FR: Hessischen Ermittlern werden »nicht reparable« Fehler im Falle des VS-Beamten Temme vorgeworfen / Volker Bouffier stellt sich am Montag Fragen hessischen NSU-Untersuchungsausschusses
Frankfurt a.M./Wiesbaden. Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags kritisiert »in der lückenhaften Aktenvorlage des Landes Hessen eine erhebliche Beeinträchtigung« seiner Aufklärungsarbeit. Zudem hätten hessische Ermittler nach dem Mord an Halit Yozgat am 6. April 2006 in Kassel auch einen »nicht reparablen« Fehler im Umgang mit dem damals verdächtigen Verfassungsschutz-Beamten Andreas Temme gemacht, berichtet die »Frankfurter Rundschau«. Die Zeitung bezieht sich auf den Abschlussbericht des Gremiums, der ihr vorliegt.
Die schweren Vorwürfe des Bundestages dürften am heutigen Montag auch Thema im Hessischen Landtag werden. Dort stellt sich der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) den Fragen der Abgeordneten des NSU-Untersuchungsausschusses des Landtags. Er war 2006 Innenminister, als der damals 21-jährige türkischstämmige Kleinunternehmer Yozgat in Kassel in seinem Internetcafé von einem mutmaßlichen NSU-Täter erschossen wurde.
»Bis heute gibt es an neuralgischen Punkten keine Transparenz«, kritisierte Alexander Kienzle, der Anwalt der Familie Yozgat, die hessische Landesregierung in einem Gespräch mit der FR. Seine Mandaten erwarteten »schlichtweg gar nichts mehr« von der Aussage des Ministerpräsidenten. »Dafür waren die letzten elf Jahre zu frustrierend, zu sehr davon geprägt, dass man von staatlicher Seite immer nur minimale Aufklärung erwarten konnte«, sagte Kienzle der Zeitung. Transparenz werde nur dort hergestellt, wo sie einem selbst nicht schade. Jetzt müssten endlich die gesamten Aktenbestände offengelegt werden.
Yozgats Vater Ismail fordere nach wie vor, die Holländische Straße in Kassel nach seinem Sohn Halit zu benennen, sagte Kienzle. Ansonsten sei die Familie Yozgat seit Beginn des Verfahrens sehr zurückhaltend mit Forderungen an den Staat gewesen. Sie wolle kein Geld, fordere aber eine Aufklärung des Verbrechens. Der NSU-Mordserie fielen zwischen 2000 und 2006 mutmaßlich zehn Menschen zum Opfer. Die Aufarbeitung der Taten beschäftigt Justiz und Staatsorgane bis heute. Nebenklägern des Münchener Prozesses erscheint insbesondere die Rolle des Verfassungsschutzmitarbeiters Temme, der unmittelbar vor dem Mord im Café anwesend war, ungeklärt. Dieser gab an, weder einen Schuss gehört noch das Mordopfer beim Verlassen des Cafes gesehen zu haben. Untersuchungen eines Londoner Forschungslabors im Mai belasteten den Ex-Verfassungsschützer. Das Münchener Gericht stufte seine Aussagen bisher als glaubwürdig ein.