Die AfD in Baden-Württemberg hat in Nürtingen weitere Kandidaten für die Bundestagswahl nominiert. Doch auch nach dem zweiten Treffen sind nicht alle 38 Plätze der Landesliste vergeben.
Die Zahl der Bewerber um jeden einzelnen Listenplatz sei mit bis zu 15 so groß, dass sich die Wahlen sehr lange hinzögen, sagte der Vize-Fraktionschef der AfD im Landtag, Emil Sänze, am Montag in Stuttgart. Wegen dieser hohen Nachfrage müsse die AfD einen weiteren Parteitag einberufen, um für jeden der 38 Wahlkreise einen Kandidaten zu ernennen, sagte Parteisprecher Markus Frohnmaier am Sonntagnachmittag in Nürtingen (Kreis Esslingen).
Erwogen werde nun, den Parteitag mit geplanter Neuwahl des Landesvorstands am 4. und 5. März in Sulz am Neckar umzuwidmen. Sänze sagte, er nehme an, dass die weniger aussichtsreichen hinteren Plätze auf der Landesliste weniger Aspiranten für den Bundestag anzögen. AfD-Bundeschef Jörg Meuthen hatte einen Korridor von zwölf bis 20 Prozent bei der Wahl am 24. September angegeben.
Kurzer Weg zum Bundestagsmandat
Der Tübinger Politologe Hans-Georg Wehling erklärt das große Interesse an der Nominierung damit, dass die Kandidaten der jungen Partei einen kurzen Weg zum Mandat im Bundestag haben. Für die meisten Kandidaten der Etablierten führe der Weg über die Kommunal- und Landespolitik bis nach Berlin.
Das Treffen der Partei von rund 600 Mitgliedern wurde am Samstag von Protesten begleitet. Die Delegierten schlossen die Presse vorsorglich aus. Die Partei befürchte, dass sich die Medien auf mögliche "unglückliche" Äußerungen konzentrierten, hieß es zur Begründung. Mit demselben Argument hatte die AfD Medienvertretern beim ersten Nominierungsparteitag Ende vergangenen Jahres in Kehl den Zutritt verweigert. Dort waren innerhalb von zwei Tagen neun von 38 Listenplätzen besetzt worden.
Journalisten-Vertreter hatten zuvor gegen die Beschneidung der Pressefreiheit protestiert. Die Grünen-Landesvorsitzenden Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand unterstrichen: "Die AfD will nur Berichterstattung, die ihr passt und die ihr nützt. Freier und unabhängiger Journalismus ist deshalb unerwünscht."
Rauchbomben und fliegende Eier
Vor der Stadthalle in Nürtingen, in der die AfD tagte, versammelten sich am Samstag Gegendemonstranten. Sie trugen Plakate mit Aufschriften wie "Vielfalt statt Einfalt" oder "Gegen Rassismus und Unmenschlichkeit - No AfD". Unter dem Slogan "Nürtingen ist bunt" war der zentrale Platz zuvor mit bunten Plakaten und Fahnen geschmückt worden. Die Polizei zählte zeitweise bis zu 400 Demonstranten, die zwei Mal durch die Innenstadt marschiert seien.
In der Nähe der AfD-Veranstaltung war in einem Parkhaus eine Rauchbombe gezündet worden; vor der Stadthalle flogen Eier und Tomaten. Verletzt wurde den Angaben zufolge niemand. Die zum Teil berittene Polizei des Polizeipräsidiums Reutlingen wurde von Einsatzkräften aus Göppingen unterstützt.