Aus dem Nichts hat die örtliche AfD ihren Kandidaten für die Bundestagswahl 2017 präsentiert. Details über diesen Mann namens Reimond Hoffmann? Fast Fehlanzeige. Selbst mit der Schreibung des Namens tat sich der hiesige AfD-Landtagsabgeordnete Emil Sänze schwer. Die NRWZ hat deshalb nachgeforscht. Und – ohne Unterstützung durch die AfD – einen jungen Deutsch-Nationalen, Burschenschafter und Karrieristen gefunden, der seine innerparteiliche Position jetzt behaupten will.
Ein Beitrag von Martin Himmelheber und Peter Arnegger
Wie heißt der Mann nun? Raimond Hofman? So stand’s in der Pressemitteilung der örtlichen „Alternative für Deutschland“ nach seiner Bestimmung zum Bundestagskandidaten. Dann schob der Landtagsabgeordnete der AfD, Emil Sänze, der die Pressemitteilung verfasst hatte, nach, dass der Vorname falsch geschrieben worden sei. Doch auch der Nachname stimmte nicht. Auf der Website der Wahlkreis-AfD immer noch nicht.
Um es also festzuhalten: Der Kandidat der AfD im Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen für die Bundestagswahl 2017 heißt Reimond Hoffmann. Mit „ei“ und zwei n am Ende. Kann man ja mal verbreiten. Denn die Kandidaten der anderen Parteien, Volker Kauder, Mirko Witkowski oder Georg Sattler, Hubert Nowack und Marcel Aulila kennen wir. Und wir sollen den AfD-Mann ja wählen, deshalb tritt er doch an.
Die NRWZ will also wissen: Wer ist dieser Reimond Hoffmann?
Die AfD, eine Partei der Alternativen für Deutschland, macht die Recherche der NRWZ richtig schwer. Sie meldet sich nämlich nicht. Auf keine Mail und keine Message, trotz inzwischen geschlossener Freundschaft auf Facebook.
Ich bin 29 Jahre alt und stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungen Alternative. Ich will eine grundsätzliche Veränderung in Deutschland.“ Reimond Hoffmann
Fassen wir die Ausgangslage zusammen: Die AfD hat den 29-jährigen Reimond Hoffmann am vergangenen Freitag zu ihrem Kandidaten für den Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen nominiert. Das hat sie in einer Pressemitteilung berichtet, die die NRWZ auch veröffentlicht hat. Daraus ergeben sich aber eine ganze Reihe von Fragen zur Person des Kandidaten und zur Wahlversammlung in Feckenhausen, die uns die AfD und der Kandidat trotz verschiedener Versuche, Kontakt aufzunehmen, bislang nicht beantwortet haben.
Der Gegenkandidat kam aus Sarajevo
Zu Hoffmanns Wahl in Feckenhausen, immerhin, gibt es einen Hinweis. So hatte er mutmaßlich einen Gegenkandidaten, wenn er doch mit „nur“ 66 Prozent der Stimmen gewählt worden ist. Dieser Gegenkandidat heißt nach NRWZ-Informationen Dubravko Mandic, ist ein 1980 in Sarajevo geborener deutscher Jurist und AfD-Politiker. Er ist Mitglied des Schiedsgerichts des Landesverbandes Baden-Württemberg. Seit 2014 ist er Mitglied des Bundesvorstandes der parteinahen „Patriotischen Plattform“. Nach seiner Niederlage in Feckenhausen postete Mandic: „Glückwunsch Reimond.“ Wenige Tage später vermeldet Mandic: „Ich kandidiere in Kehl als Flügelkandidat auf Listenplatz 3. Bislang gehen wir davon aus, dass auf diesem Platz auch Marc Jongen kandidiert. Ich sehe diesem Duell mit Freude entgegen!“ Jongen kommt aus Karlsruhe, Mandic aus Freiburg. AfD-Aktivisten, die jetzt in die Wahlämter streben?
