Mit einem Nutzungsverbot will der Landrat des Schwalm-Eder-Kreises, Winfried Becker (SPD), Neonazi-Treffen in Schwarzenborn einen Riegel vorschieben. Das Haus Richberg war einst als "Reichshof" des verstorbenen Altnazis Manfred Roeder berüchtigt.
Im Haus Richberg in Schwarzenborn finden offenbar seit einiger Zeit regelmäßig Treffen von Rechtsextremisten statt, die dort auch Vorträge halten. Der Landrat des Schwalm-Eder-Kreises, Winfried Becker (SPD), will solche Treffen und die Nutzung des Gebäudes zu diesen Zwecken nun verbieten.
Becker kündigte im Magazin "defacto" des hr-fernsehens an, ein Nutzungsverbot des Hauses für gewerbliche Zwecke auszusprechen. Er habe Belege, dass das Anwesen keine reine Wohnadresse mehr ist, sagte der Landrat. "Insofern nutzen wir alle rechtsstaatlichen Möglichkeiten aus, um hier Nutzungen, die nicht der Genehmigung entsprechen, zu unterbinden."
Der "Reichshof" des Hess-Anwalts
Das Haus war früher im Besitz des 2014 verstorbenen Rechtsextremisten Manfred Roeder. Roeder hatte einst den Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess anwaltlich vertreten und saß später selbst mehrere Jahre im Gefängnis - unter anderem wegen Volksverhetzung und Beteiligung an einem Brandanschlag auf eine Hamburger Asylunterkunft mit zwei Toten.
Roeder selbst nannte das Gebäude "Reichshof". Der kriminelle Altnazi hielt dort regelmäßig Veranstaltungen ab. Jahrelang war es still um den Neonazi-Treff. Inzwischen wurde das Haus von der Tochter der Britin Michèle Renouf erworben. Die 71 Jahre alte Renouf gilt als überzeugte Holocaust-Leugnerin.
Ex-Model und Holocaust-Leugnerin
Seit Beginn dieses Jahres sind dort wieder Aktivitäten zu beobachten. Das Landesamt für Verfassungsschutz teilte "defacto" mit, man registriere eine "deutliche Zunahme dortiger Veranstaltungen mit rechtsextremistischen Teilnehmern".
Erst Mitte Mai fand dort nach hr-Recherchen eine Wochenendtagung statt mit Vorträgen über den russischen Gulag und die SS-Division Nordland. Organisiert wurde die Veranstaltung als "Knüllforum" von Meinolf Schönborn, einem bekannten Neonazi aus Niedersachsen. Schönborn hatte die Veranstaltung im Nazi-Internet-Portal "Recht und Wahrheit" beworben. Das Angebot für Teilnehmer: zwei Tage für 60 Euro inklusive Verpflegung.
Hausherrin Renouf spielt diese Treffen herunter. Das Ex-Model sprach auf hr-Nachfrage von privaten Gesprächsabenden für Geschichtsinteressierte.
Die Polizei sieht keine Handhabe, gegen die Treffen vorzugehen. Da die Veranstaltungen auf Privatgelände stattfänden und keine Außenwirkung hätten, seien der Polizei die Hände gebunden, erklärte ein Sprecher.
Renouf soll sich schriftlich äußern
Schwalm-Eder-Landrat Becker hat Renouf eine schriftliche Anhörung zugeschickt. Die Britin hat nun einige Tage Zeit, sich zu äußern. Nach Informationen von "defacto" hat sie es bislang nicht getan.