Überlebende erinnern in Thüringen an die NS-Verbrechen

Erstveröffentlicht: 
28.01.2017

Überlebende und Politiker erinnerten im Landtag und in Buchenwald an die NS-Verbrechen. Thüringer AfD-Chef Höcke durfte nicht dabei sein.

 

Erfurt. Gemeinsam mit Überlebenden der Konzentrationslager Auschwitz, Buchenwald und Mittelbau Dora wurde am gestrigen Holocaust-Gedenktag in Thüringen der Ermordeten des Dritten Reiches gedacht. Zeitzeugen und Redner verwahrten sich gegen Versuche, die Erinnerung an die Opfer infrage zu stellen oder zu verunglimpfen.

 

Während einer Gesprächsrunde im Thüringer Landtag mahnte der französische KZ-Überlebende Bertrand Herz die Anwesenden zu Respekt und Toleranz. "Die Gegenwart zeigt, wie schwer und wenig selbstverständlich das ist", sagte Herz.

 

Zuvor sprachen sich sowohl Landtagspräsident Christian Carius (CDU) als auch Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) für ein lebendiges Gedenken aus. "Die Erinnerung an den Holocaust hat kein Ablaufdatum. Einen Schlussstrich oder eine Wende in unserer Erinnerungskultur kann und darf es nicht geben", sagte Carius. Das Gedenken an die Menschheitsverbrechen sei keine leere Pflichtübung.

 

Bodo Ramelow erinnerte an das Vermächtnis der Thüringer Juden. "Thüringen ist undenkbar ohne den Staatsrechtler Eduard Rosenthal, ohne die Brüder Moses und Löb Simson aus Suhl, ohne den Warenhausgründer Oscar Tietz aus Gera, ohne den Erfurter Kunstmäzen Alfred Hess", so der Ministerpräsident. Jedes Ressentiment gegenüber Minderheiten sei eine Absage an die universelle Gültigkeit der Menschenrechte.

 

Polizeikontrollen auf den Straßen nach Buchenwald

Deutliche Worte gab es auch bei einer Kranzniederlegung auf dem Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald. In einer Zeit, in der Ausgrenzung und Feindschaft wieder gedüngt würden, müssten die Erfahrungen der Vergangenheit mit gegenwärtigem Handeln verbunden werden, forderte der stellvertretende Gedenkstätten-Direktor Rikola-Gunnar Lüttgenau. "Die Erinnerungskultur ist das erste Ziel, was von den Nationalisten angegriffen wird. Gedenken braucht Wissen. Erinnern lähmt uns nicht, es macht uns stark", so der Historiker.

 

An die Adresse der hochbetagten Zeitzeugen gerichtet, fügte Lüttgenau hinzu, er freue sich über ihre Anwesenheit an diesem Tag. "Ihr seid diejenigen, von denen wir lernen können, was es heißen kann, durch Erinnerung eine bessere Welt des Friedens und der Freiheit aufzubauen. Wir trauern mit Euch und nicht mit Herrn Höcke, dem wir den Zutritt zur Gedenkstätte Buchenwald heute verwehren mussten."

 

Zuvor war AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke sowohl im Landtag als auch in der Gedenkstätte an der Teilnahme der Veranstaltungen gehindert worden. Grund war seine Dresdner Rede. An den Zufahrten nach Buchenwald kontrollierten Polizisten jedes Auto. Als Höcke trotz der Aufforderung der Gedenkstätte, dem Gedenken fernzubleiben, von Hottelstedt kommend auf dem Ettersberg eintraf, wurde ihm von einem Gedenkstätten-Mitarbeiter für die Zeit der Kranzniederlegung Hausverbot erteilt.

 

Hanno Müller