Der Besuch von Heiko Maas am Montag in Dresden hat einige Hundert Kritiker mobilisiert. Vor der Ballsportarena, in der der Bundesjustizminister am Nachmittag einen Vortrag über Fake News und Hetze im Internet hielt, hatten sich die Demonstranten versammelt. Unter anderem kritisierten sie das Gesetz gegen Hasskommentare im Netz.
Kurz vor dem Vortrag des Bundesjustizministers hatten sich mehrere Hundert Demonstranten lautstark vor dem Veranstaltungsort versammelt. Sie begleiteten den Besuch des SPD-Politikers mit Trillerpfeifen, "Volksverräter"- und "Hau ab"-Rufen. Auf Transparenten warfen sie Maas im Zusammenhang mit dem sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetz "Gesinnungsjustiz" vor. Das Gesetz sieht schärfere Vorschriften und hohe Strafen für Hetze und Hass im Internet vor. Als Zeichen des Protests trugen viele der Demonstranten Spruchbänder mit "Stasi 2.0" um den Hals oder den Kopf. Die Polizei war mit einem starkem Aufgebot vor Ort. Polizeipräsident Horst Kretschmar sagte, bis auf die Beschimpfungen des Justizministers habe es keine größeren Zwischenfälle gegeben.
Mit dem Pöbel muss man in Dresden bedauerlicherweise immer rechnen. Die Kultur des menschlichen Miteinanders lässt leider zu wünschen übrig.
Horst Kretzschmar Polizeipräsident Dresden
Maas, der durch einen Nebeneingang an den Demonstranten vorbei in die Sporthalle gelangte, zeigte sich gelassen. Leute, die Berufe ausüben wie er ausübten, müssten so etwas aushalten. Der Minister verwies auf Meinungsfreiheit und Demonstrationsrecht.
Gegen Maas' Besuch waren mehrere Demonstrationen angemeldet worden, unter anderem von der AfD. Das islam- und fremdenfeindliche Pegida-Bündnis hatte seine Montagsdemo abgesagt und zur Teilnahme an den Protesten gegen Maas aufgerufen. Aus Angst vor Störungen hatte die Technische Universität den Veranstaltungsort bereits am Freitag vom Hörsaalzentrum der Uni in die Sporthalle in der Altstadt verlegt.
Maas verteidigte das neue Gesetz
Gut anderthalb Stunden, bis kurz nach 17 Uhr sprach Maas in der Ballsportarena unter dem Titel "Fake News und Hate Speech im Social Web – was der Staat dagegen tun kann und muss" über die Probleme mit Hasskommentaren auf Facebook, Twitter und Co. Vor gut 500 Zuhörern verteidigte er das umstrittene Durchsetzungsgesetz, mit dem soziale Netzwerke verpflichtet werden, strafbare Inhalte zu löschen. Dabei stellte sich der Minister auch den kritischen Fragen aus dem Publikum.
Das Gesetz verlangt nichts Unmögliches. Lieber gar nichts zu tun, führt dazu, dass wir es Unternehmen wie Facebook überlassen, die Grenzen der Meinungsfreiheit zu bestimmen.
Heiko Maas Bundesjustizminister
Ursprünglich sollte der Bundesjustizminister im Hörsaalzentrum der Technischen Universität Dresden seinen Vortrag halten. Jedoch hatten sich vor Tagen schon Störer angekündigt und die Uni mitten in der Prüfungszeit in Alarmbereitschaft versetzt. Der Rektor, Hans Müller-Steinhagen, äußerte sein Unverständnis darüber. Nach der Veranstaltung am Montag sagte er, es könne nicht sein, dass gerade an einer Universität Meinungsaustausch nicht mehr möglich sein solle. Zur Debattenkultur gehörten auch andere Meinungen und das Zuhören. "Was man heute erlebt, ist weit weg von dieser Bereitschaft, und da spielt es keine Rolle, ob linkes oder rechtes oder beide Ohren aufgestellt werden", so Müller-Steinhagen.
Schmierereien am Ballsportzentrum
In der Nacht zum Montag hatte die Polizei drei Männer und eine Frau deutscher und polnischer Herkunft gestellt, die im Eingangsbereich der Halle den Fußboden mit einem Kreidespray beschmiert hatten. Nach Angaben der Polizei konnten Mitarbeiter eines Sicherheitsunternehmens die Personen noch während der Tat stellen. Inhaltlich bezog sich der Schriftzug laut Polizei auf die Veranstaltung mit dem Bundesjustizminister.
Maas sieht sich seit langem Beschimpfungen von Pegida- und AfD-Anhängern ausgesetzt, vielen gilt er als Feindbild. Der Minister hatte aus seiner kritischen Haltung gegenüber den Rechtspopulisten nie einen Hehl gemacht. Die AfD sei "nationalistisch, autoritär und frauenfeindlich", die Pegida-Demonstrationen eine "Schande für Deutschland".
Diskussion mit Bürgern in Zwickau
Vor einem Jahr hatten Demonstranten mit Buh-Rufen und Trillerpfeifen einen Auftritt von Maas bei einer Mai-Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Zwickau gestört. Die Rednerbühne musste von einem Polizei-Aufgebot geschützt werden. Auch am Montag reiste Maas zu einer Diskussionsrunde von Dresden nach Zwickau weiter und wurde wieder von Kritikern empfangen.
Zum Auftakt seiner Sachsen-Visite kam Maas am Vormittag nach Leipzig. Anlässlich der Abschaffung der Todesstrafe in der DDR vor 30 Jahren besuchte er die einstige zentrale Hinrichtungsstätte in Leipzig. In diesen Räumen zu stehen, sei "bedrückend" gewesen, sagte Maas nach einer Führung durch die Stätte. Das gelte besonders am 30. Jahrestag der Abschaffung der Todesstrafe in der DDR und "einen Tag, nachdem Herr Erdogan in der Türkei die Einführung der Todesstrafe wieder begrüßt", ergänzte der Minister.