Bundespolizisten hatten Zeugenaussagen im Fall Sethi abgesprochen. Straf- oder dienstrechtliche Konsequenzen gibt es aber nicht.
Für Kanwal Sethi war der 1. Februar 2017 ein guter Tag. Da entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig nach fast drei Jahren zu seinen Gunsten. Der Leipziger Filmregisseur sei am 31. März 2014 zu Unrecht von zwei Bundespolizisten am Erfurter Hauptbahnhof kontrolliert worden. Die Behauptung der Beamten, Sethi habe sich wie ein Taschendieb verhalten und sei ihnen deshalb aufgefallen, konnten sie im Laufe des Verfahrens nicht glaubhaft untermauern.
Öffentlich wurde stattdessen, dass die betroffenen Beamten sich bezüglich ihrer Stellungnahmen abgesprochen hatten – und „zur Vorbereitung der Zeugenaussage“ sogar zur zuständigen Bundespolizeidirektion nach Pirna zitiert worden waren. Abgesprochene Zeugenaussagen seien keine Beweismittel mehr, entschied die entsetzte Dresdener Richterin.
Die Bundestagsfraktion der Linken nahm diesen Vorfall zum Anlass, eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zu stellen. Die Antworten sind substanzlos und inhaltsleer. Die Antwort auf die Frage, wie im konkreten Fall mit dem Verdacht der Zeugenabsprache im Bundespolizeipräsidium umgegangen wurde, lautet: „Die Sachlage wurde im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht bewertet.“
Als die Bundestagsabgeordnete Martina Renner wissen will, was das genau bedeutet, erhält sie den Hinweis, dass sich aus der Auswertung der Stellungnahme des Justiziars der Bundespolizeidirektion Pirna „keine rechtswidrige Zeugenabsprache“ ableiten ließ. Die Dienststelle sei „ungeachtet dessen“ noch einmal „über Umfang und Inhalt von Belehrungen sensibilisiert“ worden.
Ähnlich lesen sich auch die Antworten auf die Fragen 7 bis 9, in wie vielen Fällen in den Jahren 2015 und 2016 straf- und dienstrechtliche Verfahren gegen Mitarbeiter*innen der Bundespolizei wegen vergleichbarer Vorwürfe geführt wurden; Antwort: keine.
Sethis Anwalt Sven Adam, der sich auf Racial-Profiling-Verfahren spezialisiert hat, ist über die Antworten auf die Anfrage enttäuscht: „Relevant ist einzig die Erkenntnis, dass auch die beiden Beamten, die in dem Fall in Dresden die besagten Absprachen getroffen haben, kein Disziplinarverfahren bekommen haben“.