Ein Besuch - Das identitäre Haus in Halle und wie die Stadt damit umgeht

Erstveröffentlicht: 
14.07.2017

Die Identitäre Bewegung ist in halb Europa organisiert. Auch in Halle ist sie aktiv. In Uni-Nähe will die rechtsextreme Gruppe in wenigen Wochen ein Begegnungszentrum eröffnen. Die Stadtverwaltung sieht die Aktivitäten der Gruppe sehr kritisch.

von André Seifert, MDR AKTUELL

 

Schön ist das Haus in der Adam-Kuckhoff-Straße nicht. Es ist nur einen Steinwurf vom Steintorcampus entfernt. An der Tür blättert die Farbschicht ab. Die Fassade wurde von Sprayern bekritzelt und von den Identitären mit einem Transparent mit der Aufschrift "Halle ist nicht Hamburg. Patriotismus statt linker Gewalt" verhängt. Ich klingele. Es wird gefragt: "Haben sie einen Presseausweis oder so etwas?" 

 

Kulturabend mit AfD-Landtagsabgeordneten


Zwei Identitäre erklären sich bereit, ein Interview zu geben. Unter der Voraussetzung, dass man fair mit ihnen umgeht. Dorian Schubert und Mario Müller sind Ende 20. Sie sind lässig gekleidet und nach eigener Auskunft Studenten in Halle. Äußerlich passen sie nicht ins Nazi-Bild. Ins Haus lassen sie mich nicht. Schnell ziehen sie die Tür hinter sich zu und treten auf die Straße.

 

"Das ist also ein patriotisches Zentrum, wo man Zeit verbringen kann. Wo es Freizeit und Kulturangebote geben wird. Vielleicht auch soziale Benefizveranstaltungen oder Buchlesungen, Kulturabende und Konferenzen", erklärt Mario Müller. Ein erster Kulturabend, eine kleine Feier, habe zum Beispiel in dieser Woche zusammen mit den AfD-Landtagsabgeordneten Hagen Kohl, Jan Wenzel Schmidt und Hans-Thomas Tillschneider stattgefunden. 

 

Öffentliche Aufmerksamkeit durch Aktionen


Dorian Schubert fügt hinzu, man wolle gezielt bei Studenten für rechte Ideen werben: "Bis jetzt war die Universität immer ein linkes Milieu. Unser Anspruch ist es, an der Universität wieder mehr Meinungspluralismus reinzubringen. (…) Und deswegen ist das in Campus-Nähe für uns ideal." Die beiden kommen aus Baden-Württemberg und Niedersachsen und gehören zu einer Gruppe, die sich "Kontrakultur" nennt, ein Ableger der Identitären Bewegung in Halle.

 

Die Gruppe ist eine der aktivsten in Deutschland. Sie verteilte schon Pfefferspray an Frauen mit dem erklärten Ziel, dass diese sich vor Flüchtlingen schützen könnten. Außerdem mauerte sie den Eingang eines Wahllokals in Halle zu, in dem eine Probeabstimmung für Migranten stattfinden sollte. Die Aktionen dokumentiert "Kontrakultur" sorgfältig auf Facebook. 

 

Stadtverwaltung sieht Gruppierung kritisch


Mario Müller ist laut Medienberichten ein wegen Gewalttaten vorbestrafter Neonazi-Aktivist. Die Gruppe selbst steht unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes. Die Stadtverwaltung sieht die Aktivitäten der Identitären in Halle nicht gern, sagt Oliver Paulsen, Referent des Oberbürgermeisters: "Grundsätzlich beobachten wir diese Gruppierung sehr kritisch. Die sind schon länger in Halle aktiv. Sie haben sich hervorggetan durch verschiedene Aktionen, die auch deutlich gemacht haben, dass sie an einem Zusammenleben aller Menschen in der Stadt kein Interesse haben." 
 
Nur, falls sie gegen bestimmte Auflagen verstoßen, könne die Stadt etwas gegen die Identitären tun, sagt Oliver Paulsen weiter. Das ist der Fall, wenn sie zum Beispiel in dem Haus, das momentan nur als Wohn- und Bürohaus genutzt werden darf, ein Café einrichten. Noch werde in dem identitären Begegnunszentrum, das einem Sympathisanten gehören soll, gebaut, sagen Dorian Schubert und Mario Müller. Im August, spätestens im September, soll die erste Etage für Jedermann, selbst für Linke, zugänglich sein, beteuern die beiden.