Linksextreme waren in Clausnitz aktiv

Erstveröffentlicht: 
19.05.2017

Die Flüchtlingsbusblockade nimmt kaum Raum im aktuellen Verfassungsschutzbericht ein. Dafür weckt ein Offener Brief das Interesse der Sicherheitsbehörden.

 

Von Kai Kollenberg

 

Clausnitz/Freiberg. Das Dorf Clausnitz wurde 2016 zu einem Bild für die ausländerfeindliche Stimmung in Sachsen. Im aktuellen Verfassungsschutzbericht nimmt die Flüchtlingsbusblockade vom Februar 2016 aber keinen großen Raum ein. Stattdessen befasst sich der Bericht mit den Tagen danach. Die "Freie Presse" stellt die wichtigsten Erkenntnisse des Berichts vor.

 

Aktivitäten in Clausnitz: Der Verfassungsschutz erwähnt Clausnitz in seinen Berichten nur im Zusammenhang mit linksextremen Aktivitäten. Als Beispiel dafür gilt der "Offene Brief an Clausnitz", der online veröffentlicht wurde. Nach der Busblockade drohten Unbekannte den Dorfbewohnern: "Falls ihr noch einer einzigen geflüchteten Person Angst macht, wird das Konsequenzen für euch haben." Auch an der Kundgebung, die der Grünen-Landeschef Jürgen Kasek am 20. Januar in Clausnitz organisierte, sollen sich Radikale nach Einschätzung der Verfassungsschützer beteiligt haben. Die Aktivitäten der linksextremen Szene in Mittelsachsen hätten sich generell aber verringert.

 

Größe der Szenen: Im Landkreis umfasst die rechtsextreme Szene 200 bis 250 Personen. Das Potenzial liegt damit nicht höher als im angrenzenden Landkreis Zwickau und im Erzgebirgskreis. Sieben bis neun Personen pro 10.000 Einwohner werden dieser Szene zugerechnet. Das linksextreme Potenzial ist kleiner: Auf 50 bis 100 Personen beziffern es die Verfassungsschützer. Das ergibt einen statistischen Wert von weniger als zwei Personen pro 10.000 Einwohnern.

 

Vorkommnisse und Straftaten: Rund neun Prozent aller rechtsextremistischen Straftaten in Sachsen wurden 2016 in Mittelsachsen verübt (156 von 1710 Delikten). Bei den Gewalttaten ist der Prozentsatz geringer. Im Landkreis wurden 10 der landesweit 145 Taten verübt. Sie richteten sich insbesondere gegen Asylbewerber. Der Verfassungsschutz nennt sie in seinem Bericht: Beispielsweise wurde am 8. März der Besitz eines Asylbewerbers im Keller eines Döbelner Wohnhauses in Brand gesetzt. Der Mann wollte in das Haus einziehen. Die Linksextremen verüben laut dem Bericht weniger Straftaten. Im vergangenen Jahr waren es 24 von 578, das entspricht einem Anteil von rund 4 Prozent. Zwei von 102 Gewalttaten wurden in Mittelsachsen registriert.

 

Der Dritte Weg: Seit kurzer Zeit versuchen sich rechtsextremistische Kräfte, auch in der Region in einer neuen Partei zu sammeln. Sie nennt sich "Der Dritte Weg". Der mittelsächsische Ableger ist erst knapp zwei Jahre alt. Der sogenannte Stützpunkt "Mittelsachsen/Erzgebirge" wurde im Dezember 2015 gegründet. Vor allem in den Monaten der Flüchtlingskrise versuchte die neonazistische Partei, über Demonstrationen Anhänger für sich zu gewinnen, konstatieren die Verfassungsschützer. In Oederan meldete sie eine Demonstration im Januar 2016 an, zwei im Verlauf des Jahres folgten in Frankenberg. Der Zuspruch ist aber laut der Statistik stark zurückgegangen. Während die Oederaner Demonstration circa 120 Teilnehmer hatte, waren es im September in Frankenberg noch knapp 15. Der Verfassungsschutz erwartet aber, dass "Der Dritte Weg" in Sachsen weiter Aktionen durchführt.

 

NPD und JN: Die NPD ist nach wie vor im Landkreis aktiv. Es ist aber ihre Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN), die auf sich aufmerksam macht. Dennoch sind die Mitgliederzahlen bei der JN in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Genaue Zahlen nennt der Verfassungsschutz nicht. Er konstatiert nur, dass dadurch die Aktionen der JN abgenommen haben. Unter anderem verteilten sie 2016 in Döbeln und Rochlitz am 1. Juni eine JN-Schülerzeitung. Die Ausgaben seien von den Verantwortlichen der Bildungseinrichtungen umgehend wieder entfernt worden, heißt es.

 

Rechtsextreme Musikgruppen: Ins Auge der Verfassungsschützer sind unter anderem zwei rechtsextreme Bands gefallen: Zum einen ist das "Sachsenblut" aus Freiberg, zum anderen "Heiliges Reich" aus dem Raum Chemnitz/Flöha. Beide Bands werden mit jeweils einem Auftritt im jüngsten Verfassungsschutzbericht erwähnt.