(B): Aktionistischer Beitrag zur medialen Debatte um sexistische Werbung

Adbusting Bahnhof Halensee

In der vergangenen Nacht hat die Gruppe f.i.e.s (feministische initiative emanzipatorischer streetartkünstler*innen) Plakate in Berlin kreativ verändert. Damit will die Gruppe auf sexistische Denk- und Verhaltensmuster aufmerksam machen, die für unsere Gesellschaft prägend sind und die in der Werbung immer wieder reproduziert werden.

 

Reiseanbieter medial gemobbt

Das Ziel der f.i.e.s.e.n. Attacke waren vor allem Werbeplakate der Reiseanbieters "5 vor Flug". Das Motiv der Plakate zeigt zwei normschöne junge Frauen in Badekleidung, die am Strand bis zu den Knöcheln im Wasser stehen. Der Slogan dazu lautet: "Lieber im Meer baden als in Arbeit schwimmen!" Dazu sagte die fiese Erna, Sprecher*in der Gruppe: "Eine solche Einladung konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. In dem Spruch ist ja schon ne Kapitalismuskritik angelegt."

 

F.i.e.s.e. Attacken an S-Bahnhöfen

Nach der nächtlichen f.i.e.s.e.n. Intervention zeigt an der S-Bahnstation Halensee das Plakat eine Sprechblase. Diese lässt eine der abgebildeten Personen fragen: "Warum gibt es Freiheit im Kapitalismus nur wochenweise?" Als Antwort ist als Banner am unteren Rand der Slogan: "Arbeit, Ausbeutung und Sexismus nicht nur urlaubsweise beenden" eingefügt. An der S-Bahnstation Tempelhof wurde das Plakat um die Notiz: "Am liebsten ein Leben ohne Sexismus und Ausbeutung für alle!" ergänzt.

 

F.i.e.s.e.r. Krawall aus purer Langeweile

"Und weil wir dann schon wieder Langeweile hatten, sind wir noch weiter gezogen zur Konzerthalle in der Hardenbergstraße" sagt Erna. Dort befindet sich ein Verteilerkasten. Darauf sind der Name des Energieversorgers und drei Arbeiter*innen bei Arbeiten an einem Gully abgebildet. Einer der Arbeitenden schaut aus dem Gully raus und sagt nun: "Ne, hier ist auch keine herrschaftsfrei Welt." Seine Kolleg*in kommentiert dies mit den Worten. "Na, dann müssen wir die wohl selber aufbauen". Eine dritte Kolleg*in ermahnt daraufhin: "Aber bitte ohne Sexismus!

 

Kluges Zeug zu Sexismus in der Werbung

Um noch was inhaltlich zu sagen und nicht nur mit coolen Aktionen anzugeben, sei hier zunächst diskutiert, was Sexismus ist, um dann zu betrachten, was das Besondere von Seximus und Werbung ausmacht. Sexismus bezeichnet allgemein die Benachteiligung, Diskriminierung oder Unterdrückung von Personen aufgrund ihres Geschlechts, sei es im individuellen menschlichen Verhalten oder auf kultureller und institutioneller Ebene.

 

Genderspezifische Zuschreibungen

Das zeigt sich zum Beispiel in der Zuschreibung von Eigenschaften zur Personen aufgrund ihres Geschlechts: So gelten Frauen häufig als emotional, schwach, und werden auf ihr äußeres Erscheinungsbild reduziert. Männer hingegen werden als stark, handlungsfähig, durchsetzungsfähig konstruiert.

 

Internalisierte Geschlechterrollen

Aus diesen Zuschreibungen entstehen Geschlechterrollen, die von kleinauf internalisiert werden: Beispielsweise sind Frauen sehr viel häufiger als Männer für Reproduktionstätigkeiten verantwortlich, während Männer als Beschützer und Geldverdiener zu fungieren haben. Diese Rollenverteilung findet sich auch immer wieder in der Werbung.

 

Mehr als zwei Geschlechter

Die Dualität der Geschlechter, die sich daraus ergibt, verkennt auch die Tatsache, dass weitaus mehr als zwei Geschlechtsidentitäten gibt, und verwehrt Personen, die sich keiner der beiden Kategorien "Frau" und "Mann" zugehörig fühlen, ein gleichberechtigter Teil der Gesellschaft zu sein.

 

Werbung reproduziert Diskurse

Werbung und Sexismus stehen in einem besonderen Verhältnis zueinander. Werbung kann nichts Neues erschaffen, sondern nur auf Bekanntes zurückgreifen: Durch den geschickten Einsatz von Worten und Bildern soll in den Köpfen der Betrachter*innen ein "Film" zum Laufen gebracht werden, der das beworbene Produkt mit Emotionen und Erfahrungen in Verbindung bringt und so zum Konsumieren anregt. Aus diesem Grund fungiert Werbung gewissermaßen wie ein Spiegel der Gesellschaft, indem sie deren Strukturen und Denkmuster sichtbar macht - so auch die Sexismen der Gesellschaft.

