Bayerischer AfD-Chef im Visier - Verfassungsschutz beobachtet Petr Bystron

Erstveröffentlicht: 
19.04.2017

Paukenschlag bei der Vorstellung des bayerischen Verfassungsschutzberichtes: Das Landesamt beobachtet AfD-Landeschef Petr Bystron - wegen Unterstützung der Identitären Bewegung (IB). Bystron kritisiert die Beobachtung.

 

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) teilte mit, Bystron werde erst seit kurzem vom Verfassungsschutz beobachtet. Die AfD insgesamt sei jedoch nicht im Visier. Die Identitäre Bewegung wird als rassistisch eingestuft. In Bayern wird die Bewegung seit Anfang 2016 beobachtet. 

 

Bystron: "Sachlich ungerechtfertigt"


Bystron teilte per Presseerklärung mit, er halte das Vorgehen für "sachlich ungerechtfertigt und rein parteipolitisch motiviert". Ihm und dem Ansehen der AfD solle im Bundestags-Wahlkampfjahr gezielt geschadet werden. Er selbst werde im Verfassungsschutzbericht gar nicht erwähnt, schreibt Bystron. Er vermute eine Retourkutsche von Herrmann, dessen "beschönigt dargestellte Kriminalitätsstatistik" er kürzlich kritisiert hatte. Bystron betonte, er habe immer deutlich gemacht, dass es "personell und organisatorisch zwischen AfD und IB keine Schnittmengen oder Zusammenarbeit" geben dürfe. Nach seinen Worten besteht ein Aufnahmeverbot von IB-Aktivisten in die AfD, das strikt eingehalten und auch von ihm nicht in Frage gestellt werde. Gegenüber BR24 sagte der in der Tschechoslowakei geborene Bystron lapidar:

 

"Václav Havel wurde auch vom Staatsschutz beobachtet."

Petr Bystron

 

Havel war in der Tschechoslowakei während der Herrschaft der kommunistischen Partei einer der führenden Regimekritiker und außerdem einer der Initiatoren der Bürgerrechtsbewegung "Charta 77". 

 

Identitäre: Verkappter Rassismus


Der Sprecher des Landesamtes für Verfassungsschutzes im Freistaat, Markus Schäfert, sagte gegenüber BR24, es gebe "personelle Überschneidungen" zwischen "Identitären" und Rechtsextremisten. Ihre völkisch-rassistische "Blut- und Boden-Ideologie" verkleide die Bewegung geschickt mit Begriffen wie Heimat, Identität oder Kultur. Der propagierte "Ethnopluralismus" läuft laut Schäfert aber in Wahrheit auf die "Ausweisung großer Bevölkerungsteile" aus Deutschland hinaus. 

 

Gefahr durch Islamisten bleibt hoch


Die Ereignisse im Jahr 2016 verunsicherten viele Bürger. Entwarnung gibt es nicht: In allen extremistischen Szenen stellt das bayerische Innenministerium besorgniserregende Entwicklungen fest: bei Rechtsradikalen, Linksextremisten, Islamisten. Auch die Cyber-Kriminalität und Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden ausländischen Gruppen beunruhigen die Verfassungsschützer. Die Messerattacke im Würzburger Regionalzug und der Sprengstoffanschlag in Ansbach schockierten das ganze Land. Die Leichtigkeit, das Gefühl der Sicherheit war schlagartig dahin. Die Anschlagsgefahr in Bayern ist laut Innenministerium weiterhin hoch. Es gilt also immer noch, was Innenminister Herrmann im März vergangenen Jahres nach dem Terrorakt in Brüssel sagte:

 

"Jemand mit der Absicht eines Selbstmordanschlags kann natürlich jederzeit auch einen Hauptbahnhof in München und Nürnberg, oder den Münchner Flughafen betreten, und Menschen mit in den Tod reißen."

Joachim Herrmann

 

Ein kleiner positiver Vermerk taucht laut Innenministerium allerdings im aktuellen Verfassungsschutzbericht auf: 2016 reisten weniger Islamisten von Bayern in das Gebiet der Terrormiliz Islamischer Staat aus. 

 

Sorgenvoller Blick nach rechts


Mit Sorge blickt das Innenministerium auf den Rechtsextremismus in Bayern. Es gebe insgesamt eine Steigerung der rechtsextremen Gewalttaten, so Herrmann. Eine noch recht neue rechtsextreme Gruppierung ist 2016 ins Visier des Verfassungsschutzes geraten: Die sogenannte "Identitäre Bewegung". Unter dem Schlagwort der "ethnokulturellen Identität" rufen die Identitären zur Abgrenzung vom Islam auf. Aber auch andere rechte Gruppen beobachtet der SPD-Landtagsabgeordnete und Experte für Rechtsextremismus, Florian Ritter, mit Sorge:

 

"Dass etwa Organisationen wie 'Blood and Honour' in Bayern seit Jahren wieder aktiv sind. Diese Gruppierungen sind im Jahr 2000 verboten worden, haben es aber offensichtlich geschafft, um Untergrund wieder Strukturen aufzubauen."

Florian Ritter

 

Eine leicht positive Tendenz stellt das Innenministerium bei den Übergriffen auf Asylunterkünfte fest. Die seien seit März 2016 seltener geworden. Allerdings ist die Zahl nach Ministeriumsangaben weiterhin hoch. SPD-Politiker Florian Ritter warnt zudem, dass die Anschläge oft von Menschen verübt werden, die bislang keinen Kontakt zur rechten Szene hatten. Hier sieht er auch bei der AfD und Pegida eine Mitschuld. Sie würden rechtsnationale Debatten in die Mitte der Gesellschaft tragen. 

 

Reichsbürger im Fokus


Nachdem ein sogenannter Reichsbürger bei einer Razzia im Oktober einen Polizeibeamten getötet hat, ist die Bewegung in den Fokus des Verfassungsschutzes gerückt. Die Reichsbürger haben in den vergangenen Jahren immer mehr Anhänger bekommen, warnt das Innenministerium. In Bayern sollen mindestens 1.700 Reichsbürger leben, die zunehmend gewalttätig werden. Daher steht für den Innenminister fest:

 

"Wer die Existenz der Bundesrepublik Deutschland infrage stellt, oder unsere Rechtsordnung nicht als verbindlich ansieht, der darf auch keine Waffen besitzen."

Joachim Herrmann

 

Dass die Reichsbürger zum ersten Mal im bayerischen Verfassungsbericht auftauchen, kann SPD-Politiker Florian Ritter nicht nachvollziehen:

 

"Dass es bei den Reichsbürgern viele gewaltbereite Anhänger gibt, kann man schon seit Jahren beobachten. Übergriffe auf Finanzbeamte, Gerichtsvollzieher und Mitarbeiter in Amtsgerichten, hat es schon seit Jahren gegeben."

Florian Ritter 

 

Innertürkische Konflikte in Bayern


Auch Konflikte im Ausland strahlen auf die Sicherheitslage in Deutschland aus. So nehmen laut Ministerium die Konflikte zwischen Anhängern der verbotenen PKK und türkischen Nationalisten, wie den rechtsextremen Grauen Wölfen, zu. Beides seien mittlerweile große Organisationen in Bayern. 1.800 Mitglieder zählt die PKK in Bayern. Die Grauen Wölfe mit ihrer rockerähnlichen Struktur haben rund 1.300 Anhänger. Die Entwicklungen in der Türkei könnten die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Gruppen in Bayern durchaus noch verstärken, warnt das Innenministerium. Eine akute Gefahr mit Eskalationspotenzial also.