Update zur "Gewaltdebatte / Bürgerforum" der Stadt Leipzig in Connewitz

"Gewaltdebatte" in Leipzig am 12.12.2015

Am Mittwoch sollte es ein "Bürgerforum" in Connewitz mit allen Parteien des sächsischen Landtages im Werk 2 geben. Dabei sollte es um "Gewalt" gehen. Es wurde bekannt, dass die Veranstaltung nicht von der Leipziger Volkszeitung, sondern von der Stadt Leipzig veranstaltet wird, genauer von Heiko Rosenthal (Leipziger Bürgermeister und Beigeordneter für Umwelt, Ordnung und Sport / Partei DIE LINKE). Das Werk 2 gibt nun bekannt, dass sie der Veranstaltung in ihren Räumen eine Absage erteilt hat.

 

Es muss damit gerechnet werden, dass die Stadt Leipzig nach neuen Räumen für die Veranstaltung sucht. Es also weiterhin eine Veranstaltung am Mittwoch und mit den eingeladenen ParteivertreterInnen geben wird (Thomas Feist (CDU), Valentin Lippmann (Bündnis 90/Grüne), Holger Mann (SPD), Juliane Nagel (Linke) und Uwe Wurlitzer (AfD). Moderation: LVZ-Lokalchef Björn Meine).

 

Die Absage des Werk 2:

 

Stellungnahme zur Absage der Veranstaltung "Debatte statt Gewalt - Leipzig lädt zum Bürgerforum"

 

Wir erhielten eine kurzfristige Anfrage zu einer Podiumsdiskussion mit Herrn Rosenthal (Leipziger Bürgermeister und Beigeordneter für Umwelt, Ordnung und Sport), die zeitnah in unseren Räumen stattfinden sollte. Für uns als Soziokulturelles Zentrum war das Thema „Debatte statt Gewalt“ ein wichtiges, besonders im Hinblick auf das derzeitige gesellschaftliche Klima im Land sowie die zu erwartenden Auseinandersetzungen im beginnenden Wahlkampf. Umso überraschter waren wir, als wir heute der Tagespresse entnehmen konnten, dass sich die Veranstaltung zu einem Forum von fünf politischen Mandatsträgern gewandelt hat, welche nur unter namentlicher Anmeldung besucht werden kann.

 

Statt Kommunikation und Austausch über den Inhalt der Veranstaltung mit uns als soziokulturellem Träger zu suchen, werden wir vor vollendete Tatsachen gestellt, was Podiumsbesetzung, Form und Ablauf betrifft. Dringend notwendig ist auf jeden Fall ein Austausch über Art und Weise öffentlicher Debatten, Diskurse in sozialen Netzwerken und die zunehmend hasserfüllte und abwertende Kommunikation. Dieses Podium halten wir jedoch dafür nicht geeignet. Nicht eingeladen sind Vertreterinnen von NGOs, PolitikwissenschaftlerInnen, SoziologInnen oder ähnliche geeignete ExpertInnen. Mit diesem Podium steht zu befürchten, dass gerade mit dem angelaufenen Wahlkampf der Diskurs in Politikritualen und parteipolitischer Selbstdarstellung verharrt.

 

Wir können nicht erkennen, dass diese überstürzte Veranstaltung dem Thema gerecht werden kann oder nicht sogar dem Anliegen schadet. Unser soziokulturelles Selbstverständnis beinhaltet den barrierefreien und unbeschränkten Zugang - unter Akzeptanz unserer Hausordnung - aller BesucherInnen zu unseren Veranstaltungen. Eine namentliche Anmeldung widerspricht diesem Prinzip grundlegend. Sie birgt die Gefahr, dass die Parteien vorrangig ihre Anhängerschaft mobilisieren und damit eine offene Bürgerbeteiligung ad absurdum geführt wird.

