Leipzigs Ordnungsdezernent Heiko Rosenthal: „Die Polizei allein schafft es nicht mehr“

Erstveröffentlicht: 
18.07.2017

Leipzig – Kriminalität, mangelnde Sicherheit und Ordnung – das sind laut der letzten Bürgerumfragen die größten Probleme in Leipzig. Die Rufe nach einer starken Stadtpolizei werden lauter.

 

Im BILD-Interview verspricht Ordnungsdezernent Heiko Rosenthal (42, LINKE) Besserung.

 

BILD: Herr Rosenthal, warum halten Ihre Mitarbeiter – im Gegensatz zu ihren Kollegen in Dresden – eigentlich keine Radfahrer an?


Heiko Rosenthal: „Was die Stadt darf, ist in der Verordnung zur Wahrnehmung polizeilicher Vollzugsaufgaben geregelt. Was da nicht drin steht, dürfen wir nicht.“

 

Aber in Dresden gilt doch die selbe Verordnung?


Rosenthal: „Wenn die Kollegen in Dresden Fahrradfahrer anhalten, dann ist das – aus Sicht der Stadt Leipzig – außerhalb dessen, was sie dürfen. Wir kommen zu einer anderen rechtlichen Beurteilung der Verordnung. Die Stadt ist für die Überwachung des ruhenden Verkehrs zuständig. Die Innenstädte sind verkehrsberuhigte Zone. Also sagt Dresden: Hier ist ruhender Verkehr, daher dürfen wir Radfahrer anhalten. Wir sehen das nicht so.“

 

Gibt es irgendwann eine eindeutige Regelung?


Rosenthal: „Wir haben mit Dresden und Chemnitz vereinbart, dass wir unsere Erfahrungen austauschen und uns mit der Landesdirektion darüber abstimmen, was wir kreisfreien Städte dürfen. Wenn sich die Landesdirektion der Rechtsauffassung Dresdens anschließt, dann gilt die auch für uns.“

 

Es gibt auch Rufe nach einer Stadtpolizei – wie Dresden sie hat.


Rosenthal: „Die haben wir doch. Bei uns heißt es Stadtordnungsdienst. Das ist nur ein anderes Etikett.“

 

Und der, so möchten es viele, solle gerade in der Innenstadt mehr kontrollieren. Warum tut er das nicht?


Rosenthal: „Da der Doppelhaushalt 2017/18 jetzt genehmigt ist, können wir in diesem Jahr zu den 44 Mitarbeitern 10 neue einstellen und im kommenden weitere 10. Wir werden mit ihnen neben den drei Inspektionen Mitte, West sowie Ost die Dienstgruppe Zentrum bilden. Momentan gehen die Mitarbeiter zwei Mal täglich Streife, dann vier Mal. Vor allem am Hauptbahnhof, in der Eisenbahnstraße, am Rabet. Die Menschen fordern mehr Präsenz. Und ich wünsche mir dafür, dass auch die Sächsische Sicherheitswacht in Leipzig stärker aufgebaut wird. Denn die Polizei allein schafft es nicht mehr. Alle müssen sich fragen, ob beim Thema Sicherheit wirklich alle möglichen Strukturen genutzt werden.“

 

Wie viele Mitarbeiter hat die Stadt dafür eigentlich im Außendienst?


Rosenthal: „150. Im Stadtordnungsdienst, zur Verkehrsüberwachung und in der OP-Gruppe.“

 

Welche Aufgaben hat denn die „OP-Gruppe“?


Rosenthal: „Zu ihr gehören 12 Mitarbeiter des Stadtordnungsdienstes, die in ziviler Kleidung patrouillieren. Sie kontrollieren beispielsweise die Einhaltung der Sperrbezirksverordnung, in dem sie Freier auf frischer Tat stellen. Sie koordinieren Einsätze mit der Polizei und sind auch nachts in der Innenstadt unterwegs.“

 

Dort stören sich die Leute an der starken Zunahme der Bettler, die mittlerweile auch an den Kreuzungen zwischen Autos stehen. Wie gehen Sie damit um?


Rosenthal: „Im Zuge der Aufstockung des Personals wird im Zentrum verstärkt Streife gelaufen. Beim Bachfest hatten wir erhebliche Probleme mit Straßenmusikern und Bettlern an der Thomaskirche, bis hin zu Störungen der Konzerte. Das ist ein Daueraufgabe wie nicht angeleinte Hunde oder Kot im Park. Ich hoffe, dass wir mit der Personalaufstockung mehr agieren können. Das Betteln mit Kindern ist jedoch nach Änderung der Polizeiverordnung stark zurück gegangen.“

 

Sind weitere Maßnahmen geplant?


Rosenthal: „In der Bürgermeister-Müller-Anlage am Hauptbahnhof wollen wir eine Toilette aufstellen, um dem wilden Urinieren entgegenzuwirken. Dann kann niemand mehr sagen, dass es keine Möglichkeit gab.“

 

Ein anderes Thema ist die Sperrstunde, die der Club „Institut für Zukunft“ zwischen 5 und 6 Uhr plötzlich einhalten muss. Er beschwert sich darüber – wie auch mancher Politiker. Zu Recht?


Rosenthal: „In Leipzig gab und gibt es schon immer eine Sperrstunde. Das ist allen Gastronomen bekannt und gilt übrigens überall in Sachsen. Nur gibt es jetzt Anwohner-Beschwerden, weil sie nicht eingehalten wird. Aber wir werden eine Lösung anbieten.“