Die Randale zum G20-Gipfel haben weltweit für Entsetzen gesorgt. Der sogenannte Schwarze Block hat in Hamburg viele Polizisten verletzt und einen Schaden in Millionenhöhe verursacht. Doch was genau ist der "Schwarze Block" und wer steckt hinter den vermummten Randalierern?
Die Randale während des G20-Gipfels ziehen sich über zwei Tage. Es sind bürgerkriegsähnliche Zustände. In einer Art Gewaltorgie werden Barrikaden angezündet, Geschäfte geplündert und Eigentum zerstört. In Hamburg Altona brennen Autos, über der Stadt steigen Rauchsäulen auf. Der Gesamtschaden wird auf zwölf Millionen Euro geschätzt. Im Hamburger Schanzenviertel haben wieder Touristen die Oberhoheit zurückgewonnen. Und dennoch sind die Spuren des G20-Gipfels noch immer sichtbar. Vahit Pehlivantürk betreibt einen Handyladen, vor seinem Geschäft wütete der Mob besonders heftig. Dennoch hatte er als einer der wenigen geöffnet, als draußen das Chaos tobte.
Die, die hier waren, waren alles Ausländer, zu 90 Prozent. Die haben Französisch, Polnisch, Italienisch gesprochen und nur sehr, sehr wenige, die zwischen denen waren, die Deutsch konnten.
Vahit Pehlivantürk
Verantwortlich für die Krawalle: Vor allem der sogenannte Schwarze Block - eine Demonstrationstaktik, bei der die Teilnehmer vermummt sind und dunkle Kleidung tragen. Die meisten von ihnen positionieren sich gegen Kapitalismus und Globalisierung, Gewalt gilt als Mittel zum Zweck. Der Schwarze Block entstand vor über 30 Jahren als Teil linker Protestkultur. Erklärtes Feindbild war damals wie heute die Polizei. Auch in Hamburg wurden über 200 Beamte verletzt. Tim aus Dresden hat in Hamburg im Schwarzen Block demonstriert, er empfindet da kein Mitleid.
Schwein bleibt Schwein. Die wissen, auf was sie sich einlassen, die haben sich diesen Beruf gesucht. Die haben das Gewaltmonopol, die wissen, dass sie das Gewaltmonopol haben. Und genau aus diesem Grund haben die solche Aktionen wie in Hamburg vollkommen verdient.
Tim, Schwarzer Block
Die Linksextremen sind europaweit vernetzt und zeigen sich auf Hamburg gut vorbereitet. Ein Video dokumentiert, wie sich Steinewerfer hinter einem Schutzschild verstecken, um immer wieder gezielt einen Wasserwerfer unter Beschuss zu nehmen. Die Wärmebildkamera eines Polizeihubschraubers zeigt, wie sich Personen selbst auf dem Dach umziehen, um danach mit bunter Kleidung in der Menge unterzutauchen. Dennoch haben 20.000 Polizisten nicht ausgereicht, um den Gipfel zu schützen und gleichzeitig die Ausschreitungen zu verhindern. Jan Reinecke vom Bund Deutscher Kriminalbeamter sagt, man habe die Guerilla-Taktiken des Schwarzen Blocks unterschätzt.
Man hat unterschätzt, diese kleine Gruppen, Guerilla-Taktiken, die man mit den klassischen Konzepten, Hundertschaften der Bereitschaftspolizei, Wasserwerfern, kann man derartige Taktiken nicht in den Griff bekommen oder diesen Taktiken nicht Herr werden.
Jan Reinecke, Bund deutscher Kriminalbeamter
Die Taktik, bei Demonstrationen als Schwarzer Block aufzutreten, wenden auch Hooligans und Neonazis an. Teilweise gibt es sogar ideologische Überschneidungen mit Linksextremisten. Matthias Quent, Soziologe und Extremismus-Experte aus Jena, zeigt uns die Facebook-Seite des Antikapitalistischen Kollektivs, einer rechten Gruppierung, die durch den Verfassungsschutz beobachtet wird. Es finden sich Einträge, die dazu auffordern, den G20-Gipfel zu attackieren. In einem anscheinend selbstgedrehten Video ist zu sehen, wie bei einer Demonstration in Apolda Vermummte einen Polizeiwagen angreifen, und wie sich die Polizisten zurückziehen. Die beteiligten Demonstranten rufen „Antikapitalista“ - eine Parole, mit der vor allem die linksextreme Szene in Verbindung gebracht wird. Beim Kampf gegen den Kapitalismus, auch bei den Rechten, ist Sachbeschädigung legitim.
Es gibt Internetselbstdarstellungen aus dem militanten Neonazispektrum, auch aus dem Bereich der jungen Nationaldemokraten, der NPD-Jugendorganisation, die sagen, wir dürfen die Proteste gegen Kapitalismus, gegen dieses System, wie es dort heißt, nicht den Linken überlassen.
Matthias Quent, Extremismusexperte Jena
Wie viele Neonazis in Hamburg mitrandaliert haben, ist nicht belegt. Doch es gibt Hinweise, dass nicht nur die Linken an den Krawallen beteiligt waren. Wir treffen David aus Leipzig. Der Autonome war vor Ort und schildert eine Beobachtung im Hamburger Schanzenviertel.
Im Kiez wurde ein Laden angegriffen, der linke Szeneklamotten verkauft. Ich glaube nicht daran, dass die Szene selber ihre Läden angreift.
David, Autonomer aus Leipzig
Die linksautonome Szene stellt sich deutschlandweit auf harte Konsequenzen ein. In Leipzig, einer ihrer Hochburgen, befürchten sie die Schließung soziokultureller Zentren wie dem Werk 2 und dem Conne Island. Der Bundesinnenminister hat eine harte Gangart angekündigt. Der Soziologe Matthias Quent sieht das kritisch.
Wie sprechen von Einrichtungen, die von tausenden Menschen genutzt werden, bei Kultureinrichtungen, die damit pauschal kriminalisiert, in eine linksextreme Ecke gestellt werden. Das ist in meinen Augen Öl im Feuer.
Matthias Quent, Extremismusexperte Jena
Wie wir als Staat und Gesellschaft mit solchen Gewaltexzessen wie in Hamburg zukünftig umgehen sollen - darüber ist die Diskussion gerade erst entbrannt.