 

Völlig unakzeptabel ist es für uns, wenn ein Vertreter jener Partei auf dem Podium sitzt, welche erst kürzlich die Streichung von Fördermitteln für ein Soziokulturelles Zentrum gefordert hat. Gleichzeitig sollten die frei werdenden Mittel an ausgewählte soziokulturelle Zentren umverteilt und damit die Zentren gegeneinander ausgespielt werden. Dagegen hat sich die AG Soziokultur eindeutig positioniert (Stellungnahme der AG anbei) Speziell Herr Wurlitzer von der AfD beschwert sich, dass die Stadt Leipzig „zig Millionen Euro für dubiose und umstrittene Kulturvereine und -zentren“ ausgibt, nur weil sie nicht seiner politischen Ausrichtung entsprechen und attackiert damit bewusst soziokulturelle Arbeit. (Pressemitteilung AfD, 22.09.2016, AfD Fraktion Sachsen)

 

Die AfD propagiert in ihrem Grundsatzprogramm „Deutsche Leitkultur statt Multikulturalismus“ und „Deutsche Sprache als Zentrum unserer Identität“ und widerspricht damit grundlegend unserem Ansatz von interkultureller Arbeit, Vielfalt und Austausch mit KünstlerInnen weltweit. Das Kulturverständnis der AfD läuft auf eine Staatskultur hinaus, die ausgrenzt statt Vielfalt fördert. Für uns ist eine Podiumsdiskussion in dieser Form nicht tragbar, wenn ein Vertreter der Partei ein Podium bekommt, welche unserer Strukturen nutzt, aber den Kern unserer jahrelangen, intensiven kulturellen Arbeit negiert und diese sogar für verzichtbar hält.

 

Aus den genannten Gründen kann die Veranstaltung in unserem Haus nicht stattfinden.

Das Team des WERK 2 - Kulturfabrik Leipzig e.V.

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Die Stadt Leipzig hat einen neuen Ort gefunden. Das "Volkshaus" (Gewerkschaftshaus) in der Südvorstadt. Dies steht im Statement von Juliane Nagel, die nicht mehr am Podium teilnehmen wird:

 

Das soziokulturelle Zentrum „Werk 2“ hat sich zur Absage einer Veranstaltung erklärt, bei der auch ich unter dem Titel „Debatte statt Gewalt“ auf einem Podium gesessen hätte. Inzwischen hat die Veranstalterin, die Stadt Leipzig, einen Ersatzort organisiert. Die Diskussion soll im Volkshaus stattfinden. Ich habe aber nun meine Teilnahme abgesagt, auch, weil ich die Erklärung des soziokulturellen Zentrums Werk 2 zur Absage der Veranstaltung für couragiert und angebracht halte. Zu organisatorischen Fragen kann ich mich dabei nicht äußern. Die Idee, eine solche Veranstaltung durchführen zu wollen, war mir frühzeitig bekannt. Allerdings nicht mit der Information, dass die AfD dort einen Platz bekommen soll. Und auch nicht mit der Information, dass der Zugang zur Veranstaltung mit Barrieren versehen werden soll.

 

Nach der Information, dass die Veranstaltung tatsächlich stattfinden soll, die am 21.11. erfolgte, habe ich von politischen Freund*innen bestürzte Nachrichten erhalten, deren einiger Tenor war: „Absagen“. Auch das Format der Veranstaltung, die Gefahr, dass hier ein reines Ringen um das bessere Bekenntnis gegen politische Gewalt stattfinden würde, wurde berechtigterweise angemahnt. Mein Gefühl wurde bestärkt: Showdebatten zwischen Politiker*innen und Schlagabtäusche mit der AfD sind nicht das Format, um die Frage der Verrohung dieser Gesellschaft ins Visier zu nehmen.

