AfD-Spitzenkandidat: Warum Marcus Pretzell kein Rechtsanwalt mehr ist

Erstveröffentlicht: 
11.05.2017

Düsseldorf. Dass der AfD-Spitzenkandidat für den NRW-Landtag, Marcus Pretzell, nicht mehr als Rechtsanwalt arbeiten kann, ist schon länger bekannt. Freiwillig gab er seine Zulassung jedoch offenbar nicht ab.

 

Von Julia Rathcke

 

Die Rechtsanwaltskammer Hamm hatte ihn bereits im September 2015 aus ihrem Verzeichnis gelöscht und es in der Branchenzeitschrift "Kammerreport" bekanntgegeben. Jurist Pretzell betonte bislang, er habe von sich aus seine Zulassung verzichtet, um sich ganz der Politik zu widmen.

 

Üblich ist, die Zulassung ruhen zu lassen. Pretzell aber gab sie gänzlich ab – und tat dies offenbar nicht ganz freiwillig. Vielmehr kam er damit der Kammer zuvor, die bereits ein Verfahren eingeleitet hatte, um die Zulassung wegen eines vermuteten Vermögensverfalls zu widerrufen.

 

Marcus Pretzell war drei Mal von Gläubigern aufgefordert worden, Auskunft über seine Vermögensverhältnisse, sogenannte "Offenbarungseide", zu geben: am 26. November 2014, am 7. Januar 2015 und am 3. Juli 2015. Ein Auszug des Schuldnerregisters aus der Zeit liegt unserer Redaktion vor; mittlerweile sind die Einträge gelöscht.

 

Nach Angaben der Rechtsanwaltskammer Hamm, die aufgrund einer Klage unserer Redaktion nach dem Pressegesetz gerichtlich zur Auskunft verpflichtet wurde, verhielt es sich so: Am 10. Februar 2015, also nach dem zweiten nicht geleisteten "Offenbarungseid"´, informierte der Direktor des Amtsgerichts Hagen die Anwaltskammer Hamm über die Einträge des Anwalts Pretzell im Schuldnerverzeichnis.

 

Die Kammer ist nach der Bundesrechtsanwaltsordnung gehalten, bei schuldnerregisterlichen Eintragungen einem möglichen Vermögensverfall nachzugehen. Die Kammer leitete nach eigenen Angaben am 20. Februar dann "Maßnahmen wegen eines möglichen Widerrufs der Zulassung" ein. Sie forderte Pretzell schriftlich auf, über seine Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben. "Er reagierte hierauf nicht", heißt es von der Kammer. Und: "Bevor Maßnahmen wirksam werden konnten, verzichtete Herr Pretzell mit einem Schreiben am 2. Juli 2015 auf die Rechte aus der Zulassung."

 

Marcus Pretzell bleibt bei seiner Version. Über seinen Anwalt lässt er mitteilen, dass die Rückgabe seiner Zulassung nicht im Zusammenhang mit Einträgen im Vollstreckungsregister stünde und er auch nicht der Kammer wegen Vermögensverfalls habe zuvorkommen wollen. Im Gegenteil: Er sei "zu keinem Zeitpunkt zahlungsunfähig, überschuldet oder zahlungsunwillig gewesen", behauptet er. Einziger Hintergrund sei, dass er aufgrund der Trennung von seiner Frau sämtliche Briefe nicht erhalten habe. Nach Kenntnis der Vollstreckungsmaßnahmen habe er sofort gezahlt.

 

Die Einträge im Schuldnerregister existierten im Oktober 2015 allerdings noch. Und spätestens im Januar 2015 muss auch Pretzell schon von dem Pfändungsversuch gewusst haben, denn dann wusste es auch der Landesvorstand: als das Parteikonto der NRW-AfD gepfändet wurde.