Machtprobe - Petry will scharfen AfD-Rechtsausleger aus Partei ausschließen

Erstveröffentlicht: 
18.05.2017

Er pries die NPD und soll sogar für Massenmörder Anders Breivik Verständnis haben: Jens Maier ist AfD-Mann vom rechten Parteirand. Frauke Petry will ihn aus der Partei werfen - ein riskanter Schritt.

 

In den nächsten Tagen wird Frauke Petry ihr fünftes Baby bekommen. Aber die werdende Mutter gönnt sich auch auf den letzten Metern keine Pause im internen Machtkampf der AfD: Nach SPIEGEL-Informationen hat die Bundessprecherin, die auch den sächsischen Landesverband führt, gemeinsam mit ihrem dortigen Generalsekretär ein Parteiausschlussverfahren gegen den Bundestagskandidaten Jens Maier eingereicht, einen der schärfsten Rechtsausleger der AfD. Darüber soll Petry ihre Landesvorstandskollegen in der Nacht auf Mittwoch per Mail informiert haben.

 

Inhaltlich spricht viel dafür, hart gegen Maier durchzugreifen, dessen Auftritte auch für AfD-Verhältnisse krass sind. Ende Januar trat der Richter aus Dresden gemeinsam mit Björn Höcke auf. Noch vor dessen Rede über das "Mahnmal der Schande" schwadronierte Maier über die drohende "Herstellung von Mischvölkern, um die nationalen Identitäten auszulöschen", und erklärte im Jargon der NPD "diesen Schuldkult für endgültig beendet". Überhaupt sei die NPD "die einzige Partei" gewesen, "die immer geschlossen zu Deutschland gestanden hat".

 

Dieser Auftritt hatte Petrys Landesvorstand schon genügt, um ein Parteiausschlussverfahren gegen Maier zu beschließen, der pikanterweise selbst Landesschiedsrichter der AfD in Sachsen ist. Doch auf einem Parteitag stoppte die Parteibasis das Vorhaben und wählte Maier auf Platz zwei der AfD-Bundestagsliste.

 

Vorstoß ohne Rücksprache


Nun hat Petry den Beschluss wieder aus der Schublade geholt, und das AfD-Bundesschiedsgericht angerufen - offenbar ohne Rücksprache mit ihren Vorstandskollegen.

 

Anlass ist ein weiterer unsäglicher Auftritt Maiers: Auf einer Veranstaltung des rechten Hetzblattes "Compact" Ende April zeigte der AfD-Mann offenbar Verständnis für die Untaten des norwegischen Terroristen Anders Breivik: "Breivik ist aus Verzweiflung heraus zum Massenmörder geworden." Der Multikulturalismus in Europa und die Masseneinwanderung vieler "Kulturfremder" - "ist das nicht alles zum Wahnsinnigwerden?", zitierte die SPD-Zeitung "Vorwärts" Maier.

 

Der bestritt zwar die Äußerungen, aber ein Zuschauer des Abends, der namentlich nicht genannt werden will, bestätigte dem SPIEGEL die Schilderung. Bezeichnenderweise hält auch das "Compact"-Magazin das Video der Veranstaltung bis heute unter Verschluss.

 

Carsten Hütter, Mitglied des AfD-Landesvorstands, sagte damals: "Sollten diese Zitate stimmen, müssen wir Konsequenzen ziehen. Dann wäre der Parteiausschluss die einzig richtige Reaktion." Doch so sehen es offenbar nicht alle in der sächsischen AfD-Spitze. "Nach wie vor ist die Faktenlage sehr dünn", sagt Landesvorstand Siegbert Droese. Allein auf die Schilderung eines SPD-Magazins könne man keinen Parteiausschluss Maiers stützen. "Und es gilt immer noch die Meinungsfreiheit."

 

Riskanter Alleingang


Für Parteichefin Petry ist der Alleingang gegen Maier riskant: In ihrem sächsischen Verband gibt es traditionell viel Verständnis für die "Meinungsfreiheit" von Parteifreunden wie Maier und Höcke. Erst am 8. Mai hielten AfD-Mitglieder in Dresden eine Veranstaltung gemeinsam mit der Pegida-Bewegung ab, was Parteichefin Petry immer kategorisch abgelehnt hatte.

 

Gefahr droht Petry aber auch in ihrem Bundestagswahlkreis: Am 10. Juni findet hier im Osterzgebirge ein AfD-Kreisparteitag statt. Die Basis dort gilt als besonders Höcke-freundlich. Nicht auszuschließen, dass die AfD-Rebellen vor Ort den Ärger über die Personalie Maier für sich nutzen wollen. Sie könnten versuchen, Petry als Bundestags-Direktkandidatin abzusetzen.