„Wir lehnen jede Form von Gewalt ab“

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Erstveröffentlicht: 
13.07.2017
Wie die Kulturszene auf de Maizières Vorstoß reagiert Von Andreas Debski Von Mark Daniel

 

Leipzig. Kinderlachen im Hinterhof. Das Ferienangebot der Kulturfabrik Werk 2 ist gestern Vormittag gut besucht. Etwa ein Dutzend Kinder gestalten Übertöpfe für Blumen. In dieser Woche wurden bereits Mosaike gebastelt und werden noch Körbe geflochten sowie Glas graviert. Drei Betreuerinnen kümmern sich um die Kinder und deren Eltern. Hier, im Schatten des Connewitzer Kreuzes im Leipziger Süden, versteht niemand die Verdächtigungen gegen das soziokulturelle Zentrum wie auch nicht gegen den Stadtteil.

 

Bundesinnenminister Thomas de Mazière (CDU) hatte nach den Hamburger Ausschreitungen von Schließungen bestimmter Einrichtungen auch in Connewitz gesprochen und Unterstützung von Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) erhalten. Lokale Politiker wie der sächsische AfD-Vize Siegbert Droese hatten die Streichung der Fördermittel für Jugend- und Kulturhäuser wie das Conne Island oder das Werk 2 gefordert – und ernten Unverständnis bei Kindern und Eltern.

 

Auch Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke (Linke) steht zu der städtischen Unterstützung: „Die soziokulturellen Zentren sind ein unverzichtbares Angebot in einer lebendigen Stadtgesellschaft. Sie sind eine Einladung zur kulturellen und sozialen Teilhabe und stehen allen Bürgern offen – diese Aufgaben erfüllen auch das Conne Island und Werk 2.“ Bisher seien keine Zusammenhänge zwischen Hamburg und diesen Einrichtungen bekannt. Sascha Lange, Historiker und Autor aus Leipzig, zieht einen Vergleich zum Fußball: „Das wäre, als würden Dynamo-Fans randalieren – und man fordert, Bayern München zu verbieten.“

 

Das Conne Island – und im Speziellen der dort tätige Rote Salon – hatte sich bereits im Vorfeld von linksextremistischen G-20-Protesten distanziert. Die Kapitalismuskritik müsse differenziert erfolgen und dürfe nicht in Gewalt münden, heißt es in einem Dossier, das in der Zeitung „Jungle World“ veröffentlicht wurde. Anschläge werden verurteilt: Aus solchen Aufrufen würden „neuerliche Feindbildkonstruktionen und ein politischer Aktionismus“ sprechen, „der die Bereitschaft zu Bürgerkrieg, Gewalt und Terror gegen Andersdenkende anruft“.

 

Die Leipziger AG Soziokultur, in deren Mitgliedshäusern täglich Konzerte, Theaterstücke und Jugendangebote stattfinden, meldet sich ebenfalls zu Wort. „Wir lehnen jede Form von Gewalt ab – und wir stehen in keinerlei Verbindung zu gewaltbereiten Netzwerken oder zu Gewalttätern“, macht die Vereinigung klar, zu der unter anderem weit über die Stadtgrenzen bekannte Kulturhäuser wie naTo und Frauenkultur gehören, genauso Werk 2 und Conne Island. Gleichzeitig wird angekündigt: „Gegen rufschädigende und verleumderische Behauptungen werden wir uns zukünftig mit den Mitteln unseres Rechtsstaates zur Wehr setzen.“

 

Für den in Connewitz ansässigen Sportverein Roter Stern Leipzig (RSL) sind „die Statements der beiden Innenminister als Wahlkampfposse einzuordnen“, erklärt RSL-Sprecher Conrad Lippert. Und weiter: „Es ist anmaßend, wenn engagierte Personen und Institutionen aus einem Stadtteil pauschal als gewaltbereit und linksextrem diskreditiert werden. Wir solidarisieren uns mit dem Conne Island wie auch mit dem Werk 2 und ihrer Arbeit der letzten Jahre.“ Gegen eine Kriminalisierung wenden sich insbesondere die 250 Ehrenamtlichen und 15 Mitarbeiter des Conne Island. Erst im vergangenen Jahr hatte der Präsident des sächsischen Verfassungsschutzes, Gordian Meyer-Plath, erklärt, dass das Jugend- und Kulturhaus nicht pauschal als linksextrem einzustufen sei – nur einzelne „Problemkader“, die hin und wieder zu Veranstaltungen kämen, würden „personenscharf“ beobachtet.