Der frühere CDU-Vorsitzende von Seligenstadt hat seine Partei bereits 2015 über Verbindungen von Parteimitgliedern zum umstrittenen Depeschen-Mediennetzwerk informiert. Das blieb aber offenbar folgenlos.
Neue Details zur Verbindung von CDU-Mitgliedern mit dem umstrittenen Depeschen-Mediennetzwerk: Der frühere CDU-Vorsitzende von Seligenstadt, Thorsten Bonifer, wusste schon 2015, dass CDU-Mitglieder zu dem Netzwerk Verbindungen hatten. hr-iNFO liegen zwei E-Mails vor, die unter anderem an den Offenbacher CDU-Kreisvorsitzenden Frank Lortz gerichtet waren. Das Mediennetzwerk verbreitete nach Einschätzung des Verfassungsschutzes Meldungen mit rechtsextremen Inhalten.
In der ersten Mail warnte Bonifer vor "ominösen Ungereimtheiten" im Umfeld der Depeschen, die sich zum Beispiel Hessen-Depesche, Sachsen-Depesche oder Bayern-Depesche nennen. Ende 2015 wurde er konkreter und nannte die Namen von zwei Mitgliedern des CDU-Vorstands in Seligenstadt mit geschäftlichen Verbindungen zu den Depeschen. Er wies seine Partei auf "teilweise verfassungsschutzrelevante Inhalte" hin und warnte die CDU-Führung, "dass uns das irgendwann um die Ohren fliegt".
Lortz äußert sich nicht zu E-Mails
Bonifer will sich zu den Vorgängen nicht äußern. Er bestätigt aber, diese Mails geschrieben und unter anderem an den Kreisvorsitzenden Lortz adressiert zu haben. Lortz will jedoch erst im Zuge der jüngsten hr-iNFO-Recherchen von Verbindungen von CDU-Mitgliedern zu den Depeschen erfahren haben. Auf die Frage, ob er die Mails kenne und welche Maßnahmen er seinerzeit ergriffen habe, ging der Landtags-Vizepräsident bislang nicht ein.
Zu den Verbindungen einzelner CDU-Mitglieder zu den Depeschen bezog der CDU-Kreisverband Offenbach bereits klar Stellung. "Die CDU im Kreis Offenbach bekämpft nachhaltig und eindeutig Kräfte von links und rechts", teilte ein Sprecher hr-iNFO mit. "Sollten uns konkrete und belegbare Fakten gegen CDU-Mitglieder bekannt werden, werden wir umgehend Schritte einleiten und Konsequenzen ziehen." Der Kreisverband habe auch die CDU-Verbände Seligenstadt und Mainhausen um weitere Unterstützung gebeten.
Verfassungsschutz will Hessen-Depesche ins Visier nehmen
Der CDU-Landesverband Hessen hatte nach den Enthüllungen vor einer Woche erklärt, er sei in der Angelegenheit nicht zuständig. Bei 38.000 Mitgliedern könne man nicht Auskunft über jedes einzelne Mitglied geben, so ein Sprecher. "Haben Sie zudem Verständnis dafür, dass wir zu Fragen über unternehmerische Tätigkeiten von Einzelpersonen nicht der richtige Ansprechpartner sind." Die Linkspartei forderte die CDU daraufhin auf, ihr Schweigen zu brechen.
Der hessische Verfassungsschutz hat angekündigt, die Hessen-Depesche ins Visier zu nehmen und damit seinen Schwesterbehörden in Sachsen und Bayern zu folgen.