Halle (Saale) - Farbschmierereien und Pflastersteine gegen das Wahlkreisbüro, anonyme Drohungen im Internet: Der grüne Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel wird immer wieder attackiert.
Das Landeskriminalamt hat Konsequenzen gezogen, Büro und Wohnung des Politikers werden jetzt geschützt. Dafür wird Striegel nun ein weiteres Mal angegangen – dieses Mal aus den Reihen des eigenen Koalitionspartners.
„Herr Striegel provoziert“, sagt Eva Feußner, Vize-Vorsitzende der CDU-Fraktion, „er provoziert bis zum letzten.“ Sie wolle Steinwürfe und Beleidigungen keinesfalls rechtfertigen, betont sie. „Aber sie sind auch eine Folge seines Verhaltens.“
Sebastian Striegel hat sich an Sitzblockaden beteiligt: Provozierte der Landtagsabgeordnete damit Angriffe?
Konkret wirft sie Striegel die Beteiligung an Sitzblockaden und die Überwachung von Polizeieinsätzen vor. Striegel ist bekannt für einen harten Einsatz gegen Rechtsextremismus. Dabei übt er auch harsche Kritik an der Gesellschaft, die wegsehe, und an der Polizei, die unverhältnismäßig gegen linke Gegendemonstranten vorgehe.
2015 bescheinigte er nach einem Überfall auf ein linkes Kulturzentrum der Stadt Bitterfeld „ein Nazi-Problem“. 2013 gab es Kontroversen um seine Ankündigung, einen Polizeieinsatz in Magdeburg kritisch zu überwachen. Ein Polizeigewerkschafter nannte das einen „unverschämten Affront“.
Feußner empfindet allerdings auch die von den Grünen durchgesetzte Kennzeichnungspflicht von Polizisten als unfreundlichen Akt gegen die Beamten. Durch eine Gesetzesänderung sollen künftig auch Bereitschaftspolizisten durch eine Kennziffer identifizierbar sein. Polizeibeamte müssten Striegel nun helfen, klagt Feußner: „Er ist ein Zündler und duckt sich dann weg. Er pöbelt Polizisten an und will von ihnen beschützt werden.“
Striegel zählt nach Auskunft des Landeskriminalamts (LKA) zu den am häufigsten bedrohten und beleidigten Landespolitikern. Mittlerweile wird sein Merseburger Abgeordnetenbüro speziell geschützt. Dazu gehören verstärkte Scheiben und Überwachungskameras – über Details redet das LKA nicht. Bezahlt wird das vom Land.
Kritik aus der AfD in Sachsen-Anhalt: Wird beim Schutz von Politikern mit zweierlei Maß gemessen?
Gleich zwei Abgeordnete greifen diese Entscheidung nun mit Anfragen an die Landesregierung auf. Am schnellsten war der AfD-Mann-Robert Farle. Auch AfD-Büros seien bereits attackiert worden, sagt er. „Uns hat aber niemand Schutz angeboten. Wir wollen deshalb wissen, welche Rechtsgrundlage es dafür gibt.“
Der AfD-Politiker deutet an, hier werde mit zweierlei Maß gemessen. Im Übrigen sei Striegel selbst schuld: „Er provoziert einfach viele Leute.“
Weit schwerwiegender für das Regierungsbündnis aus CDU, SPD und Grünen dürfte allerdings sein, dass mit Feußner auch eine Koalitionspolitikerin zum Thema nachfragt. Sie will wissen, was der Schutz für Striegel kostet und welche anderen Politiker seit 1990 mit Steuergeld geschützt wurden. Antworten stehen noch aus.
Der Grünen-Politiker reagiert empört auf den Vorwurf, er provoziere die Angriffe selbst. „Das ist ein heftiger, ein infamer Vorwurf. Frau Feußner geht es offenbar um eine Täter-Opfer-Umkehr.“ Für ihn als innenpolitischen Sprecher seiner Fraktion sei es unerlässlich, die Arbeit der Polizei zu kontrollieren. „Es geht hier um meine freie Mandatsausübung. Wenn ich das nicht mehr machen dürfte, hätten wir ein Problem.“