Holocaust-Leugner muss ins Gefängnis

Erstveröffentlicht: 
05.05.2017

Ein Meißner ist wegen Volksverhetzung angeklagt. Von der Reichsbürger-Ideologie hat er sich nicht getrennt.

Von Jürgen Müller

 

Meißen. Das Gericht hat vorgesorgt. Polizisten führen am Donnerstag strenge Einlasskontrollen vor dem Saal 2 des Amtsgerichtes Meißen durch. In einem Verfahren gegen einen Reichsbürger werden offenbar zahlreiche Unterstützer erwartet. Doch die bleiben aus. Immerhin, der Angeklagte ist da. Das ist bei den Reichsbürgern selten der Fall. Denn sie erkennen die Bundesrepublik und deren Organe, also auch die Gerichte, nicht an.

 

Gleich zu Beginn will der 53-jährige Meißner, dass sich der Richter ihm gegenüber legitimiert. „Ich stelle die Frage, ob das Gericht überhaupt berechtigt ist, zu verhandeln. Ansonsten hat sich das für mich erledigt“, sagt er. Hat es aber nicht.

 

Schon im Vorfeld der Verhandlung hatte der Angeklagte ähnliche Anträge gestellt. Diese lassen darauf schließen, dass er das Gericht nicht für legitimiert hält und das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung nicht anerkennt. Der Richter wertet das als Missachtung des Gerichtes und droht für jeden weiteren Antrag ein Ordnungsgeld von je 150 Euro an. Das werde sofort vollstreckt. Wenn der Angeklagte kein Geld habe, gehe er ersatzweise für jeweils drei Tage in Ordnungshaft. Die Drohung sitzt. Fortan verzichtet der Angeklagte auf weitere Anträge.

 

Dem Mann wird Volksverhetzung vorgeworfen. Auf Facebook hatte er den Holocaust geleugnet beziehungsweise Links zu Holocaust-Leugnern veröffentlicht. Der Holocaust sei eine erfundene Fiktion, bis heute gebe es keinerlei Nachweis dafür, heißt es beispielsweise auf seiner Facebook-Seite. Ein systematischer Völkermord habe nie stattgefunden. Otto Wiesenthal, einen Überlebenden des Holocaust, bezeichnet der Angeklagte als „Super-Lügner“.

 

Von seiner kruden Ideologie hat sich der Arbeitslose, der mal bei einer Sicherheitsfirma arbeitete, sich mal als Weinverkäufer durchschlug, bis heute nicht getrennt. Vor Gericht macht er merkwürdige Rechnungen auf. So seien in deutschen Konzentrationslagern 271 000 Menschen „verstorben“, davon die Hälfte Juden. In Deutschland hätten 1933 rund 500 000 Juden gelebt, in den „besetzten Gebieten“ nochmals drei Millionen. Es hätten also gar nicht sechs Millionen umgebracht werden können, so seine Schlussfolgerung.

 

Nicht nur gegen Juden hetzt er, sondern auch gegen Ausländer. So solle die deutsche Bevölkerung ausgetauscht werden durch die massenhafte Einwanderung nichtdeutscher Männer, sagt er. Er gibt auch „Hinweise“, wie man sich gegen „Neger im Bus“ schützen könne: „Immer auf die Stellen in Kopfhöhe zielen.“

 

Seine Hetze hatte ihn schon einmal vor Gericht gebracht. Das Amtsgericht Meißen verurteilte ihn vor vier Jahren zu einer Geldstrafe von 1 100 Euro. Die hat er erst zur Hälfte abbezahlt. Damals hatte er auf einem Kontaktformular des Landkreises Neuss die Mitarbeiter der Behörde beleidigt. „Was seid ihr bloß für ein widerliches Pack von Volksverrätern. Statt den Drecksmarokkaner in ein Internierungslager zu sperren, wollt ihr ihn integrieren. Mir kommt da bloß noch das große Kotzen“, hatte er geschrieben. Anlass war die Ermordung einer Mitarbeiterin des Jobcenters Neuss durch einen Marokkaner. Dieser wurde übrigens später wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

 

Für die Staatsanwältin ist klar, dass der Meißner in vier Fällen Volksverhetzung beging. Das Gesetz sieht hier Strafen von Geldstrafe bis zu drei Jahren Haft vor. Sie beantragt eine Haftstrafe von einem Jahr. Strafverschärfend sieht sie, dass den Angeklagten auch eine Geldstrafe nicht von seinem Tun abhielt. Er habe auch andere Personen aufgewiegelt: „Das ist Hetze.

 

Der Angeklagte selbst sieht keine Grundlage für eine Verurteilung. Die Staatsanwältin habe keinerlei Gegenargumente gebracht für das, was er gepostet habe. „Offensichtliche Tatsachen bedürfen keines Beweises“, sagt der Richter und verurteilt den Reichsbürger zu einer unbedingten Haftstrafe von zehn Monaten. Raum für Bewährung sieht er nicht. Da der Mann die Gerichte nicht anerkenne, sei zu erwarten, dass er auch keine Bewährungsauflagen erfüllen werde.

 

Der Angeklagte will nun Berufung einlegen. Bei einem Gericht, das er gar nicht für legitim hält.