Erster Mai, Taser frei: Berliner Polizei führt Elektroschock-Waffen für Streifengänge ein

Erstveröffentlicht: 
01.02.2017

Berliner Streifenpolizisten sollen künftig in den Bezirken Mitte und Kreuzberg Taser mit sich führen. Die Beschaffung und Ausbildung hatte noch die schwarz-rote Koalition beschlossen. Damals waren Grüne und Linke dagegen. Nach drei Jahren könnte die allgemeine Einführung anstehen.

 

Noch in diesem Monat wollen zwei Berliner Polizeidirektionen mit der Einführung von Tasern beginnen. Das berichtet die Berliner Morgenpost am heutigen Mittwoch. Laut dem Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD) sollen die Dienststellen der Abschnitte 32 (Mitte) und 53 (Kreuzberg) mit den Waffen ausgerüstet werden. Zunächst handele es sich dabei um eine Testphase, die jedoch schon jetzt auf drei Jahre angelegt ist. In den beiden Abschnitten Mitte und Kreuzberg wurden bereits jeweils zehn BeamtInnen für die Nutzung des Tasers ausgebildet. Die Kosten sollen sich auf 55.000 Euro belaufen.

 

Die eigentlich als Elektroimpulswaffe bezeichneten Taser beschießen die betroffene Person mit Projektilen, an denen Widerhaken befestigt sind. Über damit verbundene Drähte werden Stromstöße von 50.000 Volt übertragen, die eine kurzzeitige Lähmung hervorrufen. Während sie die Hersteller als „nicht tödliche Waffe“ bezeichnen, wählen KritikerInnen lieber den Begriff „weniger tödliche Waffe“. Gemäß einer Aufstellung der Tageszeitung Guardian starben bis November 2015 mindestens 47 Menschen in den USA nach dem Einsatz von Tasern. 

 

Einstufung als Schusswaffen


Bislang nutzt in Berlin nur das Sondereinsatzkommando (SEK) solche Geräte. Die Einheit hat vom Namensgeber, der Firma Taser, den Typ mit der Bezeichnung „M26“ beschafft. Laut der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Piraten von 2013 wurden die Geräte seit ihrer Einführung im Jahr 2001 insgesamt 18-mal eingesetzt. Vier Einsätze erfolgten aus Anlass von „Bedrohungsszenarien“, 14 anlässlich von Suizidversuchen. Bis 2016 sind weitere fünf Einsätze hinzugekommen.

 

Die Einführung in Berlin wurde bereits unter der alten schwarz-roten Koalition beschlossen. Im Sommer hatte der damalige Innensenator Frank Henkel (CDU) die dreijährige Testphase angekündigt, trotz scharfer Kritik der Grünen und der Linkspartei. Auch die nötige Vorschrift zur Nutzung der Taser durch StreifenbeamtInnen hatte Henkel bereits ändern lassen. Eine Zustimmung des Abgeordnetenhauses sei dafür nicht nötig gewesen. Rechtlich werden Taser wie beim SEK als Schusswaffen betrachtet.

 

Um sie als „zusätzliches Hilfsmittel der körperlichen Gewalt“ einzustufen, wäre eine Gesetzesänderung nötig. Der damalige Koalitionspartner SPD wollte dies nicht unterstützen. Nach der Testphase könnte sich die SPD in der jetzigen rot-rot-grünen Koalition zur Einstufung der Taser als „Hilfsmittel“ entschließen. Dann wären dem Einsatz der Waffen weniger Grenzen gesetzt. 

 

Taser sollen Todesschüsse verhindern


Henkel ging es insbesondere um den Alexanderplatz, der im vergangenen Jahr wegen mehrerer Gewaltvorfälle für Schlagzeilen sorgte. Dem abgelösten Innensenator zufolge sollten die Taser unter anderem Todesschüsse verhindern. So hatte die Polizei in 2013 einen geistig verwirrten Mann erschossen, nachdem dieser in den Neptunbrunnen am Alexanderplatz stieg.

 

Erst gestern hatte die Berliner Polizei in Hohenschönhausen einen ebenfalls geistig verwirrten Mann erschossen, da dieser sich mit einem Messer in seiner Wohnung verschanzte und selbst Rettungskräfte herbeirief. Die StreifenbeamtInnen brachen die Tür auf und eröffneten das Feuer aus drei Pistolen, als der Mann mit dem Messer weiter im Flur herumwedelte.