"Aktionsbüro Mittelrhein" vor Koblenzer Landgericht - Mammutprozess gegen Neonazis könnte platzen

Erstveröffentlicht: 
06.04.2017

Einer der umfangreichsten Neonazi-Prozesse in Deutschland könnte nach mehr als 300 Verhandlungstagen am Landgericht Koblenz scheitern. Der Grund: Der Vorsitzende Richter geht in den Ruhestand.

 

Ende Juni werde der Vorsitzende Richter Hans-Georg Göttgen im Prozess um das rechtsextreme "Aktionsbüro Mittelrhein" in den Ruhestand gehen, sagte Gerichtssprecherin Tanja Becher.

 

Es sei noch vollkommen offen, ob der Prozess bis dahin zu einem Ende komme. Wenn nicht, gäbe es zwei Alternativen: Entweder eine andere Kammer übernimmt den Fall. Dann müsse das Ganze noch einmal von vorne aufgerollt werden. Andernfalls sei auch eine Einstellung des Verfahrens theoretisch möglich, so die Gerichtssprecherin. 

 

Körperverletzung und versuchte Brandanschläge


Begonnen hatte der Prozess gegen die mutmaßlichen Unterstützer des rechtsextremen "Aktionsbüros Mittelrhein" im Sommer 2012. Die Vorwürfe gegen die mittlerweile noch 20 angeklagten Männer reichen von Körperverletzung bis zu versuchten Brandanschlägen auf Autos. Das "Aktionsbüro" hatte seine Zentrale bis zu einer Razzia im März 2012 im so genannten "Braunen Haus" in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Staatsanwaltschaft stuft das "Aktionsbüro" als verfassungsfeindlich und rechtsextremistisch ein. 

 

Jugendstrafen bereits verhängt


Zwei Angeklagte im Alter von 23 Jahren wurden bereits 2013 vor dem Koblenzer Landgericht zu Jugendstrafen von einem Jahr und neun Monaten sowie einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. In einem Fall wurde das Urteil wegen Landfriedensbruchs und Sachbeschädigung gesprochen, im anderen wegen gefährlicher Körperverletzung.

 

Zwei weitere 20 und 22 Jahre alte Angeklagte wurden unter anderem wegen Sachbeschädigung und Landfriedensbruch schuldig gesprochen, eine Jugendstrafe wurde aber zunächst nicht verhängt. Das Gericht entschied sich für eine Bewährungszeit von zwei Jahren. Gegen zwei weitere Angeklagte stellte das Gericht Anfang 2014 das Verfahren ein.