Die Reichsbürger-Szene und die rechtsextreme "Identitäre Bewegung" (IB) in Berlin wachsen weiter. Beide Gruppen erkennen Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik nicht an, unterscheiden sich aber in ihrem Verhalten gegenüber den Behörden.
Nach Einschätzung der Berliner Sicherheitsbehörden leben in der Hauptstadt rund 400 sogenannte "Reichsbürger". Etwa 100 von ihnen seien als rechtsextremistisch einzustufen, teilte die Innenverwaltung am Donnerstag mit. In der letzten Zeit sei die Reichsbürger-Szene gewachsen und ihre Beobachtung ausgeweitet worden, hieß es. Auch die rechtsextreme "Identitäre Bewegung" (IB) habe zuletzt “leichten Zulauf“. Ihre Mitgliederzahl liege derzeit "im mittleren zweistelligen Bereich".
Besondere Belastung der Verwaltung durch “Reichsbürger“
"Reichsbürger" gehen davon aus, dass das
Deutsche Reich fortbesteht, sie erkennen die Bundesrepublik mit
Grundgesetz, Behörden und Gerichten nicht an. Im Ergebnis kommt es in
den Bezirksämtern immer wieder zu Schwierigkeiten. "Besondere
Belastungen" ergeben sich demnach etwa durch intensive Schriftwechsel,
die Androhung von Schadensersatzklagen, die Zerstörung oder Rückgabe von
Ausweisdokumenten oder Widerspruchsverfahren gegen Zwangs- und
Bußgelder, heißt es in der Stellungnahme des Senats auf eine
parlamentarische Anfrage der SPD.
Laut Bundesamt für Verfassungsschutz ist in Deutschland von rund 10. 000
Reichbürgern auszugehen - Tendenz steigend. 500 bis 600 von ihnen
zählen die Verfassungsschützer zu den Rechtsextremisten. Das
Bundesinnenministerium hält die "Reichsbürger"-Gruppierung für eine
ernstzunehmende extremistische Gefahr. Im Oktober 2016 hatte einer von
ihnen in Georgensgmünd bei Nürnberg einen Polizisten erschossen und drei
weitere Beamte zum Teil schwer verletzt.
“Identitäre Bewegung“ um seriöses Auftreten bemüht
Der Senatsverwaltung zufolge hielt die
Gruppierung der "Identitären Bewegung" den zurückliegenden zwölf Monaten
zwei angemeldete Versammlungen ab. Schlagzeilen in der Öffentlichkeit
machten aber vor allem unangemeldete Aktionen wie die Besteigung des
Brandenburger Tores im letzten August oder die Blockade der
CDU-Parteizentrale im Dezember. Dabei hatte die Polizei etliche
Teilnehmer festgenommen.
Nach Einschätzung der Innenverwaltung traten "Identitäre" bisher nicht
durch gewalttätige Aktionen in Erscheinung. "Eine Gewaltbereitschaft
würde die von der IB intendierte Anschlussfähigkeit in das bürgerliche
Spektrum gefährden, weshalb sie sich um ein gewaltfreies und seriöses
Auftreten bemüht", schreibt Innenstaatssekretär Torsten Akmann in seiner
Stellungnahme. Es sei aber nicht auszuschließen, dass Anhänger auch zum
Mittel der Gewalt greifen könnten.
Am Mittwoch hatte Innensenator Andreas Geisel (SPD) mitgeteilt, Anhänger
der "Identitären Bewegung" wollten am 17. Juni durch Berlin-Mitte
ziehen. Angemeldet ist auch eine linke Gegendemonstration.