 

Der „Sachsen-Monitor“ hat eben das in Zahlen gegossen, was seit Monaten, wenn nicht Jahren, gefühlte Realität in Sachsen ist: Das Problem heisst Rassismus, Demokratieskepsis bis -ablehnung und Abwehr von Veränderung. Die AfD ist treibender Motor in diesem Prozess. Nicht nur die soziokulturellen Zentren, sondern immer wieder die Schwächsten der Gesellschaft und die Geflüchteten hat die AfD auch im Sächsischen Landtag in den Feind-Fokus gerückt. Die AfD sympathisiert in vielen Regionen Sachsens mit Pegida-Ablegern und rassistischen Bewegungen und nicht nur dies: Sie stellt Infrastruktur und gibt Stichworte für Hetze. Auch weiterhin möchte ich nicht mit der AfD und deren Vertreter_innen diskutieren.

 

Klar: Nicht viel besser machen es einzelne Protagonist*innen der CDU. Vor über einem Jahr stellte der Ministerpräsident dieses Freistaates fest: Der Islam gehört nicht zu Sachsen. Am 26.9.2016 wurde ein Sprengstoffanschlag auf eine Moschee in Dresden verübt. Zu Hochzeiten von Pegida im Winter 2015 traf sich der Innenminister Markus Ulbig mit dem Organisationsteam von Pegida. Der Leipziger CDU- Bundestagsabgeordnete Thomas Feist forderte unlängst das Ende der Förderung der Amadeu-Antonio-Stiftung, einer der renommiertesten Stiftungen für demokratische Kultur in der Bundesrepublik, benannt nach dem ersten Todesopfer rechter Gewalt im Nachwendedeutschland. Es sind AfD und zu Teilen eben auch die CDU, die Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen, die sich für eine offene Gesellschaft einsetzen, ans Messer liefern. Wenn die CDU im Sächsichen Landtag im Hinblick auf die Willkommensbewegung einerseits und marodierende RassistInnen andererseits von „zwei Seiten einer Medaille“ redet, werden Menschen, die Unterstützung von Schutzsuchenden als ihre humanistische Pflicht begreifen, aufs Übelste denunziert. Bewusst werden Solidarität und Mitgefühl verbannt. Und dies hat in Sachsen Methode.

 

Nein: Ich verweigere mich keiner Diskussion über Gewalt. Für mich ist und bleibt Gewalt kein Mittel emanzipatorischer Politik. Nichts desto trotz muss differenziert auf Verrohungsprozesse und Gewaltausübung geschaut und müssen Ursachen fokussiert werden. Das reine Bekenntnis gegen Gewalt schließt allein die Reihen, findet keine Antworten und verkleistert den Blick – auch auf Mikroprozesse staatlicher Gewaltausübung. Viel zu oft wird dabei die Frage nach Ursachen mit Verständnis für gewaltvolles Agieren gleichgesetzt und damit eine wirksame und tiefgründige Auseinandersetzung vereitelt. Genau diese Position hätte ich auf einem Podium vertreten. Doch am 30.11.2016 hätte ich mit einem AfD-Politiker auf einem solchen gesessen, der mich bereits verschiedentlich im Sächsischen Landtag und in Pressemitteilungen unter der Gürtellinie denunziert und angegriffen hat. Genau in diesem Rahmen kann eine Debatte über ein Zusammenleben ohne Gewalt nicht funktionieren.

Ist doch die entscheidende Frage. Dieses ekelhafte rumlavieren in der Gewaltfrage ist wieder mal typisch und findet sich so häufig bei Apparatschiks der Partei, die sich hochtrabend „DIE LINKE“ nennt.

Eine klare und eindeutige Haltung wird man in solchen Kreisen wohl auch vergeblich suchen, es könnte ja der Karriere im kapitalistischen Staatsapparat schaden.

folgerichtig. Danke an die Verantwortlichen der Kulturfabrik Leipzig e.V.

es tut sehr gut sowas endlich mal wieder lesen zu dürfen. selbst wenn ihr noch auf dem weg von der integration und der interkulturalität zur inklusion und vom binnen i zum unterstrich oder sternchen seid.

das sind endlich mal wieder kritische klare statements.!

kritische soziale arbeit statt "akzeptierend"em toleranzschwachfug mit bullen und rechten im beiboot.!

weiter so.

es braucht viel mehr davon.

solidarische grüße