Newroz ist ein traditionelles kurdisches Neujahrsfest, gleichzeitig aber auch ein wichtiger politischer Termin für die kurdische Linke: So versammelten sich gestern dann auch rund 500 kurdische und deutsche Linke in Freiburg um in einem Demonstrationszug durch die KaJo über die Rempartstraße bis vor das Stadttheater zu ziehen.
Das alles überschattende Thema war dabei die aktuelle Situation in der Türkei. Die islamistisch-konservative AKP unter der zentralistischen Führung des amtierenden türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan plant die Einführung einer Präsidialdiktatur die ihm umfangreiche Vollmachten sichern, sowie die Gewaltenteilung aufheben soll. Mit der AKP-Kampagne einher geht ein hartes staatliches Vorgehen gegen die linke und kurdische Opposition, sowie kritische JournalistInnen, AkademikerInnen, RichterInnen und StaatsanwältInnen in der Türkei. Eine ausführliche Zusammenfassung hat die Antifaschistische Koordination 36 erstellt.
Zugleich wird auch in Europa von AKP Politikern für das Referendum geworben. Durch die Absage einiger dieser Wahlkampfveranstaltungen und die Inhaftierung des deutschen Welt-Journalisten Deniz Yücel kam es unlängst zu diplomatischen Spannungen zwischen der deutschen und der türkischen Regierung. Da der BRD die wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen zur Türkei aber traditionell über die Menschenrechtslage vor Ort stellt wird nun – um gegenüber der türkischen Seite guten Willen zu bekunden – dem türkischen Wunsch nach einem härteren Vorgehen gegen die kurdische Linke in Deutschland nachgekommen. Anfang März wurden alle relevanten Symbole der kurdischen Bewegung (u.a. der Frauenverbände, des Studierendenverbandes und der gegen den Islamischen Staat kämpfenden syrisch-kurdischen Milizen YPJ & YPG) verboten. Dies bedeutet für unzählige kurdische Linke massive Kriminalisierung ihres politischen Engagements, auch hier in Freiburg.
So auch auf der Newroz-Demonstration. Vor Beginn wurde das Auto eines Teilnehmers gefilzt und ihm untersagt die seit neustem verbotenen Fahnen mitzuführen. Die Cops waren mit einem mittleren Aufgebot vor Ort, begleiteten die angemeldete Demo im lockeren Spalier und filmten & fotografierten alle TeilnehmerInnen. Auch der Freiburger Staatsschutz war fast vollständig vertreten um alles haarscharf zu überwachen.
Der Verfolgungswillen der Freiburger Behörden gegenüber der kurdischen Linken ist zwar nichts Neues (erinnert sei an die Verbote kurdischer Vereine, der Durchsuchung des kurdischen Vereins wegen Plastikgewehr-Requisiten 2015 oder zahllose Strafbefehle gegen kurdische Aktivisten) wird aber in unseren Kreisen wenig thematisiert. Ein besonderer Skandal sind die zahllosen Ablehnungen von Einbürgerungsanträgen von Menschen, welche teilweise schon seit über 20 Jahren in der BRD leben, allein aufgrund ihres politischen Engagements in der kurdischen Linken.
Deshalb zum Schluss noch ein kleiner Aufruf: Unterstützt die Aktionen unserer kurdischen Genoss*innen. Falls ihr euch noch aktiver einbringen wollt gibt es noch das Kurdistan Solidaritätskomitee Freiburg.
Eine Hand voll solidarischer AnarchistInnen
Danke
Danke für eure Solidarität und diesen Bericht!