Polizei sichert Vortrag über Fake News und Hetze im Internet ab / Pöbeleien aus dem Pegida- und AfD-Lager
Von Hauke Heuer, Uwe Hofmann, Martin Fischer und Stephan Lohse
Dresden. Lauter Protest vor der Hallentür, drinnen Fachdiskussion: Bundesjustizminister Heiko Maas hat seinen Fake-News-Vortrag an der Technischen Universität Dresden (TU) gestern ohne größere Störungen halten können. Eine aufgebrachte, aber gemessen an den montäglichen Pegida-Versammlungen kleine Menge an Protestlern hatte den SPD-Politiker mit Trillerpfeifen und „Hau ab“-Rufen empfangen.
Er müsse das aushalten, sagte Maas kurz angebunden, als er die Halle durch einen Seiteneingang betreten hatte.
Deutlichere Worte fanden andere. „Mit dem Pöbel muss man in Dresden bedauerlicherweise immer rechnen. Die Kultur des menschlichen Miteinanders lässt leider zu wünschen übrig“, sagte der Dresdner Polizeipräsident Horst Kretzschmar. „Achso, für den Dresdner Polizeipräsidenten sind wir Pöbel ... na warte Freundchen“, wurde Kretzschmar wenige Minuten später im Internet bedroht. Ein Post, den man „nicht lustig“ finde, wie kurz darauf im Twitteraccount der Polizei Sachsen zu lesen war.
„Es kann doch nicht sein, dass an einer Universität der Fachaustausch nicht mehr möglich sein soll“, zeigte sich TU-Rektor Hans Müller-Steinhagen über die von der AfD, der rechten Bewegung Wellenlänge und Pegida zusammengetrommelten einigen Hundert Krakeeler erschüttert. Nach der Veranstaltung stellte er sich als einer von wenigen der Diskussion mit Protestanten.
Freilich hatte man Schlimmeres erwartet, nachdem Pegida und verschiedene Akteure im Internet vor dem Auftritt massiv zu Störaktionen aufgerufen hatten. Die TU war aus diesem Grund vom Hörsaalzentrum in der Bergstraße in die Ballsportarena ausgewichen, damit die derzeit laufenden Prüfungen durch den Krawall nicht beeinträchtigt werden. Als Bundesjustizminister werde er für vieles verantwortlich gemacht, für eine verhauene Prüfung wollte er das nicht auch noch sein, versuchte Heiko Maas einen humorvollen Umgang mit der Situation.
Die Lage im Umfeld der Ballsportarena hatte vor allem ein massives Aufgebot der Polizei im Griff. Rund 250 Einsatzkräfte trennten die rechten von den mehreren Dutzend linken Demonstranten und sorgten vor allem dafür, dass Maas schnell an- und abreisen konnte.
Protest gab es auch in der Halle, dort blieb er allerdings still. Sechs Männer hatten sich Binden mit „Stasi 2.0“-Aufdruck vor den Mund gebunden. Sie setzten sich wieder, als der Leiter der Veranstaltung, der Direktor des Instituts für Kommunikationswissenschaft Lutz Hagen, sie dazu aufforderte.
Der Rest der Hörer war an der Auseinandersetzung mit Maas’ Netzwerkdurchsetzungsgesetz interessiert. Das diene vor allem dazu, bestehendes Recht durchzusetzen. Keine Behörde bestimme, was in sozialen Netzwerken gelöscht werden müsse, sondern bestehende Gesetze und Gerichtsentscheidungen, bekräftigte Maas. Betroffen seien ohnehin nur strafrechtlich relevante Äußerungen bei sozialen Netzwerken mit mehr als zwei Millionen Nutzern. Es werde dabei nicht von einer der Behörde über die Wahrheit oder Unwahrheit einer Meldung befunden. „Ich möchte auch gar nicht in einem Staat leben, der sich das anmaßt“, sagte der Justizminister. Er gehe davon aus, dass das Gesetz, sobald es sich ab Oktober in der Praxis als wirksam erweist, auch von anderen Ländern übernommen werde.
Am Abend reiste Maas weiter zu einem Forum in Zwickau.