Verklärung ist fehl am Platze

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Erstveröffentlicht: 
14.07.2017

Von Klaus Staeubert

 

Die Soziokulturzentren Conne Island und Werk 2 sind „ein unverzichtbares Angebot in einer lebendigen Stadtgesellschaft“ und „stehen allen Bürgern dieser Stadt offen“. Mit dieser Aussage hat sich Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke (Die Linke) klar hinter die beiden Häuser gestellt, die seit der Connewitz-Kritik von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nun plötzlich in einem Atemzug mit der Roten Flora in Hamburg genannt werden. Doch so rosarot ist die Welt nicht, wie Jennickes Einschätzung vermuten lässt. Verklärung darf keine kritische Auseinandersetzung ersetzen. Nur mal zur Erinnerung:


Da warb der Projekt Verein e.V., der das Conne Island betreibt, mit dem Slogan „Hitze statt Hetze“ für eine Anti-Nazi-Demo am 12. Dezember 2015. Wohlmeinende verbuchen derlei flotte Sprüche gern unter Politfolklore, so wie auch die vielen militanten Schriftzüge an Connewitzer Häuserwänden und Mauern, die dort kaum noch jemanden stören. Das Motto lässt zugegebenermaßen viel Interpretationsspielraum. Tatsächlich aber zog es unzählige nur auf Randale bedachte Chaoten an und eskalierte genau diese Demo zu einer der heftigsten Straßenschlachten mit der Polizei, die Leipzig je erlebte. 69 Beamte wurden verletzt. Ein Leipziger Polizist, der am vergangenen Wochenende beim G20-Gipfel dabei war, stellte diese Krawalle in Leipzig auf eine Stufe mit denen in Hamburg.

 

Regelmäßig finden im Conne Island „Offene Antifa treffen“ statt, das nächste am kommenden Dienstag. Ihr Selbstverständnis sehen die Veranstalter darin, „den Widerstand zu organisieren – nicht nur gegen Rassismus und Faschismus, sondern auch gegen Nationalismus, Sexismus, Homophobie und die kapitalistische Gesamtscheiße“. Widerstand gegen jenes demokratische System also, das das Conne Island mit kommunalen Fördergeldern von 186 000 Euro im Jahr überhaupt erst lebensfähig macht.

 

Wie offen die Türen dieser Häuser allen Leipzigern wirklich stehen, das zeigte sich auch im vergangenen November, als die Stadtverwaltung im Werk 2 (wird jährlich mit 370 000 Euro von der Kommune subventioniert) ein Bürgerforum ausrichten wollte. Der Betreiber des Kulturtreffs ließ die Veranstaltung aber nicht zu, weil ein AfD-Landtagsabgeordneter dabei sein sollte. Wer „Debatte statt Gewalt“ – so lautete übrigens das Thema der Podiumsdebatte – ablehnt, der muss sich am Ende nun wirklich nicht wundern, wenn öffentliche Fördergelder für solche Häuser infrage gestellt werden.


 

 

So läuft es mit dem Fördergeld

Die Vergabe von Fördermitteln an soziokulturelle Zentren erfolgt auf Basis der Zuwendungsrichtlinie der Stadt Leipzig und der Fachförderrichtlinie Kultur. In der Fachförderrichtlinie ist fixiert, welche Erwartungen die Stadt hat. Die soziokulturellen Zentren stellen wie andere freie Träger jeweils zum 30. September einen Antrag auf Förderung für das Folgejahr. Im Kulturamt werden die Anträge geprüft und ein Fördervorschlag erarbeitet, zu dem mit dem Fachausschuss Kultur Einvernehmen hergestellt wird.

