Protest in Ascheberg gegen Partnerschaft mit Bundeswehr-Bataillon

Kriegsgerät versenken!

In der Nacht von Montag (03.07.) auf Dienstag haben wir unseren Unmut über die öffentliche Feier der Patnerschaft zwischen der Gemeinde Ascheberg (Kreis Coesfeld, NRW) und dem Aufklärungsbataillon 7 der Bundeswehr großflächig an die Fassaden der Profilschule Ascheberg gesprüht. Diese war als Ort der Feier auserkoren worden und hatte sich nur zu gern dafür zur Verfügung gestellt. Wir wollen klarstellen, dass nicht alle Schäfchen der Gemeinde bereit sind, das Abfeiern des deutschen Militärs stillschweigend hinzunehmen.

Militarismus ist in Deutschland wieder auf dem Vormarsch. Während dieser Staat und seine Vertreter endlich wieder deutsche Streitkräfte in andere Länder schicken möchten, ohne dabei schief angeschaut zu werden und sich als Player in der Außenpolitik mit weniger dipolmatischen Mitteln etabliert sehen wollen, stehen sie vor einem ärgerlichen Problem: dem deutschen Militär fehlen seit der Aussetzung der Wehrpflicht die Freiwilligen. Über Konsequenzen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, denen zufolge von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen solle, wurde sich bereits in den 90ern hinweggesetzt und inzwischen ist man in Deutschland auch überzeugt, langsam mal genug der Verbrechen zweier Weltkriege gedacht zu haben. Wir seien schließlich wieder wer und entsprechend wollen wir auch wieder Krieg führen dürfen, ohne dass uns jemand 'reinredet. Blöd nur, dass dafür bislang das Personal fehlt.
Seit Jahren bemühen sich Bundeswehr und Bundespolitik daher, dem gemeinen Bürger die Aussicht auf ein frühzeitiges Ableben im Ausland so schmackhaft wie möglich zu verpacken. Mal wird versucht, die Verlierer im täglichen Hauen und Stechen der Verwertungslogik im neoliberalen Deutschland mit tollen Ausbildungsmöglichkeiten zu locken, mal werden große Medienkampagnen gestartet. Vom actiongeladenen Werbeclip bis hin zur YouTube-Videoreihe oder zum Offiziers-Besuch im Klassenzimmer, auf Jobmessen oder Ähnlichem wird versucht, die Botschaft zu verkaufen: es geht nicht darum, dass du Deutschlands Kriege führen und im Zweifel auch dein Leben dafür geben sollst, nein, es geht darum, dass du einen tollen Job hast - fremde Länder sehen, echte Kameradschaft erfahren, Kohle verdienen, Jobperspektiven erschließen, Frieden sichern und so weiter. Die Phrasen sind bekannt.
Zentraler Bestandteil dieser Strategie ist neben dem Aufpolieren des Images der Bundeswehr als Arbeitgeber allerdings auch die Normalisierung ihrer Anwesehenheit im Alltag. Militarismus baut darauf auf, dass Militär und die damit verbundenen Werte dauerhaft präsent sind. Militärparaden mögen uns unmodern erscheinen, stattdessen lächeln Soldaten auf YouTube in die Kamera. Bundesweit hängen Werbeplakate für eine Bundeswehrkarriere mit Slogans, die im Kopf bleiben sollen. Das ist der Stand der Dinge in den Städten dieser Republik. Das ist auch den meisten Gegnern der Bundeswehr bekannt. Hier, in den konservativ geprägten Winkeln des Münsterlands, sieht die Lage aber anders aus. Im Gegensatz zu den größeren Städten ist militärische Tradition auf dem Land häufig vollkommen ungebrochen. Schützenvereine sind hier keine Clubs, in denen einige Verstrahlte ihrem komischen Hobby fröhnen, sondern anerkannte Institutionen in der Stadtgesellschaft. Der Volkstrauertag ist hier keine Randnotiz sondern mindestens auf Augenhöhe mit Gedenktagen wie dem 9. November oder dem 27. Januar oder sogar noch präsenter. Denkmäler für unsere gefallenen Helden der beiden Weltkriege sowieso.
In genau diese Kerbe schlägt auch die Patnerschaft der Gemeinde Ascheberg mit dem Aufklärungsbataillon 7 der Bundeswehr in Ahlen. Der Nachfolgeinstitution der Wehrmacht soll ein Platz im alltäglichen Leben eingeräumt werden, der seinesgleichen sucht: Teilnahme der Bundeswehr am Volkstrauertag, Biwak-Feiern, die Teilnahme an Fußballturnieren, öffentliche Gelöbnisfeiern und Besuche von Vereinen und Schulen bei der Bundeswehr. Richtig, während andernorts vielleicht mal ein Jugendoffizier vor einer Schulklasse sprechen darf, sollen die Ascheberger Schulen gleich selbst zur Bundeswehr kommen. Bereits die Feierlichkeiten zur Besiegelung dieses Paktes fanden auf einem Schulhof statt inklusive Kriegsspielzeug-Show. Natürlich mit von der Partie: die Schützenvereine, die ebenfalls Veranstaltungen in Kooperation mit der Bundeswehr umsetzen sollen. Bei dem öffentlichen Festakt sollten dann auch der normale Bürger mit dem Soldaten zwanglos ins Gespräch kommen. Eine bessere Werbeplattform kann eine Gemeinde wie Ascheberg der Bundeswehr kaum bieten. Selbstverständlich gibt es auch hier die Stimmen, die sich dagegen aussprechen. Aber in der Suppe der Dorfgemeinschaft wird eben versucht, nicht das störende Haar zu sein. Ganz abgesehen davon, dass natürlich auch ein großer Teil hinter dem Vorhaben oder diesem gleichgültig gegenüber steht. Das zeigt sich exemplarisch daran, dass sich im Gemeinderat einstimmig für die Partnerschaft ausgesprochen wurde. 
Entsprechend leise sind diese Stimmen derer, die immernoch der Meinung sind, dass in Deutschland das Militär eben nichts im Alltag zu suchen hat. Das wollen wir ändern. Uns geht es darum, unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass Militarismus ein Problem darstellt. Dass die Bagatellisierung von Krieg nichts ist, womit wir uns einfach abfinden. Aus der Geschichte Deutschlands kann für uns nur die Konsequenz folgen, dass das Sterben für's Vaterland nichts ist, was im öffentlichen Raum beworben werden sollte - auch dann nicht, wenn es ja vermeintlich nur um einen sicheren Arbeitsplatz gehe.