Angehörige der rechtsextremen "Identitären Bewegung" wollen Flüchtlinge aus dem Mittelmeer auf ihrem Schiff aufnehmen. Die Menschen sollen aber nicht nach Europa, sondern zurück nach Libyen gebracht werden. Private Seenotretter sind beunruhigt.
Von Karin Bensch, ARD-Studio Brüssel
Weit vor der Küste Italiens tut sich etwas Merkwürdiges. Neben privaten Hilfsorganisationen, die Flüchtlinge aus Seenot retten, wollen bald auch europäische Rechtsextremisten vor Ort sein. Das Schiff der Gruppe "Defend Europe" sei derzeit auf dem Weg nach Sizilien und soll in einigen Wochen in internationalen Gewässern vor der libyschen Küste unterwegs sein.
"Wir wollen uns, wenn es notwendig ist, an Rettungsmaßnahmen im Mittelmeer beteiligen", sagt Daniel Fiß, einer der Köpfe der "Identitären Bewegung" in Deutschland, die wegen ihrer völkischen Ideologie vom Verfassungsschutz beobachtet wird. "Wir werden es eben nicht wie die NGOs machen, dass wir den viel zu weiten Weg nach Italien fortsetzen werden, sondern, dass wir eben dort mit der libyschen Küstenwache kooperieren werden", so der Identitäre.
Identitäre wollen Flüchtlinge zurück nach Libyen bringen
Die libysche Küstenwache soll dann die Flüchtlinge, die die Rechtsextremisten zuvor an Bord genommen hatten, übernehmen und zurück nach Libyen bringen, so der Plan der Rechtsextremen. Was aber geschieht, wenn Flüchtlinge sich weigern auf ihr Schiff zu gehen, ist unklar - ebenso die Frage, ob die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache überhaupt klappt, zumal wenn internationale Gewässer erreicht wurden. Es gebe bislang nur einen losen Kontakt.
Eine Kooperation mit der Küstenwache in Libyen ist hochfragwürdig, kritisiert Verena Papke von der privaten Hilfsorganisation "SOS Mediterranee". "Das sind ominöse, bewaffnete Gruppen, die die Einsätze auch der zivilen Organisationen nachweislich in den letzten Wochen und Monaten gestört haben", warnt sie. "Sie bedrohen die Boote, sie schleppen die Menschen zurück, wo sie in Libyen wieder in den Kreislauf von Gewalt geraten."
Identitäre wollen Militäraufgaben erledigen
Zudem wollen die sechs Besatzungsmitglieder der "C-Star", dem Schiff der "Identitären Bewegung", gegen Schlepper im Mittelmeer vorgehen. Dies ist jedoch bereits offiziell Aufgabe der europäischen Militärmission Sophia, die dafür mit einer Schiffsflotte, Flugzeugen und Hubschraubern im Einsatz sind.
Die rechtsextremistische Gruppe hat angekündigt, Security-Mitarbeiter mit an Bord zu nehmen, die gegen die möglicherweise bewaffneten Menschenschlepper vorgehen sollen. Darüber hinaus will die rechte Gruppe Schiffe privater Hilfsorganisationen beobachten, erklärt Sprecher Fiß.
Die Rechtsextremen wollen seiner Aussage nach "Beweise sammeln, dass diese Organisationen mit den Schleppern an der afrikanischen Küste kooperieren - und dort illegale Aktivitäten ausgeführt werden, die wir dann dokumentieren und juristisch weiter verfolgen werden."
Für den Vorwurf, dass Hilfsorganisationen mit kriminellen Menschenschleppern kooperieren, gibt es bislang keinen Beweis. Besteht die Gefahr, dass Rechtsextreme und Seenotretter in den kommenden Wochen auf hoher See aneinander geraten?
NGOs wollen Arbeit fortführen
Verena Papke, Sprecherin von "SOS Mediterranee" sagt, ihre NGO wolle den Einsatz einfach fortführen. "Wir arbeiten Hand in Hand mit den italienischen Behörden, übernehmen unsere Verantwortung. Und wer uns da stören will, ja, der macht das anscheinend, aber bis jetzt ist nichts passiert, und wir verwenden auch nicht sonderlich viel Energie drauf."
Ein Schiff der NGO rettete erst vor wenigen Tagen über 800 Menschen aus dem Mittelmeer. Sorge vor den selbsternannten Rettern aus dem rechten Lager hat die junge Frau nicht. Sie bewegt gerade viel mehr, dass "Europa vor seinen Grenzen Menschen ertrinken lässt - ich glaube, darauf sollte man sich fokussieren."