Die CDU-Fraktion im Stadtrat hat am Mittwoch einheitliche Mietverträge für Wagenplätze gefordert. Der Stadtrat stimmte zu und brachte gleichzeitig auf Initiative der Linksfraktion eine zentrale kommunale Anlaufstelle auf den Weg.
Leipzig. "Gleiches Recht für alle", forderte der Unions-Stadtrat Achim Haas am Mittwoch im Leipziger Stadtrat und umriss damit einen Antrag seiner Fraktion für den künftigen Umgang mit Wagenplätzen auf städtischem Grund. Die Kommune soll mit den Wagenleuten nach einer Standortprüfung einheitliche Mietverträge nach dem Vorbild Wildwuchs e.V. bekommen, so die Union.
So sollen die ordnungsgemäße Versorgung mit Energie und Wasser, die Entsorgung von Abwasser und Abfall, Brandschutz und umweltverträgliche Heizformen standardmäßig geregelt werden. Außerdem sollen die Bewohner ihre Meldepflicht erfüllen. Die Stadt wiederum müsse Optionen behalten: Bei Verstößen, ruhestörendem Lärm oder ungenehmigten baulichen Veränderungen durch die Wagenplatz-Leute soll die Kommune kündigen können.
Die CDU-Fraktion folgte außerdem einer Initiative der Linksfraktion. Danach soll die Verwaltung einen Ansprechpartner definieren, der sich alle Belange rund um Vertrag und Einhaltung sowie als Anlaufstelle für Anlieger und gegebenenfalls Konfliktmanagement kümmern soll.
In der Diskussion wurde klar: Rechtssicherheit für Wagenleute bedeutet noch lange nicht Legalisierung von Wagenplätzen. Baurechtlich ist diese alternative Wohnform nicht vorgesehen. Die Stadträte beschlossen deshalb gleich mit, dass sich Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) auf dem Städte- und Gemeindetag und in Landesgremien für rechtliche Rahmenbedingungen einsetzen soll. Der Beschluss erging mit großer Mehrheit, aber gegen die Stimmen der AfD.
Union sorgt für Irritation
Die Initiative der CDU hatte bei der Linksfraktion und den Grünen für
Irritationen gesorgt. "Ich behaupte, dass Sie eine Scheindebatte
lostreten, Herr Haas", so Linken-Abgeordnete Juliane Nagel. Alle
bestehenden Wagenplätze auf städtischem Grund haben einen Vertrag oder
stehen in Verhandlung, so Nagel. Das gelte für den „Toten Arm“ in
Großzschocher (2000), den Platz „Saalfelder Straße“ (2015), „Anna Ecke“
in Plagwitz (2015) und die Fockestraße.
Dieser Platz, seit 17 Jahren genutzt, war der Unionsfraktion lange
Zeit ein Dorn im Auge. Wiederholt brachte die CDU die Fockestraße 80 als
möglichen Schulstandort ins Spiel Die Verwaltung lehnte das aber unter
anderem wegen der Lärmbelastung ab. Im vergangenen Jahr beschloss der
Stadtrat gegen die Stimmen der CDU den Abschluss eines Pachtvertrags für
den jahrelang von Wagenleuten genutzten Platz. Die Verhandlungen dazu
laufen.
Norman Volger, Co-Vorsitzender der Grünen-Fraktion, äußerte sich skeptisch zum CDU-Vorstoß: "Wir trauen dem Frieden nicht", sagte er. Die Fraktion werde sich enthalten, weil man den Hintergrund des Antrags nicht einschätzen könne.
SPD zieht Vergleiche zu Kleingärtnern
SPD-Abgeordnete Nicole Wohlfahrt bezog gegen die Mehrheitsmeinung ihrer Fraktion Stellung und äußerte sich grundsätzlich kritisch: Zweierlei Maß für Häuslebauer, Grundstücksbesitzer und Wagenleute sei nicht gerecht. Allerdings forderte auch sie den OBM auf, sich auf Landes- und Bundesebene für verlässliches Recht in dieser Frage einzusetzen.
Christopher Zenker, Fraktionschef der Sozialdemokraten, zog "nicht ganz ernst gemeinte" Vergleiche zwischen den vermeintlich nicht klar geregelten Pflichten von Wagenburg-Bewohnern und Kleingarten-Nutzern: Sobald die ersten Sonnenstrahlen da wären, würden kleinste Hütten mit Kühlschränken, Matratzen und mehr ausgestattet, viele zögen den ganzen Sommer über nicht aus. Zenker betonte dann ernsthaft, dass der Slogan von der "Leipziger Freiheit" gelebt werden müsse und alternative Wohnformen einschließe. Für die dauerhafte Legalisierung müssten Lösungen gesucht werden. Zenker zog sich dennoch mit dem Kleingärtner-Vergleich den Zorn des CDU-Stadtrats Konrad Riedel zu: Dieser sei unwürdig, da es sehr genaue Regelungen für das Miteinander der Schrebergärtner gebe.
Kommune: Einzelfall-Lösungen unvermeidlich
Bereits vor der Sitzung hatte die Verwaltung eine schriftliche Stellungnahme zu dem Wagenplätze-Thema abgegeben. Die Kommune erklärte, dass zum Beispiel eine vorausschauende, grundsätzliche Widmung von Wagenplatz-Flächen nicht möglich sei. Die Dynamik der wachsenden Stadt verhindere das genauso wie baurechtliche Hürden. Die Genehmigung einzelner Wagen zum Beispiel ergebe keinen Sinn, weil der Wagenplatz juristisch als Gesamtanlage zu sehen sei. Auch in Zukunft seien Einzelfalllösungen für Wagenplätze deshalb unvermeidlich.
Evelyn ter Vehn