45 Personen haben dort eine Meldeadresse
Insgesamt seien laut Innenverwaltung derzeit 45 Personen in der Rigaer Straße 94 gemeldet, darunter seien auch drei Menschen unter 18 Jahren. Das sind etwa zehn Bewohner weniger als im vergangenen Jahr. Da waren es noch 54 gemeldete Personen. In dem Haus Rigaer Straße 94 gibt es 29 Wohnungen, die unbefristet vermietet sind und noch nicht gekündigt wurden. Im Hinterhaus seien sechs Wohnungen "illegal" bewohnt.
Mit einem Kauf des Hauses will die Finanzverwaltung erreichen, dass die Degewo – in dessen Aufsichtsrat Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) sitzt – die Konflikte vor Ort entschärft. Als die Pläne im vergangenen Jahr bekannt wurden, hieß der Innensenator noch Frank Henkel (CDU). Das Kalkül: Mit der Degewo als Eigentümer oder Verwalter könnten weitere Versuche, die illegal betriebene Kneipe zu räumen, vermieden werden. Henkel hatte die Pläne damals scharf kritisiert. Er lehnte einen Kauf vom Eigentümer ab. Der Hauseigentümer wurde bislang von der britischen Gesellschaft Lafone Investment vertreten. Auch heute gibt es noch starke Vorbehalte gegen die Pläne, das Haus zu kaufen. So dürfe die Degewo keinen politischen Preis zahlen, sondern rein aus wirtschaftlichen Gründen entscheiden, heißt es im Abgeordnetenhaus.
Skeptisch ist auch SPD-Politiker Tom Schreiber. "Der Kauf kann nur ganz am Ende einer langen Liste von Möglichkeiten stehen", so Schreiber zur Berliner Morgenpost. Er gehe nicht davon aus, dass plötzlich Frieden in der Straße herrsche, wenn man die Eigentumsverhältnisse ändern würde. "Außerdem wäre das Signal, wer randaliert, bekommt seinen Willen' fatal", so Schreiber weiter.
Ton hat sich nach Ausschreitungen wieder verschärft
Nach regelmäßigen heftigen Auseinandersetzungen an der Rigaer Straße in den vergangenen Monaten hatte sich der Ton zuletzt wieder verschärft. Nach Steinattacken auf Polizisten Mitte Juni dieses Jahres bezeichnete Innensenator Andreas Geisel (SPD) die Gewalttäter im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses als "brutale Gangster", mit denen er nicht verhandeln werde. Die linksextremen Gewalttäter aus dem Umfeld der früher besetzten Häuser an der Rigaer Straße hätten ihre Aktionen und die Konfrontationen mit der Polizei seit Jahresbeginn deutlich verstärkt, bestätigte Geisel damals.
Der Friedrichshainer Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) hatte nach den Ausschreitungen kurzerhand die Kleinpflastersteine in der Straße gegen eine Asphaltdecke austauschen lassen. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) hatte dann "einen Dialogprozess" mit Anwohnern und nicht-gewalttätigen Polit-Aktivisten aus der linken Szene angekündigt.