Seit 15 Jahren arbeiten mehrere Ost-Länder bei der Sicherheit zusammen. Mit einem gemeinsamen Abhörzentrum in Leipzig wollen sie die Kriminalität noch besser bekämpfen. Doch es gibt auch Bedenken dagegen. Die Landesparlamente müssen noch zustimmen.
Das länderübergreifende Abhörzentrum in Leipzig rückt näher. Sachsens Innenminister Markus Ulbig hat am Vormittag in Leipzig mit seinen Amtskollegen aus Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin den Staatsvertrag unterzeichnet. Der Innenminister Thüringens unterschrieb statt des Vertrags lediglich eine Erklärung, dass auch sein Land das Abhörzentrum nutzen will. Der dortige Innenausschuss des Landtags muss sich noch damit befassen. In Thüringen gibt es datenschutzrechtliche Bedenken.
Für Ulbig war es bereits die zweite Unterschrift: Er hatte den Vertrag nach Zustimmung des Kabinetts in Dresden bereits im April unterschrieben. Anschließend war jedoch auf Wunsch des Datenschutzbeauftragten von Sachsen-Anhalt noch eine Formulierung geändert worden. Bis Ende des Jahres soll der Vertrag von allen Landesparlamenten ratifiziert sein. Ende 2019 soll das Abhörzentrum in Leipzig auf dem Gelände der Bereitschaftspolizei in Betrieb gehen. Zudem ist in Dresden ein zweites Rechenzentrum geplant.
Kein rechtsfreier Raum
Die Mitarbeiter des Zentrums in Leipzig sollen Polizei und Staatsanwaltschaften dabei unterstützen, Straftaten wie Mord oder Vergewaltigung aufzuklären. Sie sollen aber auch bei Fällen des Terrorverdachts aktiv werden. Dazu wollen sie Telefonate abhören und Messenger-Dienste überwachen. Die jeweiligen Landesbehörden müssen die Überwachung aber zuvor anordnen und von einem Richter genehmigen lassen. Auch werden die Daten für jedes Bundesland getrennt verarbeitet und gespeichert. Als Anstalt des öffentlichen Rechts soll das Abhörzentrum bis zu 50 Mitarbeiter beschäftigen.
Grüne: Staatsvertrag dem Landtag vorlegen
Die Grünen in Sachsen sprachen von einem Auftakt zur umfassenden Überwachung sächsischer Bürger. Das Zentrum diene als technologische Grundlage für weitere Datensammlung und -auswertung, erklärte der innenpolitische Sprecher Valentin Lippmann. Er fordert, dass sich endlich auch in Sachsen der Landtag mit dem Zentrum befasst und darüber debattiert werde, wie sinnvoll eine solche "Überwachungszentrale" sei.
Dieses Überwachungszentrum ist der Inbegriff für Intransparenz und Heimlichkeit
Sachsens Datenschützer haben keine Bedenken gegen das länderübergreifende Abhörzentrum. Der Sprecher des Datenschutzbeauftragten, Andreas Schneider, sagte MDR SACHSEN, die Befugnisse der Landes-Ermittlungsbehörden würden nicht erweitert. Die Behörden hätten nur Zugang zu den Daten, die sie selbst bearbeiten. Außerdem habe der Datenschutzbeauftragte die Möglichkeit, Einsicht in diese Daten zu nehmen.
Langfristig Einsparungen geplant
In den kommenden fünf Jahren sollen 15,8 Millionen Euro investiert werden. Die Länder versprechen in diesem Zeitraum zugleich Einsparungen von insgesamt knapp 11 Millionen Euro, da keine eigenen Technologien mehr vorgehalten werden müssen.