 

Objektivierung

Dass in der Werbung regelmäßig Frauen zu Objekten gemacht und auf ihren Körper beziehungsweise ihre Sexualität reduziert werden, ist ein Zeichen dafür, wie tief Sexismus in unserer Gesellschaft verankert ist - auch wenn dies immer wieder abgestritten wird, weil es nicht zum Bild einer "aufgeklärten", westlichen Gesellschaft passt.

 

F.i.e.s.e. Aktionen als Empowerment

Die Verschränkung von Sexismus und Werbung bedeutet auch, dass der Sexismus so lange nicht aus der Werbung verschwinden wird, wie er im gesellschaftlichen Diskurs einen Platz hat. Daran kann auch ein Adbusting nichts ändern. Trotzdem kann die kreative Veränderung von Werbung ein guter Weg, der Allgegenwärtigkeit von Werbung eine andere Öffentlichkeit entgegenzusetzen und so diejenigen zu empowern, die von Sexismus betroffen sind.

 

Demos zum Frauenkampftag

Ein weiterer Schritt auf dem Weg dahin können außerdem die Demos am 8. März zum internationalen Frauenkampf*tag sein. An diesem Tag gegen weltweit Frauen* auf die Straße gegen sexualisierte Gewalt, antifeministische und reaktionäre Entwicklungen und die geschlechtshierarchische Arbeitsteilung. In Berlin gibt es dieses Jahr zwei Demonstrationen. Ein breites Bündnis ruft zu einer Demonstrationen ab 17 Uhr am Hermannplatz in Neukölln auf. Bei der Demo wird es auch einen linksradikalen Block geben (der ausgerechnet bei Facebook Werbung macht...). Außerdem gibt es ab 16:30 Uhr ab Warschauer Straße Ecke Revaler Straße eine internationalistische Frauen*kampftagsdemo, die unter anderem vom kurdischen Frauenrat Dest Dan und dem International Women’s Space Berlin organisiert wird.

 

 

Mehr Infos:


Sexismus theoretisch praktisch erklärt:

http://maqui.blogsport.eu/2016/05/30/adbusting-das-problem-mit-dem-paearchen-quatsch/

 

Sexismus praktisch: Der Gender-Pay-Gap:

http://maqui.blogsport.eu/2016/06/22/sexismus-praktisch-der-gender-pay-gap/

 

Adbusting-Aktionen zu Sexismus in der Werbung im Juni 2016:

http://maqui.blogsport.eu/2016/06/21/b-adbusting-aktion-gegen-sexistische-werbung/

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Sexismus wird im Kapitalismus im Urlaub abgeschafft? Das wär mir aber neu.

wer in sich bei im Meer vergnügenden Menschen schon sexismus outet,

der sollte liber mal in sich gehen u8nd seinen Lebensstandpunkt überdenken.

8 gegen ein e und verbessere die Schreibfehler

Diese "Veralberung" von Werbung ist ordentlich missglückt.

"Lieber im Meer baden als in Arbeit schwimmen!" ist als Kapitalismuskritik viel fundierter als die aufgeklebten Aussagen. #traurig

Die Aussage der Aufkleber ist lediglich: "Sexismus ist scheiße". Sie haben nichts mit den Aussagen der Plakate zu tun, auf denen sie kleben. Am Konzept von Adbusting geht das komplett vorbei.

Ja, auf den Plakaten sind normschöne Frauen zu sehen, sie reproduziert Schönheitsideale. Von da ist es aber noch ein ganzer Schritt zu Sexismus. Diese Frauen werden weder als dumm, passiv oder emotional dargestellt. Da hätten diese "emanzipatorischen" street-art-Künstler*innen auch bessere Beispiele finden können.

 

Aber Kopf hoch, nächstes Mal schafft ihr es vielleicht, fundiertere Gesellschaftskritik zu üben. #nevergiveup

Die Reproduktion von Schönheitsidealen ist sehr wohl sexistisch, da Frauen durch den Schönheitsterror unterdrückt werden. Beispiele: Magersucht, Fat Shaming. Wobei ich nicht finde dass die Frauen auf den Plakaten "normschön" sind, sondern ganz normal. Aber die bei linken Chauvie-Mackern noch immer moderne Denkungsweise vom kleinen, unwichtigen Nebenwiderspruch kotzt mich einfach an. Schon mal was davon gehört,  dass erst das Patriarchat den Kapitalismus hervorgebracht hat?