KN-Journalisten abgehört und überwacht?

Erstveröffentlicht: 
15.07.2017

Journalisten der Kieler Nachrichten, die in der Rocker-Affäre bei der Landespolizei recherchieren, wurden offenbar in den vergangenen Wochen überwacht. Nach entsprechenden Hinweisen aus zuverlässigen Polizeiquellen hat der Verlag einen Spezialdienstleister mit Untersuchungen beauftragt.

 

Kiel. Dabei schlug ein Detektor zum Aufspüren von Peilsendern am Auto von KN-Chefredakteur Christian Longardt an; darüber hinaus wurde das private Mailkonto von Polizei-Reporter Bastian Modrow von Unbekannten geknackt.

 

In der Affäre um unterdrückte Aussagen, Aktenmanipulation und Abhörmaßnahmen gegen eigene Beamte der Soko Rocker im Landeskriminalamt steht die Polizeiführung unter Druck – und versucht, undichte Stellen im Apparat zu identifizieren. Beamten, die mit der Presse kommunizieren, drohen Konsequenzen bis hin zu Strafverfahren wegen Geheimnisverrats. Immer wieder haben Quellen die Kieler Nachrichten darauf hingewiesen, dass wegen der Affäre mutmaßlich auch Journalisten der KN überwacht würden – nachdem unsere Redaktion am 14. Juni entsprechende Fragen per Mail an die Pressestelle des Innenministeriums geschickt hatte, schaltete der damalige Innenminister Stefan Studt (SPD) einen Tag später die Justiz ein. Seither soll die Staatsanwaltschaft Lübeck den Fragenkatalog „unter allen denkbaren strafrechtlichen Aspekten“ prüfen. Am Freitag hieß es, die Vorprüfung dauere an.

 

Nach den Hintergründen habe sich die Staatsanwaltschaft bei den KN bisher nicht erkundigt, sagt Chefredakteur Longardt. Am 17. Juni untersuchte ein auf IT-Sicherheit spezialisierter Dienstleister aus dem Kieler Umland mit einem Messgerät Büroräume und Fahrzeuge des Verlags. Dabei wurden an Longardts Auto bei mehreren Messungen am vorderen linken Radkasten Signale einer Funkquelle festgestellt. Ein Messfehler sei ausgeschlossen, so die Spezialfirma. In der Autowerkstatt wurde der Sender einige Tage später aber nicht gefunden.

 

 

Ein beim Test gedrehtes Video haben sich mehrere mit Kriminaltechnik vertraute Polizeibeamte angesehen – und erklärt, dass es sich um einen Frequenzbereich handele, auf dem Behörden mit Peilsendern arbeiten, um Personen zu orten. Darüber hinaus meldete Modrows Privat-PC Zugriffe durch unbekannte Nutzer: Am 18. Mai wurde ein Mailkonto geknackt – zu dem Zeitpunkt hatte unsere Zeitung erste brisante Polizei-Dokumente veröffentlicht. Am 25. Juni meldete der Computer einen Unbekannten im durch Passwort gesicherten privaten Netzwerk. Nach Auffälligkeiten bei Diensthandys werden auch diese Geräte derzeit untersucht.

 

Ein Sprecher des neuen Innenministers Hans-Joachim Grote (CDU) sagte, man wisse nichts von einer Überwachung von Journalisten.