Serie rechtsextremer Angriffe auf Wiener Kulturverein

Gewaltaufruf in Pickerlform. foto: wipplinger23.org
Erstveröffentlicht: 
08.01.2017

Der Vandalismus gegen die w23-Räume verdeutliche die Zunahme rechtsextremer Straftaten, so die Betreiber des Vereins

 

Von Michael Matzenberger

 

Wien – Die Zahl der Anzeigen wegen rechtsextrem motivierter Straftaten hat sich von 1200 im Jahr 2014 auf knapp 1700 im Jahr 2015 erhöht. Rohdaten für das Vorjahr deuten erneut auf einen massiven Anstieg hin, erklärte Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Mittwoch. Man wolle unter der Diktion "Wehret den Anfängen" die Szene gar nicht aufkommen lassen, so Sobotka, der aber gleichzeitig relativierte, dass das selbst unter Berücksichtigung des prozentuellen Anstiegs ohnehin nur einen geringen Bruchteil aller Strafanzeigen ausmache.

 

Beispielhaft für die momentane Häufung rechtsextremer Delikte stehe auch eine Serie von Angriffen auf die Räume von W23, erklären die Betreiber des Wiener Kulturvereins in einer Aussendung. Am Freitag vergangener Woche hätten Unbekannte versucht, den Rollbalken des Gebäudes auf der Wipplingerstraße in der Inneren Stadt aufzubrechen, um in die Vereinsräume zu gelangen.

 

Der Eisenrollbalken wurde erst kürzlich erneuert, nachdem er im November auf dieselbe Weise zu knacken versucht worden war. Die Täter hinterließen damals ein eindeutiges Bekenntnis: Sticker mit den Slogans "Fck Antifa" und "Good Night Left Side" neben der Abbildung des in rechtsextremen Kreisen beliebten und in Österreich verbotenen gleichschenkeligen Keltenkreuzes.

 

Bereits im September waren die Räume Ziel von politisch motiviertem Vandalismus. Die Fassade und die Eingangstür des Hauses, in dem auch der Mandelbaum-Verlag seinen Sitz hat, wurden mit Kunstblut beschüttet. Daneben fanden sich die Parole "Österreich blutet auch durch eure Schuld" und Aufkleber der rechtsextremen Gruppierung "Unwiderstehlich Österreich".

 

Im Dezember folgte eine Attacke mit Buttersäure auf den seit zehn Jahren bestehenden und laut Eigenbeschreibung "selbstverwalteten Raum mit (queer)feministischem, antirassistischem und antifaschistischem Selbstverständnis". Auch seien mehrfach Schlösser verklebt worden, zuletzt in der Nacht auf Montag. Der Sachschaden belaufe sich mittlerweile auf mehrere tausend Euro.

Kritik an "verharmlosenden Behörden"

Die Attacken seien Einschüchterungsversuche und in größerem Kontext zu sehen, heißt es seitens von W23. "Sie sollen Angst schüren und das Gefühl der ständigen Bedrohung vermitteln." Dass sich die Taten häufen, sei ein Zeichen dafür, dass sich "Rechtsextreme in einer zunehmend autoritären und rassistischen Gesellschaft sicherer und bestärkt fühlen" und so "zunehmend aggressiv gegen alle vorgehen, die sie als Feinde wahrnehmen, auch mit roher Gewalt".

 

Kritik üben die Betreiber auch an den Behörden, vor allem an der Polizei, weil sie den politischen Hintergrund der Taten nicht benenne, sondern sie "mit dem Hinweis, dass 'in alle Richtungen ermittelt' wird, verharmlost". Die Angriffe auf W23 und der behördliche Umgang damit erfolgten "nicht im luftleeren Raum", sagt eine Sprecherin zum STANDARD und zieht Parallelen zum Fall einer Jugendlichen in Klagenfurt, die nach der Attacke zweier mutmaßlicher Rechtsextremer am 28. Dezember von der ersten Polizeidienststelle abgewiesen worden sein soll, ebenso wie zur Einstellung der Ermittlungen gegen Identitäre, nachdem diese im Vorjahr in Graz mit Teleskopschlagstöcken auf Gegendemonstranten losgegangen waren. (Michael Matzenberger, 8.1.2017)

 

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