Aufruf zum Mord gegen OB Hilbert

Erstveröffentlicht: 
04.02.2017

„Dresden war keine unschuldige Stadt“, hat das Stadtoberhaupt gesagt. Die Reaktionen sind heftig – vielleicht strafbar. Die Polizei ermittelt.

 

Nach mehreren Drohungen in den sozialen Netzwerken gegen Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert hat die Polizei ein Strafverfahren eingeleitet. Wie ein Sprecher am Sonnabend mitteilte, ermittelt das Dresdner Staatsschutzdezernat wegen des Verdachts der Bedrohung und Beleidigung. Zudem sind die Beamten seit Freitagabend rund um die Uhr an der Wohnung des Oberbürgermeisters präsent. Polizeipräsident Horst Kretzschmar: „Wir befinden uns in der Woche vor dem 13. Februar, wo die Sicherheitslage ohnehin immer etwas angespannter ist. Auch wenn wir keine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit für Herrn Hilbert sehen, können wir andere Aktionen, insbesondere vor seiner Wohnung, nicht ausschließen.“

 

Dass Politiker mehr Beleidigungen aushalten müssen als andere, ist lange bekannt. Doch wie im Netz gegen Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) derzeit gehetzt wird, ist unfassbar. Die Junge Alternative (JA) Dresden, die Jugendorganisation der AfD, wettert gegen Hilbert, und viele Kommentatoren vergreifen sich nicht nur im Ton.

 

Es geht darum, dass der OB diese Woche gesagt hat: „Dresden war keine unschuldige Stadt.“ Als er zur Menschenkette am 13. Februar aufrief, warnte er gleichzeitig, dass immer noch von Rechtsextremen versucht werde, die Geschichte umzudeuten und Dresden in einem Opfermythos dastehen zu lassen. Dann folgte das besagte Zitat. „Herr Hilbert, Sie widern uns an“, so die Reaktion der JA auf Facebook. Und sie fordert die Dresdner auf: „Für die Ehre der Opfer, Dirk Hilbert den Kampf ansagen.“

 

Die Kommentare überbieten sich geradezu. „Meiner Meinung nach müsste man ihm den Schädel spalten“, so ein klarer Aufruf zum Mord am Oberbürgermeister. In einem anderen Kommentar geht es darum, dass die „angloamerikanischen Bomber“ doch Hilbert als nächstes Ziel ins Visier nehmen sollten. „Solche Kommentare haben wir umgehend löschen lassen“, so Rathaussprecher Kai Schulz. Viele Beleidigungen sind aber noch zu sehen: „ekelhafter Wurm“, „Fettsack“, „mich erstaunt, dass der Dreckskerl noch nicht gelyncht wurde“, „verfolgt diese Drecksau“ und so geht es immer weiter. Auch eine Art Mafia-Mord wird empfohlen: „Ich spendiere die Betonstiefel“, heißt es.

 

Dann solle Hilbert aus der Stadt gejagt werden, er gehöre des Amtes enthoben. Dazu gesellen sich sinnfreie Aussagen wie: „Herr Hilbert, Sie sind kein Dresdner, scheren Sie sich aus dem Amt.“ Der Verfasserin scheint nicht bekannt zu sein, dass Hilbert einer der wenigen OB-Kandidaten war, der gebürtiger Dresdner ist. Dann das klare Bekenntnis, woher ein Teil dieser Kommentare kommen: „Wahre Dresdner lieben ihre Stadt und ich glaube sie müssen die Stadt jetzt wieder schützen, vor solch einem Oberbürgermeister! Montag, 18.30 Uhr, Schlossplatz! Zeigt ihm, was eine Harke ist.“ Zu der Zeit trifft sich Pegida dort.

 

Zu den Hasstiraden gegen Hilbert hat auch das Internetportal „Terra Germania“ beigetragen. Dort wird Hilbert mit den Worten zitiert: „Dresdens Kinder wurden zu Recht ausgerottet.“ Zu einem Foto des OB steht da „Dirk Hilbert, Beispiel menschlichen Abschaums“. Das mit den Kindern ist eine Falschbehauptung, der Abschaum eine Beleidigung. „Dass sich Herr Hilbert in diese Richtung niemals äußern würde, versteht sich von selbst und muss nicht dementiert werden“, sagte Sprecher Schulz am Freitag. Die Stadt werde das rechtlich überprüfen lassen. Das Portal gibt als Quelle „NJ-Schlagzeilen“ an. Dahinter steckt Gerhard Ittner. Das ist jener vorbestrafte Neonazi, Volksverhetzer und Holocaustleugner, der am 11. Februar einen rechten Marsch vom Zwingerteich durch die Stadt plant.

 

„Beleidigungen gegen den Oberbürgermeister kommen immer mal wieder vor“, so Schulz: „Aber was da wegen des 13. Februars und des Kunstprojekts Monument derzeit abläuft, sind schon extrem heftige Aussagen. Monument ist ein temporäres Projekt, bei dem ausrangierte Busse hochkant auf dem Neumarkt aufgestellt werden. Die Installation soll gegen den Krieg in Syrien mahnen.

 

Die Verwaltung werde nun alle relevanten Kommentare mit Beleidigungen und Drohungen gegen den Oberbürgermeister rechtlich prüfen lassen und gegebenenfalls Anzeige erstatten. „Das haben wir in der Vergangenheit auch bereits mehrfach getan, und es gab durchaus Erfolge“, sagt Schulz. So seien in mehreren Fällen Strafbefehle gegen die Hetzer im Netz erlassen worden, und sie mussten Geldstrafen zahlen. In besonders schlimmen Fällen kann der Betroffene auch bei Facebook beantragen, dass diese Art Kommentare sofort entfernt werden.

 

Für eine strafrechtliche Verfolgung müssen diese aber vorher gesichert werden. Das hat die Polizei inzwischen getan, wie ein Sprecher am Sonnabend mitteilte. Im Netz wird außerdem dazu aufgerufen, den Aufbau und die Einweihung des Projektes Monument in der kommenden Woche zu stören. Auch diese Aufstachelung kommt aus ähnlichen Kreisen.