Im Fall "Arnsdorf" sind auch über eine Woche nach Einstellung des Prozesses gegen die Männer, die einen Flüchtling an einen Baum gefesselt hatten, Fragen offen. Im Landtag geben Justizminister, Staatsanwaltschaft und Polizei Auskunft. Linke und Grüne fordern weitere Untersuchungen. Für den Justizminister sind alle Fragen geklärt. Am Donnerstag gab es eine Wohnungsdurchsuchung.
Im Fall "Arnsdorf" hat die Polizei die Wohnung eines Tatverdächtigen
durchsucht. Wie das Operative Abwehrzentrum mitteilte, wurden
Speichermedien zur weiteren Untersuchung mitgenommen. Man habe den Mann
auch vernommen. Details nannte das OAZ mit Verweis auf die laufenden
Ermittlungen nicht.
Im Vorfeld des Prozesses gegen vier Männer
in Arnsdorf waren der zuständige Staatsanwalt und ein Zeuge bedroht
worden. Dies wurde erst nach Einstellung des Verfahrens Ende April
bekannt. Die Männer hatten einen psychisch kranken Flüchtling nach einem
Zwischenfall in einem Supermarkt an einen Baum gefesselt.
Der
Zeuge hätte gegen die Männer aussagen sollen, wie am Mittwoch nach einer
Sitzung des Rechtsausschusses des Landtags in Dresden bekannt wurde.
Das Gremium hatte auf Antrag der Linken über die Umstände der
Einstellung des Verfahrens Anfang vergangener Woche durch das
Amtsgericht Kamenz beraten.
Staatsanwalt doch persönlich attackiert
Ausschussvorsitzender Klaus Bartl erklärte nach der Sitzung, Inzwischen würden fünf Ermittlungsverfahren wegen Bedrohung beziehungsweise Nötigung geführt. Außerdem sei der zuständige Staatsanwalt doch persönlich attackiert worden, wenn auch schon im Februar. Das habe er selbst wohl nicht mit dem Fall Arnsdorf in Verbindung gebracht. Die Staatsanwaltschaft Görlitz hatte in der vergangenen Woche dementiert, dass der Staatsanwalt verfolgt und bedroht worden sein soll.
Die rechtspolitische Sprecherin der Grünen, Katja Meier, sprach am
Mittwoch von sehr schwerwiegenden Drohungen gegen den Staatsanwalt. Er
sei unter anderem per E-Mail und Telefon mit dem Tode bedroht worden.
Nach
Informationen des MDR-Magazins Exakt wurde Ende Februar das Auto eines
Staatsanwaltes attackiert. Außerdem seien am 6. und 19. April E-Mails
mit Todesdrohungen gegen einen Staatsanwalt eingegangen. Hinzu käme eine
telefonische Drohung am 21. April.
Wird das Verfahren neu aufgerollt?
An der Ausschusssitzung am Mittwoch nahmen neben Justizminister
Sebastian Gemkow auch der amtierende Generalstaatsanwalt und der
Landespolizeipräsident teil. Für Bartl stellten sich nach der Sitzung
weitere Fragen. Zum Beispiel, ob der Richter von den Bedrohungen wusste
und ob der Staatsanwalt Strafanzeige erstattet habe. Außerdem wolle er
wissen, warum die Staatsanwaltschaft es "trotz des immensen Interesses
von Medien und Öffentlichkeit" als vertretbar ansah, ein öffentliches
Interesse an der Aufklärung und Verfolgung der angeklagten Straftaten zu
verneinen und der Einstellung des Verfahrens zuzustimmen.
Die
Linke habe beantragt, die Hintergründe der Einstellung des Verfahrens zu
untersuchen, so Bartl. Über diesen Antrag sei bisher nicht abgestimmt
worden.
Der Verdacht, dass sich das Gericht und die Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft am Prozesstag in Kamenz von der tatsächlich bestehenden Bedrohungslage bei der Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens haben beeinflussen lassen, wurde für mich nicht ausgeräumt.
Katja Meier rechtspolitische Sprecherin der Grünen
Für den Justizminister sind alle Fragen geklärt
Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow kam nach der Ausschusssitzung
zu einem ganz anderen Ergebnis als Linke und Grüne. Ihm sei in der
Sitzung deutlich geworden, "dass die Bedrohungssituation keinen Einfluss
auf die Entscheidung hatte."
AfD-Ausschussmitglied Kirsten
Muster sah dies ähnlich. Hier werde "viel Wind um nichts" gemacht. Alle
Beteiligten hätten ihre Arbeit getan und eine "Beeinflussung der
Endentscheidung" sei nicht zu erkennen gewesen.
Massive Unterstützung für Angeklagte
Das Verfahren gegen die vier Männer im Alter von 29 bis 56 Jahren wegen Freiheitsberaubung war Anfang vergangener Woche eingestellt worden. Die Anklage hatte vor allem in rechten Kreisen und im Umfeld der islam- und fremdenfeindliche Pegida-Bewegung für Empörung gesorgt. Am Prozesstag waren rund 100 Unterstützer der Angeklagten vor dem Amtsgericht Kamenz erschienen.