Die Gründergeneration des Militärischen Abwehrdienstes stammte überwiegend aus Wehrmacht, SS und Gestapo.
Lange Zeit hatte sich der Militärische Abwehrdienst (MAD) gegen Nachfragen zu seiner eigenen Geschichte gewehrt. Erst seit 2015 lässt der 1956 unter der Bezeichnung Amt für die Sicherheit der Bundeswehr gegründete Dienst seine Vergangenheit aufarbeiten, allerdings nicht – wie es Verfassungsschutz und BND taten – von unabhängigen Historikern. Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam hat das Projekt übernommen.
Wenn das Ergebnis vorliegt, wird sich wohl auch der kleinste deutsche Nachrichtendienst der Diskussion stellen müssen, wie sehr seine braunen Wurzeln Menschen- und Feindbild in seiner Arbeit einseitig geprägt haben könnten. Stammt doch der überwiegende Anteil der Gründergeneration – wie auch bei der Bundeswehr – aus der Wehrmacht, aber auch vom NS-Geheimdienst SD, von SS und Gestapo. Viele dieser „Männer der ersten Stunde“ hatten zudem in der 1946 entstandenen Organisation Gehlen (OG), der Vorläuferorganisation des BND, nachrichtendienstliche Erfahrungen sammeln können.
Das fängt mit dem ersten MAD-Chef an: Gerhard Wessel war im Zweiten Weltkrieg als Oberstleutnant „Gruppenleiter I (Feindlage Sowjetunion)“ in der Abteilung „Fremde Heere Ost“ (FHO) im Generalstab des Heeres eingesetzt. Sein Chef war damals schon Reinhard Gehlen, der ihn nach Kriegsende in die OG holte und den Wessel ab 1968 als BND-Präsident beerbte.
Auch Wessels Nachfolger an der MAD-Spitze waren ehemals hohe Wehrmachtsoffiziere: Brigadegeneral Josef Selmair, der dem Dienst von 1957 bis 1964 vorstand, diente ebenfalls in Gehlens FHO; Brigadegeneral Heinrich Seeliger (MAD-Chef von 1964 bis 1967) war im Krieg als Oberstleutnant im Generalstab beim Oberkommando der Luftwaffe eingesetzt; sein Nachfolger Armin Eck (1967 bis 1972) war Major im Generalstab der Wehrmacht. Hinzu kamen mindestens sechs weitere ehemals hochrangige Wehrmachtsoffiziere, die jahrelang als Abteilungsleiter im operativen Dienst oder in der MAD-Schule tätig waren.
Eine politische Karriere machte nach dem Ende seiner militärischen Laufbahn Günter Poser, Ex-U-Boot-Kommandant. Zwischen 1964 und 1969 war er im Bundesverteidigungsministerium als Verwaltungsobmann des MAD eingesetzt. 1973 ließ sich der inzwischen zum Konteradmiral beförderte Poser aus Protest gegen Willy Brandts Ostpolitik in den Ruhestand versetzen. 1986 gründete er die Deutschland-Partei, die im Kern aus ehemaligen Bundeswehr-Offizieren bestand und sich ein Jahr später den rechtsextremen „Republikanern“ anschloss. Ein Jahr lang bekleidete Poser von 1987 an den Posten des stellvertretenden Rep-Bundesvorsitzenden. Dann zog er sich, 72-jährig, aus der Politik zurück, veröffentlichte aber noch in verschiedenen rechtsextremen Publikationen.
Welchen Einfluss die braune Gründergeneration des MAD auf die politische Ausrichtung und Arbeit des Dienstes hatte, ist bislang wissenschaftlich nicht untersucht worden. Allerdings wurde in einigen früheren Publikationen darauf verwiesen, dass der Dienst zumindest während des Kalten Krieges seinen Fokus vor allem auf als politisch links eingestufte Angehörige der Truppe richtete. Spätestens seit der deutschen Vereinigung hat sich das aber verändert; nicht zuletzt die Aufarbeitung des NSU-Komplexes, bei der es auch um die Rolle des MAD ging, hat deutlich gemacht, dass der Dienst längst auch rechtsextreme Einstellungen von Soldaten sehr genau in den Blick nimmt.
Der Militärgeheimdienst MAD hatte den mutmaßlichen Komplizen von Franco A., Maximilian T., bereits 2015 im Visier. Demnach soll dieser versucht haben, einen Kameraden für Aktionen gegen Ausländer anzuwerben. Die Ermittlungen verliefen aber im Sand. „Beide waren im Visier, beide waren aufgefallen, bei beiden hat man sich abwiegeln lassen“, kritisierte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold. Das Magazin „Stern“ berichtet in seiner am Donnerstag erscheinenden Ausgabe, dass es bei der Sicherheitsüberprüfung von Franco A. offenbar zu einer Panne gekommen sei. Demnach wurde eine bereits vor über einem Jahr beantragte erneute Sicherheitsüberprüfung des Soldaten durch den MAD nie ordnungsgemäß abgeschlossen. Der MAD gilt seit Längerem als personell unterbesetzt. Laut dem Bericht des Wehrbeauftragten waren 2016 insgesamt 22 Prozent der Stellen des Geheimdienstes unbesetzt.
SPD-Politiker Arnold warf dem MAD Versagen vor. „Dass der MAD bei rechtsextremen Vorgängen die Akten schließt, statt Leuten auf die Finger zu schauen, ist ein grober Fehler“, sagte Arnold der Deutschen Presse-Agentur. Die Behörde sei durch Reformen so sehr ausgedünnt worden, dass sie ihre Aufgaben nicht mehr wahrnehmen könne.