Nach seiner Wahl im Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen versprach Reimond Hoffmann: „Danke an alle Mitglieder im Kreisverband Rottweil-Tuttlingen für die Wahl zum Direktkandidaten! Wir werden einen großartigen Wahlkampf liefern!“
Unsere Schüler werden so früh wie möglich mit Sex, Homosexualität und Dildos konfrontiert, können aber nicht richtig lesen und schreiben. Ein Skandal.“ Reimond Hoffmann
Die NRWZ kann mangels Unterstützung durch die AfD nur ein paar Fakten zum Hintergrund des Kandidaten liefern. Sie beruhen auf seinen eigenen Angaben an anderer Stelle. Hoffmann kam demnach als Dreijähriger aus Rumänien, „als Teil der banater-schwäbischen Minderheit in Rumänien geboren. Von 1987 bis 1990 habe ich in Rumänien gelebt, sprach aber Deutsch als erste, Ungarisch als zweite und Rumänisch als dritte Sprache“, wie er in einem Lebenslauf schreibt.
Heute lebt Hoffmann in Umkirch im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Das geht aus seiner schriftlichen Bewerbung beim AfD-Kreisverband Rottweil-Tuttlingen hervor, die der NRWZ vorliegt. Darin stellt sich Hoffmann als „junger, dynamischer Bundestagskandidat“ vor, „der reisefreudig ist.“ Denn er sei „Woche für Woche … für die AfD und die JA in der ganzen Republik unterwegs, um ein besseres Deutschland zu schaffen.“
Er sagt unter anderem
… Ja zu einer Berliner Republik, die ihre souveränen Interessen im Bismarckschen Stil vertritt. Das heißt: Deutsche Interessen zuerst.
… Nein zum überbordenden Einfluss aus Washington, Brüssel, Moskau oder sonst woher.
… Nein zur unsouveränen Anglifizierung der deutschen Sprache und der Zerstörung der Identität.
… Ja zu einem Leitbild der Drei-oder-mehr-Kind-Familie.
… Nein zu Steuermilliarden für Programme gegen Rechts, einem überbordenden Beauftragtenwesen, wirren Gender“frauen“
In Freiburg ging Hoffmann aufs Kepler-Gymnasium, absolvierte nach dem Abitur ein Duales Studium in Betriebswirtschaft und setzte in Budapest 2014 noch den Master drauf. Danach war er nach eigenen Angaben beim Mikrochiphersteller Micronas in Freiburg tätig.
Pegida-Aufbauhelfer?
Reimond Hoffmann wird als Aufbauhelfer der islamfeindlichen und rechten Bewegung „Pegida“ gesehen. Er soll unbestätigten Informationen zufolge „Pegida Baden-Württemberg“-Gründungsmitglied sein. Im Dezember 2014 soll er parteiinterne Lobbyarbeit für Pegida betrieben haben: „Ich arbeite über die JABW-Seite – die Junge Alternative Baden-Württemberg, Anm. der Red.) – an einer Bresche für die Pegida in Baden-Württemberg. Jedes ‚Gefällt mir‘ für die einzelnen Beiträge und jeder Kommentar hilft. Je größer die Unterstützung umso eher kann man auch die neutrale Menge, die sich gerne nach der Mehrheit richtet, gewinnen.“ Die mutmaßlich linksextremen Medienaktivisten von Indymedia führen Reimond Hoffmann als Mitglied einer angeblich geheimen Facebookgruppe „Verbindungsstudenten bei Pegida“.
Im Bundesvorstand der jungen AfD
Als Hoffmann zur Schule ging, engagierte er sich in der Jungen Union und der CDU. Später wechselte er zur AfD und machte dort rasch Karriere. Inzwischen ist er stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungen Alternativen. Das ist die 2013 gegründete und 2015 durch den Bundesparteitag anerkannte Jugendorganisation der AfD.
