Innensenator Grote entschuldigt sich für den harten Umgang der Polizei mit der Jugendgruppe. Man habe den falschen Bus gestoppt.
Hamburg. Mitglieder der Organisation "Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken" haben die Stadt Hamburg verklagt. Das teilten die Falken am Mittwoch mit. Hintergrund ist ein Polizeieinsatz am 8. Juli. An diesem zweiten Tag des G20-Gipfels war laut Aussage des Landeschefs der Falken Nordrhein-Westfalen, Paul M. Erzkamp, ein mit 44 teilweise minderjährigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen besetzter Bus zur Demonstration "Grenzenlose Solidarität statt G20" unterwegs.
"Neben Falken waren dort auch Mitglieder der Grünen Jugend NRW, der DGB Gewerkschaften und der Alevitischen Jugend NRW anwesend", schreiben die Falken in einem im Internet veröffentlichten Offenen Brief. "Unsere Anreise war über das Bündnis 'Jugend gegen G20' in Hamburg offiziell bei der Polizei und dem ZOB (Zentraler Omnibusbahnhof Hamburg) angekündigt."
Jugendliche mussten sich laut Falken nackt ausziehen
Gegen 7 Uhr morgens sei der Bus von mehreren Polizeifahrzeugen auf der Autobahn eskortiert und zunächst auf eine Raststätte und dann zur zentralen Gefangenensammelstelle (Gesa) geleitet worden. Einige Insassen seien "geschlagen, mit ihren Händen auf dem Rücken abgeführt" worden, so die Falken. "Einige der Jugendlichen mussten sich komplett nackt ausziehen (andere bis auf die Unterwäsche) und wurden dann intensiv abgetastet. Bei den WC-Gängen mussten bei allen die Türen offen bleiben. Der Hinweis, dass wir Minderjährige im Bus haben, ein Jugendverband sind und zu einer angemeldeten Demonstration wollten spielte dabei keine Rolle."
Den Betroffenen zustehenden Telefongespräche, etwa zum Anrufen eines Anwaltes, seien von der Polizei verweigert worden, heißt es in dem Brief. "Nachdem etwa die Hälfte der Jugendlichen abgeführt worden war, änderte sich das Verfahren schlagartig. Die Verbleibenden wurden weder durchsucht, noch wurden ihre Personalien kontrolliert. Nach jeweils einem kurzen Gespräch mit einem Polizisten wurden sie alle wieder zurück in den Bus geschickt, dabei sollte zunächst jeder auf einen einzelnen Doppelsitz und auch die Kommunikation untereinander war nur bedingt erlaubt."
Erst nach ein bis zwei Stunden seien die Anderen entlassen worden. "Erst im Nachhinein und in den vergangenen Tagen berichteten unsere Jugendlichen über ihre Gefühle von Ohnmacht, Hilflosigkeit und der Einschüchterung, der sie ausgesetzt waren."
Falken deuten an, dass weitere Klagen folgen könnten
Am heutigen Mittwoch teilte Falken-Chef Erzkamp mit, dass er und eine weitere Person über ihre Anwälte Feststellungsklage gegen die Stadt Hamburg eingereicht hätten. Damit solle das Fehlverhalten der Polizei gerichtlich festgestellt werden. Möglicherweise schlössen sich weitere Betroffene der Klage an. Auch Strafanzeigen und weitere Klagen könnten folgen.
Der ebenfalls betroffene Sprecher der Grünen Jugend NRW, Max Lucks, sagte laut der von den Falken verbreiteten Pressemitteilung: "Unsere Grundrechte sind beschnitten worden, unser Grundvertrauen in den Staat wurde uns genommen. Dieser Vorfall war nicht nur eine Bagatelle oder ein Fehler im Betriebsablauf, sondern ein Angriff auf den Rechtsstaat. Und für den treten wir jetzt ein."
Innensenator bittet um Entschuldigung für "bedauerlichen Fehler"
Die Polizeipressestelle ließ eine Bitte des Abendblattes um Stellungnahme am Mittwoch unbeantwortet. Die Innenbehörde sah sich aufgrund der Sondersitzung des Innenausschusses zu G20 außer Stande, Stellung zu nehmen, will dies aber ggfs. nachholen. Die Justizbehörde wies darauf hin, dass sie nicht zuständig sei.
Am späten Abend äußerte sich Innensenator Andy Grote in der Sondersitzung des Innenausschusses zu dem Vorfall. Auf Nachfrage von SPD-Fraktionschef Andreas Dressel sagte Grote, der Umgang mit den Insassen des Busses sei Folge eines "Übertragungsfehlers bei der Übertragung eines Kennzeichens" gewesen. Man habe in Wahrheit einen anderen Bus kontrollieren wollen. "Das ist ein Vorgang, für den man sich nur entschuldigen kann, da ist ein bedauerlicher Fehler passiert", so Grote. Damit wurde vom Innensenator erstmals ein grober Fehler der Sicherheitskräfte im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel eingeräumt.