Sachsens Grüne verlangen Aufklärung zu Abhöraktion gegen Journalisten

Erstveröffentlicht: 
29.06.2017

Die Grünen fordern Aufklärung über eine Abhöraktion, von der auch Journalisten betroffen waren. Nach Recherchen des NDR-Medienmagazins ZAPP sind Gespräche von mindestens drei Kollegen bei einem Ermittlungsverfahren abgehört und jahrelang gespeichert worden.

 

Leipzig/Dresden. LVZ.de hatte im November vergangenen Jahres erstmals über die Schnüffeleien der Generalstaatsanwaltschaft Sachsen berichtet. Demnach sind die Telefone von 14 als verdächtig geltenden Personen aus dem Umfeld des Leipziger Fußball-Oberligisten BSG Chemie Leipzig wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung angezapft worden. Dabei wurden die Gespräche, SMS und andere Mitteilungen aufgezeichnet und ausgewertet. Zusammen mit den Gesprächspartnern der überwachten Personen waren am Ende 240 Menschen betroffen. 56.000 sogenannte Verkehrsdatensätze fanden Eingang in die Akten.

 

Laut ZAPP seien auf diesem Weg auch Gespräche mit Journalisten abgehört und aufgezeichnet worden. In mindestens einem Fall sei der Inhalt eines Telefonates mit einem Journalisten bis heute gespeichert, in den anderen Fällen wurden die Daten erst kurz vor Ende der Ermittlungen im September 2016 gelöscht.

 

Die Generalstaatsanwaltschaft kündigte am Donnerstag an, der Sache nachgehen zu wollen. Dies werde wegen des Umfanges der Akten einige Zeit in Anspruch nehmen, hieß es. Grünen-Politiker Valentin Lippmann bezweifelte, ob Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) in dieser Sache bisher die ganze Wahrheit sagte. Ihm sei bisher auf Nachfragen versichert worden, dass die Daten unverzüglich gelöscht wurden. Dass sich Aufzeichnungen bis heute in den Akten befänden, sei ein Skandal.

 

Das NDR-Magazin hatte am Mittwoch den Rechtswissenschaftler Christoph Gusy zu Wort kommen lassen. „Diese Eingriffe in das Post- und Fernmeldegeheimnis sind schwerwiegend und deshalb nur für begrenzte Zeit und in begrenztem Umfang zulässig. Das Gesetz begrenzt dies ausdrücklich“, erklärte der Professor aus Bielefeld, der in den 1990er Jahren auch an der Martin-Luther-Universität in Halle tätig war.

 

Das Büro des sächsischen Datenschutzbeauftragten stellte auf Anfrage klar, in welch unterschiedlichem Maße einzelnen Berufsgruppen vor einer Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) geschützt sind. Nach der Strafprozessordnung sei das gegen Geistliche, Verteidiger und Abgeordnete unzulässig. Dennoch gefertigte Aufzeichnungen müssten unverzüglich gelöscht werden. Für andere Berufsgeheimnisträger gelte dieser absolute Schutz aber nicht, sondern nur eine abgeschwächte Variante. TKÜ-Aufzeichnungen mit Journalisten, Ärzten oder Steuerberatern seien nach dem Gesetz nicht unverzüglich zu löschen, könnten unter Umständen sogar verwertet werden, hieß es.