Aufruf zum antinationalen Block auf der Demonstration: Let Them Stay! Lasst Sie Bleiben! am 26. November in Wien!
Am 26. November gehen wir auf die Straße, um gegen die Abschiebung von Menschen zu demonstrieren. Abschiebung heißt für die Betroffenen mit gewaltsamen Mitteln und gegen ihren Willen an Orte gebracht zu werden, an denen ihnen entweder jede Perspektive auf eine selbstbestimmte und würdige Existenz fehlt oder an denen sie strukturell diskriminiert, wenn nicht sogar verfolgt werden. Der Österreichische Staat nimmt sich das Recht über Existenten zu entscheiden und legitimiert diese Politik durch die Erzählungen von Sicherheit, Gefahr und Krise.
Die autoritäre Formierung des Staates und der Gesellschaft
hat sich in den letzten Monaten massiv zugespitzt. Am
offensichtlichsten zeigt sich eine autoritäre Zuspitzung des Staates in
seiner Reaktion auf angebliche Bedrohungen von „Außen“. Mit dem
Argument, die Souveränität und die Grenzen des Staates zu schützen, wird
eine immer stärker militarisierte Abschottungs- und Abschiebepolitik
gerechtfertigt. Die Abschiebung von Geflüchteten mit Militärflugzeugen
und der Einsatz von Bundesheer-Spezialeinheite n
inklusive Panzern an der Grenze sollen die Durchsetzungsfähigkeit des
österreichischen Staates beweisen. Diese Zuspitzung geht mit einer
gleichzeitigen Normalisierung ehemals deutlich von rechts besetzter
Forderungen einher, wie beispielsweise die Propagierung einer „Festung
Europa“ – einst eine Position der extremen Rechten, wird sie heute von
einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen.
Ideologie
und verhandelbare Positionen verschieben sich mittlerweile soweit nach
rechts, dass gesetzte Maßnahmen die offensichtlichen Zusammenhänge von
Staat, Nation und Kapital und ihre logischen Forderungen nicht nur
umsetzen, sondern zu übetreffen scheinen. Bis jetzt waren es vor allem
die Freiheitlichen und ihre völkische Anhänger_innenschaft die für den
Wahn vom “reinen Volk” sogar bereit waren auf günstige Arbeitskräfte zu
verzichten und das Diktat der ökonomischen Verwertung zu missachten. Die
Meldungen von Abschiebungen von sogenannten Integrierten, also von
einem kapitalistischen Nationalstaat verwerteten Menschen häufen sich
und wecken unter anderem im Netz das bisschen Empathiefähigkeit, das
noch nicht durch Gewöhnung oder stille Zustimmung zerstört wurde.
Wenn die minderjährige Schülerin aus dem Klassenzimmer gerissen und zu
nächsten Flughafen gebracht wird, werden bis dahin doch irgendwie als
logische empfundene Schritte, wie die Abschiebung von sogenannten
“Kriminellen, Faulen und Wirtschaftsflüchtlingen” aus ihrem Zusammenhang
gerissen. Beliebter Aufschrei in solchen Fällen: “ Aber sie ist eine
von uns!” oder wörtlich die Plattform für eine menschliche Asylpolitik:”
Wir sind empört, dass die Regierung bestens integrierte Menschen nach
Kroatien abschiebt!.” Das stimmt ja auch, die Frage, die sich stellt
ist: Wer sind “wir” und warum und wer gehört nicht zu “uns”? Es ist
durchaus wichtig, dass die Praxis von Abschiebungen und ihre fatalen
Folgen nicht mehr nur Thema der Betroffenen oder einer radikale Linken
ist, doch ist es genauso wichtig, die politischen und ideologischen
Zusammenhänge dieser Praxis zu vestehen und zu kritisieren. Wenn eine
Kampagne meint auf Argumente gegen Abschiebungen zurückgreifen zu
müssen, die die Mehrheitsgesellschaft davon überzeugen sollen, dass die
Abschiebung doch gerade im Fall des Geflüchteten XY nicht gerechtfertigt
ist, fällt sie hinter die eigentlich notwendige Kritik zurück. Eine
Kritik Österreichs als nationalen Wettbewerbsstaat innerhalb der
kapitalistischen Ordnung.
Die Entstehung und Aufrechterhaltung
der kapitalistischen Nationalstaaten war und ist ein blutiges Geschäft.
Europa beutete in kolonialer Expansion nahezu die ganze restliche Welt
aus, das Ergebnis ist eine von extremer Ungleichheit bestimmte
Weltwirtschaftsordnung. Die begleitende und legitimierende Ideologie –
damals wie heute – Rassismus. Denjenigen, die nicht zuletzt vor den
Folgen dieser Barbarei fliehen, werden so viele Steine wie möglich in
den Weg gelegt. Und wenn der Staat seine Profite in Gefahr sieht folgen
Abschiebungen und Abschottung. Der Diskurs der dies legitimieren soll
ist sehr oft die Trennung in sogenannte “Echte” und
Wirtschaftsflüchtlinge. Aber auch der Status der großzügigen Duldung
kann schnell verwirkt werden wenn die geforderte Integration nicht als
erfolgreich gesehen wird. Verfallen wir in unserem Kampf gegen diese
menschenfeindliche Politik nicht in Argumente, die die Wurzel des
Problems nicht benennen! In unserer Kritik darf es keine Teilung in
bessere und schlechtere Geflüchtete geben!
Das Problem heißt immer noch Österreich. Antirassismus bleibt antinational!