Eingestellter Prozess in Arnsdorf um gefesselten Flüchtling: Staatsanwalt wurde massiv bedroht

Erstveröffentlicht: 
26.04.2017

Im Zusammenhang mit dem juristischen Verfahren wegen der Fesselung eines Flüchtlings im sächsischen Arnsdorf hat es massive Drohungen gegen die Ermittler gegeben. Nach Recherchen von MDR „Exakt“ wurde der zuständige Staatsanwalt wenige Tage vor dem Gerichtsprozess von einer Gruppe unbekannter Männer abends auf dem Heimweg bedroht.

 

Leipzig/Kamenz. Im Fall des am Montag überraschend eingestellten Prozesses um die Fesselung eines Irakers in Sachsen ist der ermittelnde Staatsanwalt offenbar massiv eingeschüchtert worden. Laut einem Bericht des MDR-Magazins „Exakt“ vom Mittwoch wurde der Mann mit schriftlichen Todesdrohungen davor gewarnt, zu dem Prozess vor dem Amtsgericht Kamenz (Landkreis Bautzen) zu erscheinen. Zudem sei er wenige Tage vor dem Verfahren auf dem Nachhauseweg von Unbekannten verfolgt, beleidigt und bedroht worden.

 

Sachsens Innenministerium bestätigte dem Sender dem Bericht zufolge, dass Prozessbeteiligte bedroht wurden. Das für Extremismus zuständige Operative Abwehrzentrum der sächsischen Polizei habe Ermittlungen aufgenommen. Der Staatsanwalt wurde wegen der Drohungen dem Bericht zufolge von mehreren Beamten des Landeskriminalamtes geschützt.

 

Der Prozess gegen vier Männer wegen Freiheitsberaubung war am Montag kurz nach Beginn wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. Die Angeklagten hatten im Mai 2016 in Arnsdorf (Kreis Bautzen) einen Iraker mit Kabelbindern an einen Baum gefesselt. Der Richter stellte das Verfahren unter anderem mit der Begründung ein, es habe kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bestanden. Der sächsische Flüchtlingsrat und der Landesverband der Grünen hatten diese Entscheidung scharf kritisiert.

 

Der 21-jährige Iraker war vor einer Woche tot in einem Waldstück in Dorfhain (Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) gefunden worden. Eine Obduktion ergab, dass er im Januar an Unterkühlung gestorben war. Gewalteinwirkung von außen schlossen die Ermittler aus. In dem Prozess hätte der Iraker, der Medienberichten zufolge psychisch krank war, als Zeuge gehört werden sollen.