Neben Staatsanwalt auch Zeuge bedroht - Wohnungsdurchsuchung im "Fall Arnsdorf" - weiter Fragen offen

Erstveröffentlicht: 
03.05.2017

Im Fall "Arnsdorf" sind auch über eine Woche nach Einstellung des Prozesses gegen die Männer, die einen Flüchtling an einen Baum gefesselt hatten, Fragen offen. Im Landtag geben Justizminister, Staatsanwaltschaft und Polizei Auskunft. Linke und Grüne fordern weitere Untersuchungen. Für den Justizminister sind alle Fragen geklärt. Am Donnerstag gab es eine Wohnungsdurchsuchung.

 

Im Fall "Arnsdorf" hat die Polizei die Wohnung eines Tatverdächtigen durchsucht. Wie das Operative Abwehrzentrum mitteilte, wurden Speichermedien zur weiteren Untersuchung mitgenommen. Man habe den Mann auch vernommen. Details nannte das OAZ mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht.

Im Vorfeld des Prozesses gegen vier Männer in Arnsdorf waren der zuständige Staatsanwalt und ein Zeuge bedroht worden. Dies wurde erst nach Einstellung des Verfahrens Ende April bekannt. Die Männer hatten einen psychisch kranken Flüchtling nach einem Zwischenfall in einem Supermarkt an einen Baum gefesselt.

Der Zeuge hätte gegen die Männer aussagen sollen, wie am Mittwoch nach einer Sitzung des Rechtsausschusses des Landtags in Dresden bekannt wurde. Das Gremium hatte auf Antrag der Linken über die Umstände der Einstellung des Verfahrens Anfang vergangener Woche durch das Amtsgericht Kamenz beraten. 

 

Staatsanwalt doch persönlich attackiert


Ausschussvorsitzender Klaus Bartl erklärte nach der Sitzung, Inzwischen würden fünf Ermittlungsverfahren wegen Bedrohung beziehungsweise Nötigung geführt. Außerdem sei der zuständige Staatsanwalt doch persönlich attackiert worden, wenn auch schon im Februar. Das habe er selbst wohl nicht mit dem Fall Arnsdorf in Verbindung gebracht. Die Staatsanwaltschaft Görlitz hatte in der vergangenen Woche dementiert, dass der Staatsanwalt verfolgt und bedroht worden sein soll.

Die rechtspolitische Sprecherin der Grünen, Katja Meier, sprach am Mittwoch von sehr schwerwiegenden Drohungen gegen den Staatsanwalt. Er sei unter anderem per E-Mail und Telefon mit dem Tode bedroht worden.

Nach Informationen des MDR-Magazins Exakt wurde Ende Februar das Auto eines Staatsanwaltes attackiert. Außerdem seien am 6. und 19. April E-Mails mit Todesdrohungen gegen einen Staatsanwalt eingegangen. Hinzu käme eine telefonische Drohung am 21. April. 

 

Wird das Verfahren neu aufgerollt?


An der Ausschusssitzung am Mittwoch nahmen neben Justizminister Sebastian Gemkow auch der amtierende Generalstaatsanwalt und der Landespolizeipräsident teil. Für Bartl stellten sich nach der Sitzung weitere Fragen. Zum Beispiel, ob der Richter von den Bedrohungen wusste und ob der Staatsanwalt Strafanzeige erstattet habe. Außerdem wolle er wissen, warum die Staatsanwaltschaft es "trotz des immensen Interesses von Medien und Öffentlichkeit" als vertretbar ansah, ein öffentliches Interesse an der Aufklärung und Verfolgung der angeklagten Straftaten zu verneinen und der Einstellung des Verfahrens zuzustimmen.

Die Linke habe beantragt, die Hintergründe der Einstellung des Verfahrens zu untersuchen, so Bartl. Über diesen Antrag sei bisher nicht abgestimmt worden.

Der Verdacht, dass sich das Gericht und die Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft am Prozesstag in Kamenz von der tatsächlich bestehenden Bedrohungslage bei der Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens haben beeinflussen lassen, wurde für mich nicht ausgeräumt.

Katja Meier rechtspolitische Sprecherin der Grünen

 

Für den Justizminister sind alle Fragen geklärt


Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow kam nach der Ausschusssitzung zu einem ganz anderen Ergebnis als Linke und Grüne. Ihm sei in der Sitzung deutlich geworden, "dass die Bedrohungssituation keinen Einfluss auf die Entscheidung hatte."

AfD-Ausschussmitglied Kirsten Muster sah dies ähnlich. Hier werde "viel Wind um nichts" gemacht. Alle Beteiligten hätten ihre Arbeit getan und eine "Beeinflussung der Endentscheidung" sei nicht zu erkennen gewesen. 

 

Massive Unterstützung für Angeklagte


Das Verfahren gegen die vier Männer im Alter von 29 bis 56 Jahren wegen Freiheitsberaubung war Anfang vergangener Woche eingestellt worden. Die Anklage hatte vor allem in rechten Kreisen und im Umfeld der islam- und fremdenfeindliche Pegida-Bewegung für Empörung gesorgt. Am Prozesstag waren rund 100 Unterstützer der Angeklagten vor dem Amtsgericht Kamenz erschienen.