Leipzigs Wachstum schwächt sich ab – Zahl der Ausländer hat sich verdoppelt

Erstveröffentlicht: 
11.05.2017

Ist der große Zuzugsboom vorbei? Leipzig wächst zwar weiter, aber nicht mehr ganz so flott. Mehr als 73.000 Einwohner kamen in den vergangenen sechs Jahren hinzu. Die Zahl der Ausländer hat sich in dieser Zeit verdoppelt.

 

Leipzig. Auf den ersten Blick wirkt alles wie gewohnt. Leipzig hat von Januar bis März 2017 wieder rund 2750 Einwohner hinzugewonnen. Insgesamt liegt die Zahl der Messestädter (mit Hauptwohnsitz in Leipzig) nun bei 582.277, geht aus den Meldedaten des Ordnungsamtes hervor.

 

Wer genauer hinschaut, kann jüngst aber schon einen leichten Rückgang des Zustroms erkennen. Grund vor allem: Die Zahl der Ausländer unter den Neu-Leipzigern hat sich wieder auf einem Wert stabilisiert, wie er vor der Flüchtlingskrise üblich war. In den letzten vier Quartalen kamen im Einwohnerregister jeweils gut 1000 Menschen hinzu, die keinen deutschen Pass besitzen. Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise Ende 2015 waren es rund 4000 Ausländer in nur einem einzigen Quartal. Also das Vierfache der aktuellen Größenordnung. 

 

73. 500 Einwohner mehr in sechs Jahren


Leipzig wächst weiter. Aber nicht mehr ganz so flott wie zu jener Zeit, als die langfristigen Prognosen für die Entwicklung der Messestadt bis zum Jahr 2030 erstellt wurden. Dies geschah übrigens nach der sogenannten Delphi-Methode. Namensgeber dieses wissenschaftlich anerkannten Schätz-Verfahrens ist das antike Orakel von Delphi, welches seinen Besuchern laut den Überlieferungen mitunter recht missverständliche Ratschläge erteilte.

 

Präzise Aussagen lassen sich eben leichter zur Vergangenheit treffen. Dazu gehört zum Beispiel, dass Leipzigs Einwohnerboom 2011 begonnen hatte – mit einem Zuwachs von rund 9.100 Personen. In den Folgejahren stiegen die Zahlen noch kräftiger: um 10. 700, 10 .800, 12 .500 sowie im Jahr 2015 sogar um 16 .000 Einwohner. Letztes Jahr folgte dann erstmals ein leichter Dämpfer – mit 11 .700 neuen Nachbarn. „Das Bevölkerungswachstum fiel im ersten Prognosejahr etwas weniger stark aus als erwartet“, heißt es dazu vorsichtig im jüngsten statistischen Quartalsbericht der Kommune. Und weiter: „Die Gründe dafür liegen hauptsächlich im schnellen und deutlichen Rückgang der Flüchtlingszuwanderung und an Registerbereinigungen. Zunächst scheint die tatsächliche Einwohnerentwicklung eher der unteren Prognosevariante zu folgen.“ 

 

Ausländerquote im Vergleich weiter niedrig


Dennoch habe Leipzig auch 2016 den ersten Platz unter allen deutschen Schwarmstädten, die besonders viele Menschen anziehen, verteidigt, erklärt Peter Dütthorn vom Statistikamt auf LVZ-Nachfrage. Dieser erste Platz sei freilich nie von der Zuwanderung durch Ausländer zu trennen gewesen. Seit Beginn des Zuzugsbooms Anfang 2011 stieg die Zahl der Messestädter um rund 73. 500 Einwohner. Davon hatten 28 .000 (entspricht 38 Prozent) keinen deutschen, sondern einen anderen Pass. Die Zahl der Ausländer in Leipzig hat sich mithin im gleichen Zeitraum mehr als verdoppelt: von 24. 900 auf aktuell 52. 900. Ihr Anteil an der Bevölkerung erhöhte sich von 4,9 auf 9,0 Prozent.

 

Im Vergleich zu westdeutschen Metropolen sei das nach wie vor eine niedrige Quote, erläutert Dütthorn. Selbst dann, wenn man noch alle 25. 000 Leipziger mit Migrationshintergrund hinzuzählt, die deutsche Staatsbürger sind. „Wir Statistiker sehen da einen gewissen Aufholeffekt zu den alten Bundesländern. Durch die Angleichung der Arbeits- und Lebensverhältnisse, auch bei der Internationalität der Leipziger Hochschulen, ergibt sich automatisch ein wachsender Ausländeranteil. Dieser Trend wird sicher anhalten.“

 

Wie stark die Messestadt demnächst tatsächlich wächst, das hänge von vielen Faktoren, auch der Geburtenrate, ab, so Dütthorn weiter. Für die Maximal-Variante der Delphi-Prognosen müsste Leipzig bis zum 31. Dezember 2030 auf 722. 000 Einwohner zulegen, also pro Jahr um etwa 10 .200 Personen. In der Minimal-Variante werden 674 .000 Einwohner vorhergesagt, wofür eine jährliche Zunahme um 6.750 Personen nötig wäre. Allerdings gehen alle Prognosen davon aus, dass die Alterspyramide mit vielen geburtenschwachen Jahrgängen dazu führen wird, dass Leipzig nach 2020 nicht mehr ganz so riesige Sprünge wie gegenwärtig machen kann. Deshalb liege die Zunahme im vergangenen Jahr um 11. 700 Einwohner nicht an der oberen Linie des Prognosebereichs. Sondern eher im unteren Bereich der Delphi-Erwartungen, erklärt der Fachmann.

 

Von Jens Rometsch