Während seines Studiums in Freiburg schloss sich Hoffmann der „schlagenden“ Verbindung Saxo-Silesia an. Das begründete er so: „Mein Leben war und ist ein politisches und wird ein solches bleiben, weshalb ich mich bei der Saxo-Silesia auch sehr heimisch fühle. Ich bin stolz, ein Deutscher Burschenschafter zu sein.“
Diese Freiburger Burschenschaft gilt als „Keimzelle“ der „Jungen Alternativen“(JA), deren stellvertretender Vorsitzender Hoffmann ja ist. Einer ihrer zwei Vorsitzenden ist Markus Cornel Frohnmaier, Pressesprecher der AfD-Bundesvorsitzenden Frauke Petry. Frohnmaier kandidierte im Wahlkreis Villingen-Schwenningen für den Landtag und scheiterte knapp.
Auf dem Weg zum politischen Umsturz
Über die JA stellte Alexandra Kurth, Politikwissenschaftlerin an der Justus-Liebig-Universität Gießen laut ZDF-Magazin Frontal 21 fest: „Ob es Deutsch-Nationalismus ist, ob es das völkische Denken ist, ob es antifeministische Positionen sind, man hofft, dass die AfD jetzt die politische Kraft werden könnte, die das alles ändert. Und die ganz Radikalen hoffen, dass das tatsächlich den politischen Umsturz herbeiführen wird.“
Ein Abgrenzer, der seine Pfründe sichern will?
Zurück zu Hoffmann. Was macht er, wie tickt er eigentlich? In einem Facebook-Post vom 11. Oktober fragt er: „Wo waren eigentlich die ganzen AfD-Neumitglieder, als es noch nicht um Bundestagsmandate ging? Wo waren diese als es um das Aufhängen von Plakaten ging und wir als schrullige Professorenpartei abgewertet wurden?“ Und weiter: „Ich will keine Menschen, die sich ins gemachte Nest setzen, sondern Überzeugungstäter!“ (Wen das an die Polemiken gegen die „Märzgefallenen“ erinnert, kennt sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus nach der Machtergreifung 1933 aus. Anm. der Red.) Hoffmann, der Abgrenzer, der seine erworbenen und erkämpften Pfründe in der Partei sichern will? Wir hätten ihn das, wie gesagt, gerne gefragt.
Nun, Hoffmann selbst sieht sich als Überzeugungstäter und hat jetzt ja auch einen gut dotierten Posten in Aussicht. Nicht den ersten. Zunächst hat er ein Jahr lang in Thüringen einen Posten von April 2015 bis Mai 2016 als Finanzreferent in der dortigen AfD-Landtagsfraktion und ist nun nach eigenen Angaben in Stuttgart im Landtag „Referent“ – für wen oder was, wir hätten ihn oder seine Fraktion gerne gefragt.
Hoffmann steht auf Höcke
In der Zeit in Thüringen habe er, Hoffmann, auch „über ein Jahr die Ehre“ gehabt, „unter Björn Höcke arbeiten zu dürfen.“ Das ist ihm den folgenden Satz wert: „Danke Björn, danke an die ganze Fraktion. Ein wenig tut der Abschied weh.“ Ein Facebook-Selfie zeigt Hoffmann und Höcke hübsch beieinander.
Anhänger des Antifeminismus
Reimond Hoffmann hat politisch viele Themen drauf, eines ist der Antifeminismus. Eine Idee, die er innerhalb der JA besonders vorantreibt. In einem Artikel des Jetzt-Magazins der Süddeutschen Zeitung hat er sich selbst als „Anti-Feminist“ bezeichnet. Er selbst hat da ein Problem, wie ein weiterer Post vom Oktober auf seiner Homepage zeigt: „Jemand in Stuttgart oder der Nähe? Bin gestrandet und suche Unterhaltung.“ Ein Kumpel rät ihm zum Puffbesuch: „Google mal Dreifarbenhaus.“
Ob er jemanden gefunden hat, wäre eine der vielen Fragen, die wir ihm gerne stellen würden, wahrscheinlich die unwichtigste.
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