 

Mit Beschluss des Stadtrates zum Haushalt gelten die Förderungen als bestätigt. Sie werden auf leipzig.de veröffentlicht. lvz


 

 

 

Soll die Stadt das Conne Island noch fördern?
Oberbürgermeister Burkhard Jung und Kulturdezernentin Skadi Jennicke wollen den Geldhahn nicht zudrehen
Von Björn Meine

Die wieder aufgeflammte Debatte um die linksextreme Szene in Leipzig wirft auch Fragen nach der Finanzierung auf. Die Stadt Leipzig fördert soziokulturelle Zentren – zum Beispiel auch das Conne Island, das zuletzt 2013 im Sächsischen Verfassungsschutzbericht aufgetaucht war. Wie soll es weitergehen? Und nach welchem Prinzip werden die Gelder eigentlich verteilt? Werden die Empfänger überprüft?


„Es darf nicht sein, dass unter dem Dach einer von der Stadt geförderten Einrichtung Gewalt auch nur im Ansatz legitimiert wird“, stellt Burkhard Jung klar (SPD). Das habe er so auch schon immer gesagt. „Kriminelle Zellen haben mit diesen Clubs aber weiß Gott nichts mehr zu tun“, ist sich der Stadtchef sicher. „Es gab mal eine Phase, in der der Verdacht nahelag, dass es dort ein Schutzumfeld gibt für diese autonomen Machenschaften“, erklärt Jung. „Aber das ist lange her.“

 

Für die Clubs sei keine Änderung bei der Vergabe von Fördergeld vorgesehen, sagt Leipzigs OBM. Es sei deutlich geregelt, dass die Mittel an soziokulturelle Arbeit gebunden sind.

 

Aber hätte die Stadt dem Conne Island nicht schon 2013 den Geldhahn zudrehen müssen, als die Einrichtung im Sächsischen Verfassungsschutzbericht aufgetaucht war? „Wir sind damals sofort aktiv geworden“, kontert der OBM. Es habe eine intensive Debatte über die Ausrichtung des Clubs gegeben. „Wir sind gut beraten, gerade im Conne Island, Einfluss auf die soziokulturelle Arbeit zu nehmen – im engen Dialog mit den Betreibern.“ Verwendungsnachweise für Fördermittel seien immer von der Stadt eingefordert und immer vom Conne Island erbracht worden. Eigene Versäumnisse sieht der Stadtchef in diesem Zusammenhang nicht.

 

„Im Verfassungsschutzbericht 2013 wurde eine künstlerisch gestaltete Werbung für eine Veranstaltung des Conne Island kritisiert, die als linksextrem eingestuft wurde“, ergänzt Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke (Die Linke). „Die Erwähnung wurde zum Anlass genommen, mit dem Verein ein Gespräch zu führen.“ Grundsätzlich informiere sich die Verwaltung über die Inhalte der Verfassungsschutzberichte. „Wir gehen den Bericht durch“, so Jung.

 

Weitergehende Prüfungen der Empfänger, etwa auf ihre Gesetzestreue, hält der OBM seitens der Stadt nicht für angezeigt. Das sei nicht Aufgabe der Kommune, sondern des Verfassungsschutzes. „Wir machen keine Gesinnungsschnüffelei.“ Wenn sich aber herausstelle, dass jemand Fördergeld missbrauche oder antidemokratische Grundhaltungen vorliegen, habe das Folgen. „Von jedem Verein wird im Zusammenhang mit dem Förderantrag die Satzung abgefordert und geprüft“, erläutert Bürgermeisterin Jennicke. Hinzu kämen regelmäßige Besuche vor Ort und Gespräche mit den Vertretern der Einrichtungen.

 

Aktuell würden bei keinem der soziokulturellen Zentren Gründe für einen Förder-Stopp vorliegen. Jennicke: „Sollte es einen Verstoß gegen die Regelungen der Förderrichtlinie oder im Ergebnis der Prüfung des Verwendungsnachweises Beanstandungen geben, können Fördermittel zurückgefordert werden.“

 

Wir sind gut beraten, Einfluss zu nehmen, gerade im Conne Island.

Burkhard Jung Oberbürgermeister